Raume zusammengedrängt, die furchtsamsten Träger
schon bereit, die Lasten wegzuwerfen, und während
wir die als Wachen ausgestellten Soldaten zu
österen Malen wieder eigenhändig auf ihre Posten
besördern mußten, zeigten sich hinter uns schon Tibati-
leute, welche nur durch unsere auf sie gerichteten
Gewehre in respektvoller Entsernung gehalten wurden;
ich muß sagen, ich war auf Alles gesaßt und zu
Allem bereit. Indeß verlegte sich auch Amalamn
auf Unterhandlungen. Unser ihn vollkommen über-
raschender Schritt hatte ihn äußerst bestürzt, und so
sandte er uns einen Fullahchef, mit dem ich stets sehr
freundschaftlich verkehrt hatte, sowie den Dolmetscher
Agias und einen handeltreibenden Lagosmann, welche
uns bewegen sollten, doch wieder zu ihm zurück-
zukehren. Er sandte Essen und Bier für die Leute
und einen Elfenbeinzahn für mich und ließ uns bei
Allah beschwören, doch nicht zu seinen Feinden zu
gehen, er wolle uns ja nun gern überallhin Geleit
geben. Ich zog hier die Verhandlungen in die Länge,
indessen Musa mit den Mandiongolos paloverte.
Endlich war es seiner Beredsamkeit gelungen, alle
Zweifel der mißtrauischen Leute zu beheben, und der
König ließ mir sagen, er wolle mir Leute senden,
welche uns längs der Befestigungen entlang führen
und einen Lagerplatz anweisen sollten. Doch dürfe
die Expedilion die Stadt nicht betreten, mich würde
er jedoch mit kleinem Gefolge gerne empfangen. Auf
diese selbstverständliche Bedingung ging ich mit
Freuden ein, und wir hatten nun den Kopf aus der
Schlinge und waren dem Räuberhäuptling von
Tibati entkommen.
(Fortsetzung folgt.)
Marlskzall-Inseln.
Bericht des Raiserl. Landeshauptmanns der Marshall=
Inseln über eine Neise nach einer Reihe von Inseln des
Schutzgebietes.
Am Dienstag den 14. August 1894, nach-
mittags 5 Uhr, schiffte ich mich in Begleitung von
zwei Landesbeamten des Schutzgebietes, des Re-
gierungsarztes Assistenzarztes 1. Klasse Dr. Stein-
bach und des Polizeimeisters Kapitäns Reiher,
an Bord des Dampsers „Archer“ ein, um zunächst
die Insel Namorik zu besuchen. Am Morgen des
15. August kam die Insel, deren Lagune, rings von
hohen Korallenmauern umgeben, für Seeschisse un-
zugänglich ist, in Sicht. Die Landung wurde mittelst
eines Brandungsbootes über das vorgelagerte
Korallenriff ausgeführt. Namorik, das dem in
Jaluit wohnenden Häuptling Neln gehört, macht
mit seiner üppigen Vegetation, der Fülle junger
Palmbäume und mit seinen wohlgepflegten Wegen
einen sehr günstigen Eindruck auf den Besucher. Es
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befinden sich dort zwei Handelsstationen der Jaluit-
Gesellschaft und eine der neuseeländischen Firma
Henderson & Macfarlane.
NKamorik und Ebon gelten noch heute als die
bevorzugtesten Niederlassungen der amerikanischen
Mission des Dr. Pease in den Nalicks; seine Vor-
gänger haben selbst in dem benachbarten Ebon lange
gesessen und von dort aus die gesammte Missions-
thätigkeit in den Marshall-Inseln geleitet. Erst an-
gelockt durch die Schönheit und wunderbare Frucht-
barkeit Kusaies, haben sie es im Jahre 1875 ver-
lassen.
Nachdem einige Schuldangelegenheiten erledigt
worden waren, wurde am anderen Morgen
(16. August) 5 Uhr die Weiterreise nach dem Atoll
Ebon angetreten, wo „Archer“ gegen 2 Uhr mittags
innerhalb der Lagune vor Anker ging. Die Ein-
fahrt in die Lagune ist wegen des überaus engen
Fahrwassers und des reißenden Stromes, der sieben
englische Meilen in der Stunde, also so viel wie ein
kleiner Seedampser läuft, eine besonders schwierige.
Hat man aber diese gesährliche Passage hinter sich,
so bietet das ruhige, krystallklare und dabei bergetiefe
Meer zur Entschädigung dafür einen überraschend
schönen Blick auf die Wunderwelt des Korallenbaues.
Der Hafen Ebons selbst hält schon wegen seines
gesährlichen Einganges den Vergleich mit demjenigen
von Jaluit nicht aus, ganz abgesehen davon, daß
die centrale Lage des Jaluit-Atolls daselbst die
Hauptniederlassung für eine Handelsgesellschaft be-
fürwortete. Sonst freilich vermag sich Jaluit mit
Ebon nicht zu messen. Die Insel Ebon ist un-
streitig die fruchtbarste und reichste Inselgruppe der
Ralicks. Das Land ist schon früher und besonders
in den letzten Jahren von dem Häuptling Litokwa,
der sich in dessen Besih mit dem Häuptling Neln
theilt, systematisch mit jungen Kokosnußbäumen der
größten Fruchtsorte bebant worden. So ist es ge-
kommen, daß Ebon, obgleich es zu den kleinsten
Atollen der Marshall-Inseln gehört, im leßten Jahre
den höchsten Kopraertrag, nämlich 812 547 engleische
Pfund, also beinahe doppelt so viel als der ganze
Jaluit-Atoll, geliefert hat. Die Inselgruppe liefert
den Beweis, daß die Ertragsfähigkeit der Marshall=
Inseln an Kopra noch um ein Bedentendes ge-
steigert werden könnte, wenn Neukulturen von
Kokosnußpalmen eifriger betrieben würden.
Der Häuptling Litolwa ist einer der wenigen
Großgrundbesitzer in der Marshall-Gruppe, der
zur klaren Einsicht darüber gekommen ist, daß der
hier übliche „Raubban“ der Kopra auf die Dauer
nicht zur Vergrößerung der Kopraernte beitragen
kamm, und daß seine persönlichen Einnahmen im
fortschreitenden Verhältnisse zu den Neukulturen von
Kokosnußbäumen seines Landes stehen. Mit un-
verkennbarer Genugthuung zeigte Litolwa seine
Bananen= und Taropflanzungen, die er in einer
fruchtbaren Niederung angelegt hat und durch Gräben