Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

wird die Zeit dieser Knaben durch ernstes Studium, 
abwechselnd mit geistlichen Uebungen und der noth- 
wendigen Erholung, ausgefüllt. An freien Nach- 
mittagen, sowohl bei brennender Sonnenhitze als bei 
Regenwetter, werden lang andauernde und weite 
Spaziergänge, sogenannte Marschübungen, unter- 
nommen. 
Mit dem Wintersemester wuchs die Zahl der 
Missionsschüler auf 17; leider mußte das Haus in- 
solge seiner finanziellen Nothlage viele Ausfnahme 
gesuche abweisen. 
Perschiedene Wittheilungen. 
Bericht des Leiters des bolanischen Gartens in Victoria 
Dr. Preuß über Gemüsebau im tropischen Afrika. 
Die Schwierigkeit einer dem Europäer zukräglichen 
Verpflegung im tropischen Afrika beruht in erster 
Linie auf der Beschaffung von frischem Gemüse. Ist 
die Frage der täglichen oder wenigstens häusigen 
Versorgung mit frischem Gemüse gelöst, so ist auch 
die Frage der Verpflegung in der Hauptsache gelöst. 
Nun wird jeder Europäer, der sich längere Zeit auf 
einer Station oder in einer Faktorei aufhält, in der 
Regel Gelegenheit und Muße genug haben, einen 
kleinen Gemüsegarten anzulegen, sei er nun Offizier 
oder Natursorscher, Rechtsgelehrter oder Kaufmann 
oder Missionar. Diesen Leuten, welche nicht oft 
Gelegenheit gehabt haben werden, sich mit Gärtnerei 
zu beschäftigen, dürfte das Eine oder das Andere 
aus der folgenden lurzen Abhandlung eventunell von 
Nuten sein. Aber auch jeder Gärtner muß bei dem 
Gemüsebau im tropischen Afrika seine Erfahrungen 
machen. 
Nun ist man in Europa sowohl als auch in 
Afrika noch vielfach sehr im Unklaren, welche Ge- 
müsearten man mit Aussicht auf Erfolg in Afrika 
anbauen kann. Ich habe dieses häufig aus soge- 
nannten Auswahlsendungen kennen gelernt. Ich will 
die von mir während eines mehrjährigen Aufenthalts 
in Afrika, besonders im botanischen Garten in Victoria 
im Kamerungebiete — also an der Küste — und 
im Kamerungebirge in Buca bei 950 m Höhe, ge- 
machten Erfahrungen im Folgenden schildern. Die- 
selben werden, natürlich mit einigen Abänderungen, 
auch für andere Plätze in Afrika gelten. 
Ich lasse zunächst ein Verzeichniß dersenigen 
Gemüsearten folgen, welche ich in Victoria und in 
Bua mit Erfolg kultivirt habe oder welche ich mit 
Erfolg kultiviren sah. 
a) An der Küste: 1. Nadieschen, 2. Rottich 
(Sommer= und Winterrettich), 3. Bohnen, 4. Gurlen, 
5. Tomaten, 6. Kohlrabi, 7. Karotten, 8. Petersilie, 
9. Weißkohl, 10. Dill, 11. Pflücksalak, 12. Kopf- 
salat, 13. Endivien (Sommer= und Winterendivien), 
14. Porrce, I5.Zwiebeln, 16.Wasserkresse, 17. Sellerie, 
18. Sauerampfer, 19. Rothkohl, 20. Nosenkohl, 
21. Wirsingkohl, 22. Kartosseln. 
  
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b) Im Gebirge: außer den soeben genannten 
noch 1. Blumenkohl, 2. Erbsen, 3. Bohnenkraut, 
4. Teltower Rüben. 
Ich füge hinzu, daß die Erfolge mit Kartoffeln 
an der Küste nur gering, im Gebirge dagegen zu- 
friedenstellend waren, dasselbe gilt für Nothkohl. 
Die Neihenfolge der aufgezählten Arten habe ich 
ungefähr nach der Leichtigkeit bezw. Schwierigkeit 
des Anbaues gewählt. Negative Erfolge hatte ich 
an der Küste stets mit Gartenkresse und Spinat. 
Beide gehen meist gut auf, vegetiren einige Zeit, 
ohne bedeutend zu wachsen, und gehen bald wieder 
ein. Ich halte Versuche damit für aussichtslos. 
Mißlungen ist mir auch ein allerdings nur einmal 
gemachter Versuch mit Estragon, Rhabarber, Kürbis 
und rothen Rüben, jedoch dürfte Nhabarber und ohne 
jeden Zweisel Kürbis dennoch gut im tropischen 
Afrika wachsen. 
Von allen Gemüsearten giebt es zahlreiche Spiel- 
arten, von denen die eine an dem einen, die andere 
an dem anderen Orte besser gedeiht. Wer längere 
Zeit Gemüse an einem und demselben Orte bauen 
tann, wird daher gut thun, mit den Spielarten zu 
wechseln, bis er die beste herausgefunden hat. 
Bei der Wahl des Platzes für die Gemüsebecte 
soll man darauf achten, daß derselbe nicht zu sehr 
von den Winden abgeschlossen ist. Leicht bewegte 
Luft ist erforderlich zu gutem Gedeihen europäischer 
Gemüse. Seebrise ist ganz zuträglich, nur muß sie 
natürlich nicht dirett treffen, sondern gebrochen sein. 
Etwas schattig sollte der Platz sein, jedoch ist es, in 
der Regenzeit, nicht gerathen, die Beete direkt unter 
den Bäumen anzulegen, so daß sic von den herab- 
fallenden Tropfen getrossen werden. Was die Be- 
arbeitung des Bodens betrifft, so muß derselbe selbst- 
verständlich von Unkraut und Steinen gereinigt und 
umgegraben werden. Dünger wird bei gutem jung- 
fräulichen Boden anfangs nicht nöthig sein, will man 
jedoch dasselbe Stück mehrere Male hintereinander 
mit Gemüse bestellen, so wird man ohne Düngung 
nur kümmerliche Erfolge erzielen. Dasselbe gilt von 
Anfang an für mageren Boden. Fehlt Dünger von 
Vieh oder Pferden, so kann man doch siets den 
Komposthaufen verwenden, der sich in der Nähe der 
Küche vorfindet. 
Zum Auflockern des harten und steinigen 
Bodens ist die Pickaxt geeigneter als der Spaten, 
da sie tiefer eindringt. Bei dem Graben mit dem 
Spaten pfuscht der Schwarze gern, jedoch ist diesem 
Werkzeug immerhin bei lockerem Boden der Vorzug 
zu geben. Der Auflockerung folgt die Eintheilung 
in Beete und das sorgfältige Zerkleinern aller Erd- 
llumpen. Will man sicher tieser Beete haben, wie 
sie für Karolten, Wurzelpetersilic u. s. w. erforderlich 
sind, so thut man am besten, dieselben schmal zu 
machen und dazwischen breite Wege auszuheben, aus 
denen die Erde noch auf die schmalen Berte hinauf 
geworfen wird.
	        
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