darslellenden Karte gelegentlich eines Vortrages in
den Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde
zu Berlin 1884 veröffentlicht hatte.
der Lage eines solchen, auf eine Entfernung von
eiwa 400 km hin erkundeten Ortes eine große
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Daß bezüglich
Unsicherheit herrschen muß, ist einleuchtend, und es
kann für einen solchen aus so unsicheren Nachrichten
heworgegangenen Irrthum Niemand verantwortlich
gemacht werden.
Da das Gebiet östlich vom 15.5 ö. Gr. unstreitig
nach dem Wortlaut des Vertrages von 1885 ein
freies war, so gab es nicht den entferntesten recht-
lichen oder politischen Grund, um Frankreich aus
kdem Besitz von Gasa und Kunde zu weisen.
Wesentlich anders gestalteten sich die Verhält-
nisse im Norden des Schutzgebietes, wo französischer-
seis Ansprüche auf Adamaua erhoben wurden. Es
fragte sich, ob es im deutschen Interesse liegen
bunte, diese Ansprüche an der Hand der von fran-
Küschen Reisenden, wie von dem Lieutenant Mizon
beschlossenen Verträge zu prüsen und danach zu einer
Entscheidung des Streits zu gelangen. Diese Frage
mußte schon aus dem Grunde verneint werden,
weil in der Prüfung der Verträge das Fallenlassen
bes deutschen Rechtsanspruchs in Auslegung des
Ubkommens vom 24. Dezember 1885 enthalten
gewesen wäre.
Auch erschien es politisch richtiger, die von
-izon etwa mit dem Emir von wola geschlossenen
Lerträge überhaupt aus dem Spiel zu lassen. Wären
die Mizonschen Verträge aus irgend einem Grunde
überhoupt ohne Werth gewesen, dann hätte Deutsch-
lund in der von dem Rittmeister v. Stetten aus
Ademaua zurückgebrachten Urkunde einen Titel ins
Feld zu führen nicht erst nöthig gehabt. Wollte
man aber jenen Verträgen irgend welche Bedeutung
beinessen, dann hätte die Kaiserliche Regierung durch
bie Berufung auf die Stettensche Konzession nur
in Verlegenheit gerathen können. Denn wenn auch
das Schriftstück, welches der des Arabischen nicht
lundige Rittmeister v. Stetten von dem Emir von
Yola ausgehändigt erhalten hatte, als ein Beweis
dofür angesehen werden konnte, daß — wenn man
zSnae eines französischen Protektorats außzer Acht
E——
so war doch das v. Stettensche Schriftstück kein
Rechtsalt, der sich auch nur enlfernt im Sinne der
deutschen Ansprüche hätte verwerthen lassen. Der
Emir von Yola hat die gegen ihn andrängenden
Europũer durch Urkunden wieder zu entfernen ge-
wußt, deren Inhalt wenig Bedentung hatte.
Es ist hier und da in der deutschen öffentlichen
Meinung und vor Beginn der Verhandlungen in
shärferer Tonart von der französischen Presse die
Ansicht vertreten worden, daß die Frage, wie weit
nach Norden die im Abkommen von 1885 mil dem
15.° 5. Gr. geschaffene Grenzlinie als gültig an-
der Emir jedenfalls nicht geneigt war,
Frankreich territoriale Zugeständnisse zu machen,
zunehmen sei, einem Schiedsgericht unterworfen wer-
den solle.
Die Kaiserliche Regierung hätte ein Leichtes ge-
habt, auf einen solchen Ausweg einzugehen. Inter-
nationale unter Großmächten entstandene Streitfragen
durch ein Schiedsgericht zum Austrag zu bringen,
gilt unter allen Umständen als ehrenvoll. Wäre der
Schiedsspruch zu Ungunsten Deutschlands ausgefallen,
so hätte Niemand daraus der Regierung einen Vor-
wurf machen können. Allein dieselbe mußte aus
sachlichen Gründen und im wohlverstandenen kolonialen
Interesse gerade einen solchen Schiedsspruch vermeiden.
Wenn man die deutsch-französische Auffassung der
Uebereinkunft vom 24. Dezember 1885 einer objek-
tiven Beurtheilung unterzog, so konnte es nicht über
alle Zweifel erhaben gelten, ob ein Schiedsgericht
den deutschen Rechtsstandpunkt als richtig anerkennen
würde. Es lag die Gefahr vor, daß Deutschland
sein Hinterland von Kamerun nicht über den 6. Grad
nördl. Br. behalten würde und daß unter solchen
Umständen mit dem Verlust von Adamana und von dem
Zugang zum Tschad und Shari gerechnet werden
mußte. Ueber den 15. Grad östl. L. war kein
Deutscher seit Beginn des kolonialen Zeitalters hin-
ausgekommen. Dieses Gebiet aber als natürliches
Hinterland von Kamerun anzusehen war vielleicht
bei einer gewissen Phantasic denkbar, entbehrte aber
jeder thatsächlichen und rechtlichen Grundlage. Von
einem Schiedsspruch konnte nicht erwartet werden,
daß er Deutschland Gebiete zuweisen werde, zu deren
Erwerb von deutscher Seite nichts geschehen war.
Die Reisen von Barth, Overweg, Vogel,
Rohlfs, Nachtigal ließen sich schon deshalb nicht
im Sinne einer Geltendmachung deutscher Ansprüche
auf die Länder im Süden des Tschadsees verwerthen,
weil diese Reisenden jene Länder lange vor dem Ein-
tritt Deutschlands in die Reihe der Kolonialmächte
einzig und allein in wissenschafllichem Interesse
besucht hatten. Die Verwerthung dieser Reisen im
kolonialen Interesse Deutschlands ist ebenso unhalt-
bar, als wenn Frankreich auf Grund der zahlreichen
französischen Reisenden, welche Abessynien besucht
haben, oder England auf Grund der zahlreichen
Expeditionen, welche es in früheren Jahren nach
Deutsch-Ostafrika entsandt hat, Rechtsansprüche auf
diese Gebiete erhoben haben würde. Wenn dabei
soweit gegangen wird, zu behaupten, daß Wadai von
Rechts wegen zu Deutschland gehört, weil es durch
das deutsche Märtyrerblut Vogels geweiht sei, so
ist zunächst zu bemerken, daß der in London an-
gestellt gewesene Astronom Vogel diese Reise, von
der er nicht wiederkehren sollte, im Auftrage und
im Dienste der englischen Regierung unternommen
hat, ebenso- wie dies bei Varths bedeutendem
Unternehmen fast ausschließlich der Fall war. Es
findet aber auch im Völkerrecht eine solche Be-
hauptung keine Unterstütung. Sie enthält nur
insoweit eine Wahrheit, daß Deutschland zu spät in
eine Kolonialpolitik eingelrelen sei und die Zeit un-