Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

in Fehde liegenden Völker gegenseitig erbeuteten. 
Das Loos dieser Kriegssklaven war das denkbar 
günstigste, da sie meist wie zur Familie gehörig be- 
trachtet wurden und sich in kurzer Zeit völlig akkli- 
matisirten. Noch heute giebt es z. B. bei den Wasiba 
eine Menge kriegsgefangener Waganda, die gar nicht 
mehr in ihre Heimath zurück wollen, da sie vollständig 
Wasiba geworden und die Männer sogar meist freie 
Ansiedler geworden sind. Die Aufkäufe dieser Kriegs- 
gefangenen, meist Weiber und Kinder, durch Araber 
fanden gewöhnlich in den Residenzen der Sultane 
statt, die gewissermaßen ein Monopol dafür hatten; 
doch kauften die Karawanen auch unterwegs einzelne 
Leute auf. Jedenfalls war das ganze Menschen- 
geschäft nie so gewinnbringend, daß man es allein 
betrieb, es blieb nur als Nebengeschäft neben dem 
Elfenbeinhandel bestehen. Da die Tabora-Händler, 
wenn sie westlich um den See herum nach Uganda 
ziehen wollten, in Usui und Karagwe sehr geschrönft 
wurden, legten sie am Südende des Sees eine Kolonie 
in Masansa an und besorgten den Elfenbein= und 
Sklaventransport durch Kanus; allerdings gab es 
früher auch einige Dhaus, doch wissen sich nur „alte 
Leute"“ derselben zu erinnern. Nach Zerstörung 
dieser Kolonie durch Dr. Stuhlmann, nach Anlage 
der Stationen Mwansa und Bukoba und nach Be- 
setzung Ugandas durch die Engländer ist der Sklaven- 
handel gänzlich unterbunden. ' 
Augenblicklich kann man von Sklavenhandel west- 
lich und südlich des Sees nicht mehr reden. Soweit 
ich über die Verhältnisse am östlichen Ufer unterrichtet 
bin, kommt dort überhaupt keine Karawane hin, 
doch wird Dr. Baumann jedenfalls bessere Auskunft 
geben können. Es wäre ja sehr schön für Zwecke 
der Regierung, wenn ein Dampfer hier wäre, wenn 
derselbe jedoch nur gegen die Sklaverei arbeiten soll, 
so möchte ich wissen, was er den ganzen Tag an- 
fangen will. Am Ufer des ganzen Sees wohnt 
kein einziger Araber und mit Ausnahme von 
Mowansa auch kein Snaheli. Seßhafte Araber giebt 
es nur noch in Karagwe, nämlich zwei, und an den 
Kagera-Fähren Kituntu und Kitengule Lager von 
sechs Arabern und einem Dutzend Wangwana, die nach 
Norden wollen; das ist der ganze Apparat, durch 
den, wie man vielfach in Europa glaubt, viele Tau- 
sende von Eingeborenen erschlagen und geraubt wer- 
den. In Wirklichkeit kommen von hier jährlich kaum 
50 Sklaven nach Tabora. Die Greuel der Sklaven- 
jagden und Transporte liegen weit außerhalb unserer 
Sphäre, nämlich im Sudan, und die Araber dieser 
Gegend stehen bis heute wenigstens in keiner Ver- 
bindung mit den Arabern unserer Kolonie oder 
Sansibars. 
Ueber die Sklavenverhältnisse westlich des Aben- 
haru-Sees bis zum Nordende des Tanganyika werde 
ich später berichten, wenn ich darüber informirk bin. 
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Rapitän Lugard über Uganda und die öcllich 
gelegenen Gebiete. 
In der Dezember-Nummer der Proceedings 
ol tbe Royal Geographical Society in London ist 
ein ausführlicher Bericht über die Expedition des 
Kapitäns Lugard nach Uganda veröffentlicht, dem 
wir Folgendes entnehmen: 
Im Dezember 1889 verließ Kapitän Lugard 
Mombassa, um im Auftrage der Britisch-Ostafrikani- 
schen Gesellschaft das Flußgebiet des Sabäkli zu er- 
forschen; er fand, daß dieser Fluß in seinem Unter- 
lauf für curopäische Fahrzeuge nicht schiffbar ist, da 
sich schon 60 bis 70 Meilen von der Küste Katarakte 
befinden. In seinem Mittel= und Oberlaufe wäre 
es jedoch möglich, den Fluß mit flachgehenden Booten 
zu befahren und es würde sich hierdurch eine leichte 
und bequeme Verbindung mit dem Innern anbahnen 
lassen. Das Bassin des Sabälki ist felsig und das 
angrenzende Land, mit Ausnahme des Makangoni- 
distrikts, welcher sehr fruchtbar und dicht bevölkert 
ist, fast ganz unbewohnt. Bis Kibwesi, etwa auf 
einem Drittel des Weges zum Victoria-See, traf der 
Forscher nur Masai-Banden auf dem Kriegspfade 
oder viehtreibende Wakamba. Ukamba ist ein Hoch- 
plateau, welches allmählich von Südosten nach Nord- 
westen ansteigt und bei Machako die Höhe von 
5000 Fuß erreicht. An der Grenze der Landschaft 
Kikuyn wurde Lugard zurückgerusen, um eine Ex- 
pedition zur Besetzung von Uganda zu organisiren. 
Er brach am 6. August 1890 zum zweiten Male 
von der Küste auf, durchwanderte und erforschte zu- 
nächst die wenig bekannte Landschaft Kikuyn am 
Südabhang des Kenia, errichtete hier die Station 
Dagoreti und seßte dann seinen Marsch auf der be- 
kannten Karawanenstraße über den Baringosee und 
Kavirondo nach dem Victoria-See sort. Westlich des 
Nakuro-Sees erhebt sich das Mauplateau, welches zum 
Theil mit dichtem Hochwald bestanden ist und auf 
dem zahlreiche kleine Bäche entspringen. Dieses 
Platecau von 7000 bis 8000 Fuß Höhe, meint 
Lugard, eigne sich zur Ansiedelung für Europäer, 
da der Boden ungemein fruchtbar und die Tempe-- 
ratur, trotzdem das Plateau unter dem Aequator 
läge, sehr mäßig sei. Kavirondo schildert Lugard 
als ein sehr fruchtbares und dicht bevölkertes Land. 
Es könne kein freundlicheres Volk in Afrika geben, 
als die Wakawirondo; beide Geschlechter gingen voll- 
kommen unbekleidet, und nur die Krieger trügen 
einen phantastischen Kopfschmuck und bemalten sich das 
Gesicht mit weißem Kalk. Die Landschaft Usoga am 
rechten Nilufer ist von Karirondo nur durch den 
Samiabach getrennk, das Land ist dicht bevölkert 
und sehr reich an Vieh. Die Wasoga sind den 
Waganda sehr nahe verwandt, aber noch nicht wie 
diese dem Einfluß der Araber ausgeseßt gewesen. 
Sie sind sehr tapfer und kriegerisch und nur durch 
die Ueberlegenheit ihrer Wafsen ist es den Waganda 
möglich, eine Oberherrschaft über Usoga auszuüben.
	        
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