slets Unklarheit über die Ankunft und Abfahrt unserer
Dampfer, da sich das Monatsdatum beständig ver-
schiebt. Hat man den Termin des vorigen oder
eines der letzten Schiffe nicht mehr im Kopf, so läßt
sich der gewünschte Zeitpunkt kaum berechnen. Ist
dagegen ein für allemal ein bestimmtes Monats-
datum gegeben, an dem die Schiffe kommen und
gehen, wie die französischen, so würde diese scheinbar
unbeträchtliche Acnderung einen sehr sörderlichen Ein-
fluß auf den Binnenlandverkehr gewinnen. Könnten
sich serner die drei betheiligten Nationen beispiels-
weise dahin einigen, daß jede einen monatlichen Turnus
einhielte und zehntägige Intervalle zwischen den ein-
zelnen Dampfern geschaffen würden, so dürfte man
dies als einen wirthschaftlichen Fortschritt von weit-
tragendster Bedeutung bezeichnen. Es kann dem
Vorschlage nicht entgegengehalten werden, daß die
Differenzen in Fahrgeschwindigkeit und Vertheilung
der Anlageplätze, welche zwischen den einzelnen
Linien bestehen, einem parallelen Betriebe Schwierig-
keiten bereiteten. Die gewünschte Zeitregulirung
kommt nur für den Punkt in Betracht, wo Aller
Interessen sich vereinigen. Das ist hier Sansibar,
darüber hinaus trennen sie sich wieder, und dort ist
eine Interferenz der Fahrten belanglos.
Es mag gerechtfertigt sein, daß, nachdem Sansibar
in fremde Hände übergegangen ist, wir uns wirth-
schaftlich mehr und mehr von der Insel abzulösen
suchen. Aber im Poslverkehr hören im Allgemeinen
nationale Bedenken auf. Das Gebiet der Nachrichten-
vermittelung, die Erleichterung des allseitigen Ge-
dankenaustausches kennt keine Völkerschranken; die
Post trägt internationales Gepräge. Und darum
kann es keinerlei Bedenken erregen, wenn wir bezlüg-
lich dieses Verkehrszweiges den Anschluß an Sansibar
aufrecht erhalten. Wer sich in diesem Punkte eigen-
sinnig zurückzieht, verliert seine wirthschaftliche Be-
weglichkeit; und eine solche müssen wir uns im inter-
nationalen Wettbewerb nicht nur zu bewahren, sondern
immer mehr zu erringen trachten. Der im Allge-
meinen schwerfällige Deutsche sollte dies um so mehr
berücksichtigen.
Eine weitere Vorbedingung für die Entwickelung
einer umfangreicheren wirthschaftlichen Thätigkeit am
Kilimandjaro ist endlich die Einrichtung einer Tele-
graphen= bezw. Telephonlinie zur Küste. Tanga ist
schon heute mit Dar-es-Saläm und weiterhin Sansibar
verbunden und somit an das überseeische Kabelnetz
angeschlossen. Wie überhaupt durch jede Art von
Kommunikationslinien die Entfernungen sich vermin-
dern, so unterstützt der telegraphische Anschluß einer
entlegenen überseeischen Binnenkolonie an den Welt-
verkehr den wirthschaftlichen Aufschwung derselben
doch in ganz besonderer Weise. Man glaube nicht,
daß es bei derartigen relativ beschränkten Kolonisa-
tionsunternehmen auf rein landwirthschaftlicher Basis
wenig auf die Schnelligkeit der Verbindung ankäme.
Je mehr gerade der Betrieb sich in Einzelwirthschaft
auflöst, je selbständiger der Einzelne arbeitet, um so
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nothwendiger wird die Zeilersparniß, da er ja von
dem Erfolge seiner eigenen Arbeit abhängt. Eine
rasche Rentabilität ist für ihn eine Lebensfrage,
während weitläufige Gesellschaftsunternehmen länger
Geduld haben können. Wenn z. B. ein Kolonist des
Binnenlandes sich von irgend welcher maschinellen
Einrichtung Vortheil verspricht, die er nur aus einem
industriellen Kulturstaate beziehen lann, und sich
dieserhalb mit dem betresfenden Produzenten in Ver-
bindung setzt, so wird es ihn sehr unterstützen, wenn
er nach Empfang der Prospekte die definitive Be-
stellung auf telegraphischem Wege machen kann. Auch
in der Landwirthschaft ist Zeit oft Geld, und das
um so gewisser, je mehr das Arbeitsfeld den großen
Wirthschaftscentren entrückt ist. Greist da ein
prompter Nachrichtendienst ein, so wird ein beträcht-
liches Maß der Hindernisse, welche die entlegene
Situation mit sich bringt, von vornherein aus dem
Wege geräumt.5)
Auch auf den Lokalverkehr, wenn man die Ver-
bindung zwischen dem Kilimandjaro und der Küste
so nennen kann, wirkt die Einrichtung einer Tele-
graphenlinie belebend. Aus ihrer Verbindung mit
den übrigen Verkehrsarten, Güter-, Personen= und
Briefbeförderung, entspringt für letztere ein nicht un-
bedeutender Gewinn. Es ist klar, daß der ganze
Betrieb der materiell und langsam arbeitenden
Kommumikationsmittel durch den ausgleichenden Ein-
griff des über Zeit und Raum erhabenen Telegraphen
ein sichrerer und zuverlässigerer wird, daß Stockungen
in vielen Fällen vermieden bezw. deren Folgen durch
vorherige Bekanntgabe paralysirt werden können. Das
gewinnt um so größere Bedeutung, je unvollkommener
und daher komplizirter das Beförderungswesen noch
ist, was hier troß aller Verbesserungen gegenüber
dem bisherigen Zustande doch noch auf lange hinaus
der Fall sein wird. Ebenso zieht der Privatverkehr
aus einer telegraphischen Verbindung Nutzen, nicht
zum wenigsten durch Avisirung von Sendungen.
Wenn es überhaupt zu einer lebhaften Wirthschafts-
entfaltung in der Kolonie kommen sollte, was im
Wesentlichen von der Förderung abhängen wird,
welche die Regierung in Zukunft kulturellen Bestre-
bungen zuwendet, so dürfte sich an gewissen Küsten-
plätzen europäische Kultur so weit festsetzen, daß der
selbständige Verkehr hiesiger Konsumenten mit Pro-
duzenten des Mutterlandes in den meisten Dingen
aufhört. Kaufmännische Betriebsamkeit wird Waaren-
lager schaffen, die den Bedürfnissen des Landes mit
der Zeit mehr und mehr entgegenkommen, schüchtern
wird auch hier und dort die industrielle Thätigkeit
*) Die ersten Anlagen bei der Inangriffnahme von
Kolonialgebieten sollten produktiver Nalur sein. Sie mussen
die großen Hindernisse beseitigen, die der wirthschaftlichen
Entwickelung im Wege stehen, so zwar, daß sich die General=
unkosten von vornherein vermindern. Bei Binnengebieten
liegen die letzteren vornehmlich im Verkehrswesen. Diese
Kardinalfrage wurde beim bibherigen hiesigen Vorgehen
außer Acht gelassen.