Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

Raume zusammengedrängt, die furchtsamsten Träger 
schon bereit, die Lasten wegzuwerfen, und während 
wir die als Wachen ausgestellten Soldaten zu 
österen Malen wieder eigenhändig auf ihre Posten 
besördern mußten, zeigten sich hinter uns schon Tibati- 
leute, welche nur durch unsere auf sie gerichteten 
Gewehre in respektvoller Entsernung gehalten wurden; 
ich muß sagen, ich war auf Alles gesaßt und zu 
Allem bereit. Indeß verlegte sich auch Amalamn 
auf Unterhandlungen. Unser ihn vollkommen über- 
raschender Schritt hatte ihn äußerst bestürzt, und so 
sandte er uns einen Fullahchef, mit dem ich stets sehr 
freundschaftlich verkehrt hatte, sowie den Dolmetscher 
Agias und einen handeltreibenden Lagosmann, welche 
uns bewegen sollten, doch wieder zu ihm zurück- 
zukehren. Er sandte Essen und Bier für die Leute 
und einen Elfenbeinzahn für mich und ließ uns bei 
Allah beschwören, doch nicht zu seinen Feinden zu 
gehen, er wolle uns ja nun gern überallhin Geleit 
geben. Ich zog hier die Verhandlungen in die Länge, 
indessen Musa mit den Mandiongolos paloverte. 
Endlich war es seiner Beredsamkeit gelungen, alle 
Zweifel der mißtrauischen Leute zu beheben, und der 
König ließ mir sagen, er wolle mir Leute senden, 
welche uns längs der Befestigungen entlang führen 
und einen Lagerplatz anweisen sollten. Doch dürfe 
die Expedilion die Stadt nicht betreten, mich würde 
er jedoch mit kleinem Gefolge gerne empfangen. Auf 
diese selbstverständliche Bedingung ging ich mit 
Freuden ein, und wir hatten nun den Kopf aus der 
Schlinge und waren dem Räuberhäuptling von 
Tibati entkommen. 
(Fortsetzung folgt.) 
Marlskzall-Inseln. 
Bericht des Raiserl. Landeshauptmanns der Marshall= 
Inseln über eine Neise nach einer Reihe von Inseln des 
Schutzgebietes. 
Am Dienstag den 14. August 1894, nach- 
mittags 5 Uhr, schiffte ich mich in Begleitung von 
zwei Landesbeamten des Schutzgebietes, des Re- 
gierungsarztes Assistenzarztes 1. Klasse Dr. Stein- 
bach und des Polizeimeisters Kapitäns Reiher, 
an Bord des Dampsers „Archer“ ein, um zunächst 
die Insel Namorik zu besuchen. Am Morgen des 
15. August kam die Insel, deren Lagune, rings von 
hohen Korallenmauern umgeben, für Seeschisse un- 
zugänglich ist, in Sicht. Die Landung wurde mittelst 
eines Brandungsbootes über das vorgelagerte 
Korallenriff ausgeführt. Namorik, das dem in 
Jaluit wohnenden Häuptling Neln gehört, macht 
mit seiner üppigen Vegetation, der Fülle junger 
Palmbäume und mit seinen wohlgepflegten Wegen 
einen sehr günstigen Eindruck auf den Besucher. Es 
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befinden sich dort zwei Handelsstationen der Jaluit- 
Gesellschaft und eine der neuseeländischen Firma 
Henderson & Macfarlane. 
NKamorik und Ebon gelten noch heute als die 
bevorzugtesten Niederlassungen der amerikanischen 
Mission des Dr. Pease in den Nalicks; seine Vor- 
gänger haben selbst in dem benachbarten Ebon lange 
gesessen und von dort aus die gesammte Missions- 
thätigkeit in den Marshall-Inseln geleitet. Erst an- 
gelockt durch die Schönheit und wunderbare Frucht- 
barkeit Kusaies, haben sie es im Jahre 1875 ver- 
lassen. 
Nachdem einige Schuldangelegenheiten erledigt 
worden waren, wurde am anderen Morgen 
(16. August) 5 Uhr die Weiterreise nach dem Atoll 
Ebon angetreten, wo „Archer“ gegen 2 Uhr mittags 
innerhalb der Lagune vor Anker ging. Die Ein- 
fahrt in die Lagune ist wegen des überaus engen 
Fahrwassers und des reißenden Stromes, der sieben 
englische Meilen in der Stunde, also so viel wie ein 
kleiner Seedampser läuft, eine besonders schwierige. 
Hat man aber diese gesährliche Passage hinter sich, 
so bietet das ruhige, krystallklare und dabei bergetiefe 
Meer zur Entschädigung dafür einen überraschend 
schönen Blick auf die Wunderwelt des Korallenbaues. 
Der Hafen Ebons selbst hält schon wegen seines 
gesährlichen Einganges den Vergleich mit demjenigen 
von Jaluit nicht aus, ganz abgesehen davon, daß 
die centrale Lage des Jaluit-Atolls daselbst die 
Hauptniederlassung für eine Handelsgesellschaft be- 
fürwortete. Sonst freilich vermag sich Jaluit mit 
Ebon nicht zu messen. Die Insel Ebon ist un- 
streitig die fruchtbarste und reichste Inselgruppe der 
Ralicks. Das Land ist schon früher und besonders 
in den letzten Jahren von dem Häuptling Litokwa, 
der sich in dessen Besih mit dem Häuptling Neln 
theilt, systematisch mit jungen Kokosnußbäumen der 
größten Fruchtsorte bebant worden. So ist es ge- 
kommen, daß Ebon, obgleich es zu den kleinsten 
Atollen der Marshall-Inseln gehört, im leßten Jahre 
den höchsten Kopraertrag, nämlich 812 547 engleische 
Pfund, also beinahe doppelt so viel als der ganze 
Jaluit-Atoll, geliefert hat. Die Inselgruppe liefert 
den Beweis, daß die Ertragsfähigkeit der Marshall= 
Inseln an Kopra noch um ein Bedentendes ge- 
steigert werden könnte, wenn Neukulturen von 
Kokosnußpalmen eifriger betrieben würden. 
  
Der Häuptling Litolwa ist einer der wenigen 
Großgrundbesitzer in der Marshall-Gruppe, der 
zur klaren Einsicht darüber gekommen ist, daß der 
hier übliche „Raubban“ der Kopra auf die Dauer 
nicht zur Vergrößerung der Kopraernte beitragen 
kamm, und daß seine persönlichen Einnahmen im 
fortschreitenden Verhältnisse zu den Neukulturen von 
Kokosnußbäumen seines Landes stehen. Mit un- 
verkennbarer Genugthuung zeigte Litolwa seine 
Bananen= und Taropflanzungen, die er in einer 
fruchtbaren Niederung angelegt hat und durch Gräben
	        
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