Denkschrift
zum Abkommen vom 15. Wärz 1894.
Bereits im Frühjahr 1885 hatte die Kaiserliche
Regierung zum Zwecke der Erweiterung der deutschen
Vesitzergreifungen in den Küstengebieten von Kamerun
nach Osten und Norden hin die Entsendung zweier
Eweditionen ins Auge gefaßt. Die einc, welche in
das nördliche Kamerunhinterland eindringen sollte,
war dazu ausersehen, der Flegelschen Adamana-
etbedition entgegenzugehen, während die Ostexpedition,
von der Batangaküste aus, möglichst weit in das
südliche Hinterland von Kamerun vordringen und
den Kongo oder einen seiner damals noch fast völlig
urbekannten nördlichen Zuflüsse zu erreichen bestrebt
sein sollte.
Die Regierung beabsichtigte in dieser Angelegen-
heit, soweit es irgend angängig war, im Einverständniß
mit den in Kamerun thätigen Hamburger Handels-
sirmenvorzugehen, welche ihrerseits, da sie Werth darauf
leglen, das Handelsgebiet namentlich an der bis dahin
noch nicht völlig erforschten Küste und an deren
mmmittelbarem Hinterland zu erweitern, die Unter-
stühung der Unternehmungen nach besten Kräften zu-
hesagt hatten.
Die Auffindung geeigneter Expeditionsleiter be-
reilete der Ausführung dieser Pläue von vornherein
Kroße Schwierigkeiten und verzögerte die auch nur
theilweise Ausführung derselben bis in das Jahr 1886
hinein. Die Führung der Nordexpedition wurde,
nachdem der einzige aus früherer persönlicher An-
schauung mit den Verhältnissen des Sudan und
der Tschadseegebiete vertraute deutsche Reisende eine
Velheiligung mit dem Himveis auf seinen den An-
strengungen eines solchen Unternehmens nicht mehr
gewachsenen Gesundheitszustand abgelehnt hatte, dem
von geographischen Sachverständigen empfohlenen
Dr. Schwarz übergeben.
Bekanntlich kam diese Expedition nicht über den
oberen Mungo hinaus und verlief trotz Aufwendung
erheblicher Mittel nahezu ohne jedes Ergebniß gleich-
wie die Expedition Flegels nach Adamana selbst.
Die Südexpedition mußte überhaupt, da es trotz
längerer Verhandlungen nicht gelang, einen gceigneten
Leiter zu finden, zunächst vertagt werden, was sich
um so eher rechtfertigen ließ, als sic im Hinblick auf
das am 24. Dezember- 1885 mit der französischen
Republik getrofsene Abkommen, welches die Südgrenze
des Schutgebietes bis zum 15“ östl. Gr. gegen schon
damals zu befürchtende Uebergriffe sicherstellte, nicht
so dringend nöthig schien, um die Gesahr zu laufen,
daß ihr Schicksal einem in Afrika unerprobten
Reisenden anvertraut würde.
Um die Mitte des Jahres 1885 langten die
ersten Nachrichten nach Europa, daß der englische
Missionar Grensell mit seinem Dampfer „Peace“
einen großen nördlichen Nebenfluß des Kongo, den
Ubangi, entdeckt und bis zu 4% 30“ nördl. Br. besahren
habe und daß durch diese Reise eine sehr bequeme
Zugangsstraße zu den Hinterländern des Kamerun-
gebietes entdeckt sei. Die damalige „Afrikanische
Gesellschaft in Deutschland“ machte in einer Eingabe
vom 18. Januar 1886 an das Auswärtige Amt auf
die Wichtigkeit dieser Entdeckung aufmerksam und
erbat sich aus dem vom Reichstag bewilligten, damals
im Reichsamt des Innern verwalteten Fonds „zur
Förderung der auf Erschließung Centralafrikas und
anderer Ländergebiete gerichteten wissenschaftlichen
Bestrebungen“ den Betrag von 60 000 bis 70 000 M.
zur Beschaffung eines Dampfers und Ueberführung
desselben auf den Kongo, sowie die Summe von
50 000 M. zur Begründung einer oder mehrerer
Stationen an dem Ubangi und Erwerbung des
Gebietes zwischen diesem Fluß und der Käste für
Deutschland.
In der ausführlichen Begründung wurde von
Seiten des Vorstandes der Gesellschaft auf die Noth-
wendigkeit eines schnellen Handelns zur Erreichung
dieses Zieles hingewiesen, weil die französische Re-
gierung die Erwerbung dieses Gebietes durch die
Gebrüder de Brazza gleichfalls in Aussicht ge-