Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

— 83 
solgende Grenzlinie ihrer afrikanischen Besitzungen 
geeinigt: 
Thalweg des Oubangui bis zum Zusammenfluß 
des M'Bomu und Ouellc, Thalweg des M'Bomu 
bis zu seiner Quelle, von da eine gerade Linie bis 
zur Wasserscheide des Kongo= und Nilbeckens, alsdann 
der Kamm der Wasserscheide bis zum 30. Grad öst- 
licher Länge (Greenwich), der 30. Grad bis zur 
Parallele 5% 30’ und alsdann letztere bis zum Nil. 
Das Kiger-Coast-Protektorat im Jahre 1892. 
Der Verwaltungsbericht über das Niger-Coast- 
(vordem Oelfluß-) Proteklorat für das Jahr 1892, 
welcher vor Kurzem dem englischen Parlament vor- 
gelegt ist, giebt einen Ueberblick über die Entwickelung 
jedes einzelnen der fünf Küstendistrikte dieser Kolonie. 
Auf den südlichsten Distrikt Old-Kalabar folgen in 
der Reihenfolge ihrer geographischen Lage Opobo, 
Bonny-New-Kalabar, Braß und Benin. Von be- 
sonderem Interesse sind die Angaben über die Ver- 
waltung der Distrikte Bonny-New-Kalabar und 
Benin. Den ausführlichen Mittheilungen, welche in 
den Sonderberichten der für diese beiden Bezirke 
bestellten Vizekonsuln enthalten sind, ist Folgendes 
zu entnehmen: 
Der Distrilt Bonny-New-Kalabar wird von 
den drei Stämmen der New-Kalabar, Bonny= und 
Okrikaleute bewohnt. Erstere beide sind ausschließlich 
Handeltreibende, während die Okrikaleute sich neben- 
bei auch von der Fischerei nähren. Jeder Stamm 
hat seinen eigenen Oberhäuptling (King). Die ein- 
zelnen Häuptlinge sind gleichzeitig die eigentlichen 
Kaufleute des Landes und stehen allein in unmittel- 
barer Handelsbeziehung zu den Handelsfaktoreien der 
Europäcr. Von den inländischen Produkten gelangte 
im Berichtsjahre fast ausschließlich Palmöl in den 
Handelsverlehr; doch spricht der Vizekonsul die Hoff- 
nung aus, in künftigen Jahren aus dem Hinterlande 
auch Gummi und nach Einführung geeigneter Ele- 
fantenjäger auch Elsenbein in größeren Quantitäten 
in den Verkehr zu bringen. Hierzu bemerkt der 
erste Beamte Generalkonsul Macdonald, daß be- 
reits eine Gesellschaft von Elesantenjägern (Moham- 
medanern) von Lokodja am Zusammenstuß des Niger 
und Benné aus auf dem Landwege nach Bonny 
gekommen sei und ihren Betrieb eröffnet hätte. 
Durch diese Thatsache sei das Vorhandensein einer 
gangbaren Landverbindung zwischen dem Protektorat 
und dem Niger—Benneé dargethan. 
Als Kurrentmünze im Handelsverkehr gilt die 
„Manilla“, ein Stück Kupfer in der Form eines 
Hufeisens. Als eines der wirksamsten Mittel, um 
der Verwaltung Einfluß auf die eingeborene Bevöl- 
kerung zu verschaffen und zu erhalten, erscheinen die 
den Häuptlingen bewilligten Unterstützungsgelder 
(subsicdlies). So wird u. A. den Häuptlingen der 
Bonnyleute mit der Einstellung der Zahlung der 
Subsidien gedroht, falls sie nicht den über die Rein- 
  
haltung ihrer Stadt von der Verwaltung erlassenen 
Bestimmungen nachkommen würden. Die Zahlung 
von Subsidien an den Oberhäuptling von New- 
Kalabar wird eingestellt, weil derselbe einer von der 
Verwaltung nach dem Hinterlande unternommenen 
Expedition Schwierigkeiten bereitet hatte. Das Ver- 
lehrswesen betrefsend, erwähnt der Bericht die Ein- 
richtung eines mittelst Krnjungen und Krukanoes 
betriebenen Poswerkehrs von Braß über New-Kalabar 
und Bonny nach Opobo. 
Der Distrikt Benin wird von den Benin-, 
Jakri-, Sobo= und Abrakarlenten bewohnt. Bei den 
Benin= und Jakrileuten ist die Sklaverei üblich. Die 
Lage der Sklaven bei den Jakris wird als eine 
außerordentlich günstige bezeichnet; sie leben, abgesehen 
von ihrer Unfreiheit und abgesehen davon, daß alle 
Arbeit ausschließlich von ihnen verrichtet wird, nicht 
viel anders als ihre Herren. Aenßerst hart dagegen 
ist das Loos des Sklaven bei den Beninleuten. Ins- 
besondere werden dieselben hier häufig, den barbari- 
schen Sitten des Stammes entsprechend, den Fetischen 
in grausamer Weise geopfert. Der Vizelonsul war 
während eines nur wenige Tage dauernden Aufent- 
haltes in der Stadt Benin Zeuge von allein vier 
derartigen Menschenopfern, durch welche man in zwei 
Fällen einen baldigen Regenfall, in einem anderen 
ein baldiges Aufhören des Regens zu erreichen hoffte. 
Der Bericht verspricht sich eine Beseitigung dieser 
barbarischen Bräuche erst von der Einrichtung mili- 
tärischer Stationen. 
Den Hauptgegenstand des Ausfuhrhandels bildeten 
Palmöl und Palmkerne; Gummi und Elfenbein 
wurden nur gelegentlich und nur in geringen Mengen 
ausgeführt. Der Ausfuhrhandel war im Berichts- 
jahre bedeutend zurückgegangen. In dem Bericht 
werden biersür sfolgende Gründe angesührt: 
1. s Handelsmonopol des Jakrihäuptlings 
Nanna, welches derselbe in der erslen Hälfte des 
Jahres mit der größten Strenge durchführle, indem 
er nicht nur selbst den ihm von den weisen Händlern 
angebotenen Preis für Palmöl und Palmkerne als 
zu niedrig ablehnte, sondern auch anderen Häupt- 
lingen diesen Handel gänzlich untersagte. 
2. Ferner die dauernden Streitigleiten zwischen 
den Sobo= und Beninleuten als Palmölproduzenten 
und den Jakrileuten als Handelsvermittlern (middle- 
men) zwischen Ersteren und den weisten Händlern. 
Ihren Grund haben diese Streitigkeiten zumeist 
darin, daß die Oelproduzenten häufig außerstande 
sind, den ihnen von den Middlemen in Waaren 
gewährten Kredit (trust) in Oel zurückzuzahlen. 
Die Jakrileute suchen sich dann durch Raubzüge in 
das Gebiet der Sobo= und Beninleute und Ent- 
führung von Sklaven schadlos zu halten. Da das 
Vermittlermonopol der Jakrileute in absehbarer Zeit 
nicht zu beseitigen bezw. zu entbehren sein dürfte, 
wird jenen dauernden Fehden, unter denen natur- 
gemäß der Handel schwer zu leiden hat, nur durch 
Errichtung militärischer Stationen wirksam begegnet 
werden können.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.