Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

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Dorfe Kinga, wohnen die Warambi, dann die Wanyka 
und die Wanyamanga. Die Wannyka, der größte 
dieser drei Stämme, haben ihre Wohnsitze beinahe 
bis zum Südufer des Rikwasees, welches von den 
Uanda und Wawungu bewohnt wird. 
Durch drei größere Expeditionen hat sich der 
Einfluß der Station bedeutend vermehrt. Am meisten 
Einfluß hat die Station im Kondethale erzielt. Es 
ist bereits seit Langem an der Tagesordnung, daß 
die Eingeborenen die Vermitlelung der Station bei 
Streitsachen aurufen. Der Urtheilsspruch der Station 
wird stets anerkannt. Es sind bereits Fälle vor- ! 
gekommen, wo Verbrecher von den Eingeborenen 
freiwillig ausgeliefert wurden. 
Die klimatischen Verhältnisse sind in dem Bezirke 
äußerst verschieden, da die absolute Höhe über dem 
Meeresspiegel zwischen 480 und 2600 m disferirt. 
Am See ist der Gesundheitszustand der Europäer 
öfters durch perniziöse Fieber, wenn auch leichterer 
Art, beeinträchtigt. Bereits aber auf 1400 m ist 
ein vollständig südenropäisches Klima, und die Mis- 
sionsstationen, welche in dieser Höhe angelegt sind, 
kennen absolut keine klimatischen Erkrantungen. 
5. Längs der englischen Grenze, etwa von dem 
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Die Erzeugnisse des Landes sind den verschiedenen 
Höhenlagen angemessen. Hauptsächlich gebaut werden 
Mais, Kafferkorn (Mtama), Hirse (Moresi), große 
Bohnen, Bananen (meistens Plantane), Kassawo- 
wurzel und süße Kartosfeln; im Ugangwaragebiete 
wird sehr viel Erdnuß gewonnen. Die Wakinga 
ziehen eine Erbse, welche in Pflanze und Frucht 
sowie im Geschmack der letzteren der europäischen 
Art vollständig gleicht. Seil einem Jahre haben die 
deutschen Missionare mit überaus gutem Erfolge die 
enropäische Kartoffel gezogen und auch bereits die 
Eingeborenen zur Produktion der Kartofsel angehal- 
ten. Bei meiner letzten Anwesenheit im Kondelande 
wurden mir von Eingeborenen Kartoffeln zum Kaufe 
angeboten. Einen größeren Viehstand besiteen nur 
die Bewohner des nördlichen Seeufers. Die Ausfuhr 
von Vieh nahm so große Dimensionen an, daß von 
der Station ein Viehausfuhrverbot erlassen werden 
mußte, welches vom Kaiserlichen Gonvernement nach- 
träglich bestätigt wurde. 
Im Laufe des Berichtsjahres wurden von der 
Brüdergemeinde Herrnhnt drei neue Niederlassungen 
gegründet und zwar in Rutenganio (Kararamoka), 
am Kibiraflusse im Lande des Häuptlings Muhaka- 
linga und bei der Hauptstadt des Häuptlings Merere, 
Utengule. Die algerischen Väter haben in der Nähe 
des Bezirks Langenburg in Ufipa eine neue Station 
gegründet und ferner die Genehmigung erhalten, sich 
in dem Lande des vertriebenen Häuptlings Kima- 
raunga niederzulassen. Das Verhältniß der Station 
zu den deutschen Missionaren sowie zu den algerischen 
Vätern am Tanganyika ist das denkbar beste. Sämmt- 
liche Missionare waren stets bereit, die Beamten der 
Station nach Möglichkeit zu unterstützen. . 
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Durch die Expeditionen der Station wurden 
mehrfach Sklaven befreit, so unter Anderen 14 Kinder, 
welche den Missionen zur Erziehung übergeben wur- 
den. Die Eigenthümer der Sklaven gelang es nicht 
zu fassen, so daß nur geringe Strafen der Begleit- 
mannschaft auferlegt werden konnten. Im Ganzen 
genommen haben die Sklavenhändler den Bezirk voll- 
ständig verlassen, seitdem am 17. November 1893 
durch die Station die große Karawane von 212 Sklaven 
aufgehoben wurde. Mit Ersolg krenzen jedoch die 
Sklavenhändler über den See vom englischen nach 
dem portugiesischen User. Gegen die berüchtigten 
Sllavenhändler im nördlichen Theile des englischen 
Gebietes sind bisher, wohl theilweise in Rücksicht auf 
den Handel, so gut wie gar leine Schritte unter- 
nommen. Allerdings muß zugegeben werden, daß 
die verhältnißmäßig geringe Macht, dice die Engländer 
bisher hier aufweisen lonnten, durch die Unruhen 
im Schirigebiete selbst meistens in Anspruch ge- 
nommen war. 
Der Elsenbeinhandel nach den deutschen Häfen 
war ein äußerst geringer. 
Das Hauptangenmerk der Stationsverwaltung 
war im Berichtsjahre auf den Bau einer festen 
Station gerichtet. Als Material zum Stationsbau 
wurden Ziegel verwandt, welche wir in ganz vor- 
züglicher Qualitäl erziellen. Nach Beendigung der 
Regenzeit, das ist von Juni bis Ansang Dezember, 
wurden 360 000 Ziegel gesormi und gebrannt. Aus 
diesem Material wurden errichtet: 
1. ein großes zweistückiges, mi! Wellblech ge- 
decktes Haus. In dem Hause befinden sich elf Wohn- 
zimmer, drei Magazine und eine gedeckte Treppenflur. 
Das Haus hat von Norden und Süden je eine 
3 uu breite gedeckte Veranda. Das Baumaterial für 
Dachstuhl, Dielen und Lagerbalken sowie sämmtliche 
Bretter für Diele und Lager wurde von Eingeborenen 
aus ganz vorzüglichem Material am Platze geschnitten. 
Das Wellblech, die Thüren, Fenster u. j. w. wurden 
von Britisch-Centralafrika bezogen. 
2. Eine große Küche, verbunden mit Vorraths- 
kammer, gedeckt mit Wellblech. 
3. Ein 21 m langes Gebände, welches in fünf 
Abtheilungen getheilt ist und in welchem zwei Ge- 
fängnisse, das Zeughaus, die Wache und die Woh- 
nungen für die Bedienung der Europäer unter- 
gebracht sind. 
1. Eine 12 m lange, 2½3 m hohe, mit Schieß- 
scharten versehene Umfassungsmanuer. 
Nach Beendigung dieser Arbeiten blieben etwa 
140 000 Ziegel übrig. Die Manurerarbeiten durch 
Eingeborene auszuführen, erwies sich als unmöglich, 
weshalb die ganze Arbeit von den Europäern selbst 
ausgeführt wurde. 
Es zeigte sich als politisch nothwendig, einen 
Observationsposten an der englischen Grenze zu haben. 
Es wurde daher am Songweflusse mil geringen Kosten 
eine kleine Station erbaut und ein den Deutschen
	        
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