Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

zwischen dem 5. und 10. Lebensjahre bewegen. In- 
dessen machen sie wenig Arbeit. Die Schule be- 
suchen, essen, schlafen, spielen, sind ihre Haupt- 
beschäftigungen. Die älteren Zöglinge helfen viel an 
der Haus= und Gartenarbeit mit. 
Ueber 80 Kinder, mit wenigen Ausnahmen 
Knaben, versammeln sich jetzt täglich in der Schule. 
Es theilen sich zwei Missionare in die Arbeiten, 
aber dieselben mehren sich von Tag zu Tag. 
Nächstens wollen auch Bremer Missionare eine Schule 
in Lome errichten. 
Die Fortschritte unserer Schüler sind recht er- 
freulich, sowohl im Deutschen als auch im Englischen, 
welch lehteres gewissermaßen die Küstensprache des 
schwarzen Erdtheils ist. 
Die deutschen und lateinischen Gesänge singen 
unsere Schüler der Melodie nach richtig und mit 
deutlicher Aussprache der Wörter. Alle Gesänge, 
Kirchen= sowie Volkslieder, lernen sie aus Mangel 
an entsprechenden Büchern auswendig. 
Im verflossenen Kirchenjahre haben wir 35 Heiden 
feierlich getauft. Sie sind mit wenigen Ausnahmen 
eine Frucht der Schule. 
Durch die Hülfeleistung mit Arzuei und guten 
Rathschlägen, durch die Sorge für Wunden aller 
Art wird die Mission beliebt und volksthümlich. 
Die Vorhalle unseres Hauses ist gleichsam ein 
allgemeines Krankenhaus. Jeden Tag finden sich 
Leute, mit innerlichen oder äußerlichen Krankheiten 
behaftet, Aussätzige von der häßlichsten Art, leicht 
und schwer Verwundete von Nah und Fern da ein 
und finden sorgfältige Verpflegung und Hillfe. 
Am Feste der unbefleckten Empfängniß veranlaßte 
der apostolische Präfekt, der gerade in Lome sich 
aufhielt, eine feierliche Prozession nach Be-Ga. Dort 
ist an einem früheren Fetischbaume ein Marienbildchen 
angebracht. Tags zuvor ließ ich den Fetischhäuptling, 
den alten Fianovi, nebst seinem Volke zur Feier am 
folgenden Morgen einladen, auch ließ ich ihn beauf- 
tragen, den freien Platz um den Marienbaum in 
guten Stand zu setzen. In früher Morgenstunde 
um 7 Uhr brachen wir auf. Dem Kruzifixe und 
den zwei im Winde flatternden Fahnen folgten bald 
betend, bald singend die Zöglinge und Schüler der 
Mission. Das beschwerliche Gehen durch den losen 
Sand sowie die brennende Sonne preßte den frommen 
Wallfahrern reichlich Schweißtropfen aus. 
An dem erwähnten Marienbaum hatte sich schon 
eine große Menge neugieriger Heiden eingefunden. 
Während der Messe erschien auch Fianovi mit 
einigen alten Männern. Sie ließen sich auf Schemeln 
nieder, welche sie selber mitbrachten; sie wie die übrige 
Volksmenge verfolgten mit der größten Aufmerksam-= 
keit und Ruhe den Gang des helligen Opfers. 
  
Von der Missionsstation Togo Stadt meldet 
der Superior P. Johannes Schäfer: 
Am Feste des heiligen Augustinus habe ich zum 
ersten Male in Togo Stadt, unserer dritten und 
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wie es scheint gesundesten Missionsstation, das heilige 
Opfer dargebracht. Es war dies für ganz Togo ein 
Fest ersten Ranges. Niemand arbeitete an diesem 
Tage. Morgens um 6 Uhr wurden mehrere Ko- 
nonenschüsse abgefeuert und so das Volk auf die 
Feier des Tages aufmerksam gemacht. Die Kanone 
liehen wir bei King Mensa in Agbodrafo (Porto 
Seguro). Schießen spielt ja hier eine große Rolle; 
je mehr es kracht, desto erhabener erscheint die Feier. 
So lange die Schwarzen keine Gefahr wittern, wie 
es ja beim Laden der Fall ist, drängen sich Alle, 
Jung und Alt, Groß und Klein, derart herbei, daß 
man sich kaum bewegen kann. Ist aber das Eisen- 
rohr geladen, so stiebt Alles in wilder Hast aus- 
einander und flieht so weit als möglich. Ist der 
Schuß abgefeuert, so strömt die ganze Sippe eiligst 
wieder herbei, und das Experiment beginnt von 
Neuem. 
Da der Reger viel auf das Sinnenfällige giebt, 
so suchten wir die Missionsstation von innen und 
außen mit Blumen, Kränzen und Palmblättern so 
schön als möglich zu schmücken. 
Der alte Fetischhäuptling Kplaku, dem die Mission 
Vieles zu verdanken hat, fand sich schon in aller 
Frühe ein. Als die Feier begann, hielt er Alles in 
gehöriger Ordnung; Niemand durfte es wagen, während 
der heiligen Handlung zu sprechen. Alle mußten an- 
dächtig auf die Kniee fallen und so bis zum Ende 
der heiligen Messe verharren. Nach derselben hielt 
ich eine kurze Predigt. Der alle Fetischhäuptling 
Kplakn sprach immer dazwischen und sagte zu den 
Leuten: ja, das sei so, der Weiße habe recht (enge 
pata pata), der Weiße wisse Alles. 
Gegen 10 Uhr kam King (Oberhäuptling) Cidolo 
mit seiner ganzen Diener= und Sklavenschaft zur 
Mission herauf. Hinter ihm wurde auf hoher Stange 
die deutsche Flagge getragen, dann folgte ein Trom- 
peter, hierauf fünf Trommelschläger und dann die 
Händeklatscher. Er kam in unsere Wohnung und 
begrüßte und beglückwünschte uns. Unterdessen stellten 
sich seine Leute draußen auf und bliesen und trom- 
melten aus Leibeskräften, daß Einem Hören und 
Sehen bald hätten vergehen mögen. Darauf wurde 
ein Kriegstanz aufgeführt. Die Tänzer, in Sammet 
und Seide gehüllt, machten ihre Sprünge. Bald 
stürzte aus den Tänzern einer etwa 10 Schritte 
hervor; mit dem Beile, womit die Tänzer bewaffnet 
sind, führt er Streiche, wie wenn er Jemand den 
Kopf abhauen wollte. Dann springt er hastig zu den 
Seinen zurück, in seiner Hand ein Stück Holz oder 
sonst etwas haltend, das den Kopf des Feindes vor- 
stellen soll. Die Andern umringen ihn von allen 
Seiten, begrüßen und umhüpfen ihn. Dann gehen 
mehrere vor und thun dasselbe. Plötzlich giebt der 
Tanzmeister mit seinem Schwerte ein Zeichen, Alle 
springen vor, schwenken ihre Beile und fechten damit, 
daß es einem angst und bange werden möchte. Da- 
bei stellen sich manche auf einen Fuß und drehen 
sich wie ein Kreisel herum. Unvermuthet giebt der
	        
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