Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

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sich zur Flucht; die vor mir kämpfenden Lihuhn 
sohen nach Südost, diejenigen, die vor dem von 
Lieutenant Bennecke kommandirten Flügel gekämpft 
bo#tten, flohen in nördlicher Richtung. Die Fliehenden 
wurden verfolgt, bis sie im Busch verschwunden 
woren. Die Lihuhn sind vollständig zersprengt worden. 
Wir nahmen nun von dem sehr großen, etwa 
300 Meter langen Lager Besitz, in dem mindestens 
500 bis 600 Leute gelagert hatten; als wir uns 
in Lager einen Augenblick erholten und im Begriff 
waren, das Lager und die Vorräthe zu verbrennen, 
sommelten sich die Lihuhn in einer Entfernung von 
etwa 500 Meter noch einmal, verschwanden aber 
nach einigen Salven. Da wir Alle durch den schnellen 
anstrengenden Marsch und das Gefecht bei der ko- 
lossalen Mittagshitze ermüdet waren, bezog ich eine 
Bereitschaftsstellung in einem nach allen Seiten über- 
sictlichen Terrain, da die Lihuhu allem Anschein 
nach noch einmal angreifen wollten, und rastete 
eiwa 30 Minuten. 
Da ein weiterer Angriff unterblieb, wurden nun- 
mehr alle Lebensmittel, etwa 300 bis 400 Lasten, 
Mehl, Fische u. s. w. verbrannt, soweit sie nicht von 
den Soldaten mitgenommen wurden. 
Da die Lihuhu und Mafiti bis auf einzelne 
Versprengte endgültig verschwunden und ausgerissen 
waren und ich annehmen durfte, durch dieses sieg- 
reiche Gefecht den beabsichtigten Raubzug und Einfall 
der Lihuhn in den Kafakibezirk verhindert zu haben, 
marschirte ich quer durch die Steppe ohne Weg, nach 
dem Kompaß, in der Richtung auf den Rufidji ab. 
Um 4 Uhr bezog ich Lager am Südostende des 
Nserekerasees und bin heute um 12⅛ Uhr mittags 
hier angekommen. 
Die von den Lihuhu am Mhatesee# gefangenen 
Fischer sind allem Anschein nach während des Ge- 
sechtes entlommen, bis auf einen, der gefallen ist. 
Die Verluste des Feindes ließen sich nicht genau 
feststellen, da die ganze Steppe brannte; in unmittel- 
barer Nähe des Lagers sind zehn Todte gefunden 
worden; zahlreiche Blutspuren lassen auf viele Ver- 
wundete schließen. 
Die Soldaten haben sich durchweg sehr gut be- 
nommen; die Feuerdisziplin war selbst in einigen 
sehr kritischen Momenten eine gute. 
  
Arbeiterverhältnisse. 
Ueber das Befinden der in Deutsch-Ostafrika zur 
Plantagenarbeit eingeführten asiatischen Kuli berichtet 
der Kaiserliche Bezirksamtmann zu Tanga v. St. 
Paul-Illaire: 
1. Plantage Aguelo. Dieselbe erhielt im 
vorigen Jahre 109 Kuli, welche nur in rein land- 
wirthschaftlichem Betriebe, und zwar im Kafseebau, 
beschästigt werden. 
  
Von diesen 109 Leuten sind bisher 7, 6 Männer 
und 1 Weib, gestorben. Sämmtliche Verstorbenen 
sind kränklich, zum Theil schwindsüchtig hierher ge- 
kommen. Der Gesundheitszustand ist ein durch- 
aus guter. Nach Aussage des Plantagenverwalters 
Rowehl sollen die Leute bei ihrer Ankunft in er- 
schreckender Weise an Syphilis gelitten haben und 
zum Theil über und über mit ekelhaften Geschwüren 
bedeckt gewesen sein. Jetzt giebt es nicht einen Mann 
mehr, der daran litte. Die Kuli müssen unter 
Anderem wöchentlich einmal ein Vollbad nehmen. 
Viel tragen zur Erhaltung des guten Gesundheits- 
zustandes die geräumigen, luftigen und trockenen 
Wohnungen bei. Dysenterie und perniziöse Fieber 
sind unter den Arbeitern nicht vorgekommen. 
Der mexikanische Dollar wird zu 2 Rup. 14 Pesa 
gerechnet. Ersparnisse machen nur die Chinesen, von 
denen einzelne nicht unbedentende Summen zurück- 
gelegt haben sollen. Die Javanen verbrauchen ihr 
ganzes Geld für Kleidung und Wohnung, die sie sich 
reichlicher und besser beschaffen als die Chinesen. Die 
Verwaltung übernimmt, falls es gewünscht wird, die 
Absendung der ersparten Gelder an die Angehörigen 
der Kuli durch das Postamt zu Tanga. Was die 
Stimmung der Kuli anbetrifft, so ist zu bemerken, 
daß nach Ansicht Rowehls der größte Theil der 
Leute nach Ablauf des Kontraktes freiwillig auf der 
Plantage bleiben wird. Schon jetzt hat sich eine 
ganze Anzahl bereit erklärt, einen neuen Kontrakt 
einzugehen. 
Zu erwähnen ist noch, daß von der Plantage 
Nguelo noch kein Kuli desertirt ist, trotzdem sie wohl 
wissen dürften, wie schwer ein Wiedereinfangen sein 
würde. 
2. Plantage Derema erhielt seinerzeit 109 
javanische Kuli, davon 97 Arbeiter, 4 Ausseher, 
10 Weiber und 3 Kinder, sowie 75 chinesische Kuli, 
darunter 3 Aufseher. Die Arbeiter werden auch hier 
lediglich im Plantagenbau beschäftigt. Gestorben sind 
bisher von den Javanen 6 Leute, von den Chinesen 8, 
und zwar an mitgebrachten Krankheiten. 
Der Gesundheitszustand ist ein guter. Die 
Unterkunftsräume sind durchaus genügend, besonders 
in den neuen Häusern, die praktisch und sauber her- 
gestellt sind. Der mexikanische Dollar wird auch 
hier zu 2 Rup. 14 Pesas gerechnet. Die Möglich- 
keit, Geld nach Hause zu schicken, ist den Leuten ge- 
geben, doch wurde bisher kein Gebrauch davon ge- 
macht, da sie fast ohne Ausnahme Spieler sind, die 
alle etwaigen Ersparnisse bei Gelegenheit verspielen, 
so daß ihnen nichts bleibt, ihre Angehörigen in der 
Heimath zu unterstützen. 
Bei einer kürzlich durch das Bezirksamt vor- 
genommenen Revision wurde festgestellt, daß die Kuli 
auf beiden Plantagen keinerlei Klagen vorzubringen 
hatten. Ebenso waren die Plantagenleiter sehr zu- 
frieden mit dem Betragen der Leute wie mit ihrer 
Arbeitsamkeit. Sämmtliche Kuli sahen gesund aus.
	        
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