Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

Deufsch· Siidwestafrika. 
Maior v. Francois 
berichtet unterm 9. Mai aus Keetmanshoop: 
Euer Excellenz erlaube ich mir ganz gehorsamst 
zu melden, daß ich am 9. Mai in Keetmanshoop 
angelangt bin und mit einigen Reitern am 11. Mai 
die Weiterreise über Gibeon nach der etwa 8 Tage- 
reisen entfernten Onabschlucht, woselbst ich die Feld- 
abtheilung vermuthe, antreten werde. 
Die von mir von Steinkopf in Marsch gesetzten 
Wagen mit Verpflegung werden in den nächsten 
Tagen hier erwartet, und habe ich den Distriktschef 
von Keetmanshoop, Lieutenant Bethe, ersucht, dafür 
Sorge tragen zu wollen, daß möglichst bald und 
viel Verpflegung nach Gibeon zur Versendung ge- 
langt, damit die Feldabtheilung in der Lage ist, 
schnell ihre Vorräthe zu ergänzen. 
Nach Meldung des in Bethanien stationirten 
Unteroffiziers König sind von Leßterem in Ab- 
wesenheit des Distriktschefs, Lieutenants v. Ziethen, 
fünf Witboois und zwei zu diesen gehörige Busch- 
leute, die über Nacht ihre auf dem Platze wohnenden 
Verwandten besuchten, mit Hülse der Ortsbewohner 
verhaftet und denselben drei Gewehre und 47 Pa- 
tronen abgenommen worden. Nach Aussage der 
Inhastirten soll Witbooi sich in der Onabschlucht 
aufhalten und Samuel Isac enltsandt haben mit 
14 Reitern, um mit mir wegen des Friedens zu 
verhandeln. Ich werde, salls ich diesem Kommando 
begegne, dasselbe dem Major Leutwein zuführen. 
Deutsch-Neu-Guinea. 
Ueberfall des Jegelschuners „Senta“ der Keu-Guinca- 
Lompagnie. 
Der hauptsächlich den Zwecken der Arbeiter- 
anwerbung dienende Segelschuner „Seuta“ der Neu- 
Guinea-Kompagnie ist an der Ostküste von Neu- 
Mecklenburg das Opfer eines heiptückischen Ueberfalles 
seitens dortiger Eingeborener geworden. Ueber den 
Vorfall liegt solgender Bericht des Stationsvorstehers 
von Herbertshöhe vor, welcher geeignet erscheint, die 
in der Tagespresse über diesen Zwischenfall verbrei- 
teten entstellten Berichte richtig zu stellen. Die 
„Senta“, Kapitän Böhmermann, hatte am 30. März 
1894 Herbertshöhe, verlassen, um den Kaiserlichen 
Richter in Amtsgeschäften nach Nusa überzuführen 
und dann an der Nord-- und Nordostküste Neu- 
Mecklenburgs Arbeiter anzuwerben. Sie segelte längs 
der Ostküste entlang bis in die Nähe der Gerrit 
Denys-Inseln, wo der Kapitän zwei Boote zum 
Relkrutiren ans Land sandte, das eine mit dem 
Steuermann Seuf zum Anwerben, das andere zur 
Aufnahme der Angeworbenen und zum Schute des 
Rekrutirungsbootes. Das Leßtere war bei dem 
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Dorfe Ouranepa an Land gefahren, während sich 
das Bedeckungsboot in der Nähe auf See befand. 
Der Steuermann Senf brachte erst vier große starke 
Arbeiter nach dem zweiten Boot und dann noch wei- 
tere fünf; sodann begab er sich wieder an Land. 
Jeßt hieben plöhlich die ihn umstehenden Kauaken 
mit Aexten auf ihn und die Bootsmannschaft ein, 
während gleichzeitig sich die neun Angeworbenen auf 
die Besatzung des Bedeckungsbootes warfen und mit 
ihr aus dem Boot ins Wasser fielen. Mehrere 
Kanus, die sich in der Nähe befunden hatten, eilten 
dem Schauplatze des Kampfes zu und ihre Insassen 
hieben ebenfalls mit Beilen auf die im Wasser rin- 
genden Sentaleute ein, die sich nach Kräften verthei- 
digten und mit einigen aus dem Boote ergriffenen 
Gewehren troß eigener schwerer Verletzungen mehrere 
ihrer Angreifer tödteten. Als der mit dem Manö= 
vriren des Schiffes in dem riffreichen Fahrwasser 
beschäftigte Kapitän mit dem Fernglas diese Wendung 
der Dinge erblickte, bemannte er sofort das letzte 
kleine an Bord befindliche Boot und sandte es mit 
einem weißen Matrosen und drei entbehrlichen Leuten 
ans Land. Dasselbe näherte sich der Unglücksstelle 
unter sortwährendem Schießen, während gleichzeitig 
Kapitäm Böhmermann mit einem Bukajungen von 
der „Senta“ aus ein Schnellfener mit Mauser- 
gewehren auf die am User in großer Menge ver- 
sammelten Eingeborenen abgab, unter dessen Einwir- 
kung alle die Flucht ergriffen, so daß es gelang, den 
schwerverwundeten Steuermann Senf und vier 
gleichsalls mehr oder weniger stark verletzte Senta- 
leute in die Boote und dann diese an das Schiff 
zu bringen. 
Daß der Ueberfall vollständig geplant war, dafür 
spricht, daß die angeworbenen neun Leute alle be- 
sonders groß und stark und bereits sämmtlich in 
Samoa oder auf Qucensland gewesen waren und 
daß sich im Busch eine große Schaar Bewassneter 
verborgen gehalten hatte, sowie daß kein Kanu an 
das Schiff selbst herankam, sondern daß alle nach 
den Booten ruderten. 
Am 25. April traf die „Senta“ mit den Ver- 
wundeten, welche daselbst sofort ärztlicher Pflege über- 
geben wurden, wieder in Herbertshöhe ein; der durch 
Axthiebe in den Oberkörper schwer verwundete 
Steuermann Seuf erlag hier leider nach zwei Tagen 
seinen Leiden. Zwei der verletzten Jungen schwebten 
bei Abgang des Berichtes noch in Lebensgesahr, ein 
Negermatrose und ein Bukajunge waren bei dem 
Ueberfall selbst sofort erschlagen worden. 
S. M. Kreuzer „Bussard“, dessen Ankunft in den 
dortigen Gewässern demnächst zu erwarten steht, wird 
von dem Landeshauptmann um Untersuchung des 
Falles und thunliche Bestrafung der Mörder ge- 
beten werden.
	        
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