Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

endlich am 4. Febrnar durch ein Protokoll fest- 
gesteltt werden, welches nach erfolgter Nachprüfung 
einzelner noch unsicher gelassener Punkte zu dem 
#Ablommen vom 15. März 1898 führte. 
Das mumehr rechtskräftig gewordene neue Ab- 
kommen mit Frankreich geht zwar von dem 15. Längen- 
grad als der in dem Abkommen von 1885 fest- 
gesehten Grenze aus, ohne diesen Grad als etwas 
Unüberschreikbares betrachten zu wollen. Es über- 
schreitet denselben zu Gunsten Deutschlands an zwei 
Slellen, wie es ihn ebenso zum Vortheil Frankreichs 
an ebenfalls zwei Stellen zurücktreten läßt. 
Dabei muß hervorgehoben werden, daß in den- 
fenigen Gebieten, die Deutschland östlich des 15.7 
gewinnt, bereits eine reiche französische Forschung 
und Thätigkeit sich enkfaltet hatte, Frankreich hier 
tbatsöchlich die Ergebnisse seiner Arbeit aufgiebt, 
während umgekehrt in denjenigen Gebieten, welche 
Dutschland westlich des 15° an Frankreich überließ, 
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Schwierigkeit 
zösisch, doch ist in dem Anhang zu dem Protokoll 
dafür Sorge getragen, daß falls es sich durch spätere, 
noch genauere astronomische Ortsbestimmungen heraus- 
stellen sollte, daß Kunde oder gar Gasa, was für 
letzteren Punkt aber durchaus unwahrscheinlich ist, 
um mehr als 10 Bogenminnten (18 kwm) westlich 
vom 15.f° liegen würden, diese Orte unbedingt der 
deutschen Interessensphäre zufallen. Bei der bekannten 
genauer astronomischer Längenbe- 
stimmungen innerhalb der tropischen Wildniß mußte 
ein solcher Spielraum gelassen werden. Die westliche 
Einbuchtung des Grenzlaufes am Mayo Hebbi 
schneidet aus dem deutschen Gebiet ein Stück heraus, 
das durch den territorialen Gewinn am Sauga voll- 
auf ausgeglichen wird. Der Ort Bifara bezeichnet 
den äußersten östlichen Punkt der Schiffbarkeit des 
Mayo Kebbi, den der englische Major Mac Donald 
mit einem nur 15 Zoll tief gehenden Dampfboot zu 
erreichen vermochte. 
Frankreich tritt hierdurch als 
weder deutsche Forschung noch deutsche Arbeit vor-| Mitbewerber in den Bezirk des Niger-Benus ein. 
bonden waren. Die Uebereinkunst sichert Deutschland 
eine Grenze, die es ermöglicht, auf dem Ngoko und 
Songa, die hier das ganze Jahr hindurch für ge- 
eimet gebaute Schiffe befahrbar erscheinen, denjenigen 
Theil des Hinterlandes von Kamerun zu erschließen, 
welcher bisher wegen seiner großen Entsernung von 
der Küste für deutsche Interessenten bis zu dem in 
mabsehborer Ferne liegenden Bau einer Eisenbahn 
gi#nglich werthlos und unausbeutbar bleiben mußte. 
Di besonderen Abmachungen über die Freiheit der 
Schiffahrt auf dem Sanga und über die nach der 
Kongoakte bereils gegebene durch das gegenwärtige 
Abkommen aber erst verwerthbare Bewegungsfreiheit 
auf der Ueberlandroute von Loango durch Französisch 
Longo nach dem Stanleypool gewährleisten deni 
deuschen Kaufmann dieselben Vortheile und Rechte 
Die dem französischen. Das Gleiche gilt von der 
Friheit des Handels und der Schifffahrt im Ge- 
biese des Sharibeckens, in dem keine politischen 
Grenzen die deutschen Unternehmungen im Wett- 
bewerb mit den französischen stören sollen. Sache 
der deutschen Kolonialinteressenten wird es nun sein, 
in Besolgung des in auderen Kolonialstaaten gegebenen 
Veispiels durch thatkräftiges Vorgehen in den durch den 
Vertrag gesicherten Gebieten den Beweis zu liesern, daß 
die deutsche Kolonialbewegung nicht nur auf die der 
Regierung anheimgegebene oder von ihr geforderte 
Erwerbung möglichst zahlreicher Quadratkilometer 
des afrikanischen Erdtheils gerichtet ist, sondern sich 
auch in der thatkräftigen Ausbentung der in den 
erworbenen Ländergebieten verborgenen Hülfsquellen 
#bethätigen vermag. In Bezug auf das südöstliche 
Hinterland von Kamerun wird ein solches Vorgehen 
#um so angezeigter sein, als am oberen Sanga und 
Fam Ngoko nicht nur bereits 7 Handelsfaktoreien der 
„Socicts anonyme belge pour le commerce du 
Hanut Congo, sondern auch mehrere Faktoreien der 
„Rolterdamer Nieuwe Asfrikaansche Handels Vennoot- 
Ichap thätig sind. Kunde und Gasa bleiben fran- 
  
Dieser Mitbewerb schafft jedoch für Deutschland, von 
dem es zur Zeit ungewiß ist, wann es in diesen 
Gebieten eigene Handelsinteressen, die jetzt gänzlich 
sehlen, zu vertreten haben wird, keine Schwierigkeit, 
sondern siellt vielmehr zu seinen Gunsten das wirth- 
schaftliche Gleichgewicht schon jetzt her, welches durch 
das bisherige Uebergewicht nichtdeutscher Interessen 
gestört und auf deren Ausgleich angesichts der bis- 
herigen Verhältnisse nach dem gewöhnlichen Lauf der 
Dinge von selbst nicht zu rechnen war. Wie in dem 
Abkommen mit England, so sind auch in dem Ab- 
kommen mit Frankreich die Bestimmungen der Kongo- 
Akte über Freiheit des Handels und der Schiffahrt 
auf dem Niger zum Gegenstand besonderer Verein- 
barung gemacht und die Verpflichtung ausgesprochen, 
Sorge zu tragen, daß diese Bestimmungen auch von 
dritter Seite streng beobachtet werden müssen. Die 
Bestimmungen der Brüsseler Generalakte über Ein- 
führung von Waffen und Spirituosen haben in dem 
Abkommen in Bezug auf das Shari-, Logone= und, 
soweit es sich um hierbei in Betracht kommende 
Theile des Benuegebieles handelt, eine ausdrückliche 
Anerkennung und Bestätigung erfahren. 
Als ein territorialer Gewinn ist es zu betrachten, 
daß Deutschlands Besitz östlich des 15.5 sich bis 
zum Schnittpunkt des 10.“ nördl. Br. mit dem 
Sharilaufe erstreckt, also bis auf etwa 17° 10“ 
östl. L. v. Gr. 
Vor Allem aber ist der größte Theil Adamauas 
nunmehr nach hartem Kampf Deuischland gesichert. 
Die Schilderungen Heinrich Barths’) — den man 
als im Auftrage von Lord Palmerston reisend, 
hewiß nicht als Anhänger überschwänglich kolonialer 
Bestrebungen, wie sie in neuerer Zeit hervortreten, 
wird bezeichnen können — 
*) H. Barth's Reisen. Gotha 1857. Bd. II. S. 556 
und 602.
	        
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