Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

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9. Januar 1895 in London veraultionirt worden. 
Infolge dieses Unternehmens, an dem britisches Ka- 
pital erheblich betheiligt sein soll, sind die Boden- 
preise auf den Bahama-Inseln bedeutend gestiegen, 
und man erwartet von dieser künftigen Stapelindustrie 
für die Inseln einen großen wirthschaftlichen Auf- 
schwung. Ob diese Erwartungen sich in vollem Maße 
ersüllen werden, bleibt abzuwarten, da seit der Anlage 
der Plantagen auf den Bahama-Inseln auch Alos- 
faser von dem allgemeinen Preisrückgang in den 
letzten Jahren ergriffen worden, ja dieser Rückgang 
gerade bei Sisalhanf besonders hervorgetreten ist, 
was weniger der fortschreitenden Silberentwerthung 
als der den gegenwärtigen Bedarf schon beträchtlich 
übersteigenden Produktion und dem Umstande, daß 
noch ein erhebliches Wachsthum derselben in Aussicht 
steht, zuzuschreiben ist. Auch die im Jahre 1894 
anßerordentlich gestiegene Einfuhr Großbritanniens 
von indischem Aloshanuf dürfte ihr Theil beigetragen 
haben: 
Engl. Tonnen Pfd. Sterl. 
im Jahre 1893 wurden 2838 im Werthe von 45049 
- : 1894 6832 - -100687 
eingeführt, was eine quantitative Zunahme von 
143 pCt. und eine Werthzunahme von 124 pCt. 
bedeutet. 
In dem großen britischen Kolonialreiche, dessen 
Produktion von Pflanzenfasern, abgesehen von Jute, 
bisher überhaupt unbedeutend ist, sind es also gegen- 
wärtig nur Indien (einschl. des unter indische Ver- 
waltung gehörigen Aden) und Mauritius, die Alos- 
saser liefern. Nach verschiedenen Berichten soll auch 
von Südafrika und von Australien etwas Alofaser 
ausgeführt werden. Neuseeländischer Flachs hat damit 
nichts zu thun, da dies die Faser einer ganz anderen 
Pflanze, nämlich Phormium tenax ist. Wahrschein- 
lich handelt es sich aber bei der angeblichen Ausfuhr 
aus den genannten beiden Gebieten überhaupt nicht 
um Alosfaser, sondern vielmehr um eine inkorrekte 
Bezeichnung der Ausfuhr. Von anderen als britischen 
Kolonialländern führt Mexiko Alocfaser aus, und 
zwar weitaus am meisten. Etwas von diesem Artikel 
sollen auch die Philippinen ausführen. 
Der größte Konsument von Alobfaser in Gestalt 
von Sisalhanf sind die Vereinigten Staaten von 
Amerika, wo die Faser namentlich zur Verfertigung 
von Säcken benutzt wird, die stärker, billiger und 
leichter sein sollen als Jutesäcke. 
Die Einfuhr dorthin betrug in runden Ziffern: 
1893 304 000 Ballen 
18994 358 000 = 
während Großbritannien in den gleichen Jahren nur 
15 000 und 19 000 Ballen Sisalhanf abnahm. Für 
die Einfuhr von anderem Aloshanf, außer Sisalhanf, 
kommen in Europa Großbritannien (aus Indien und 
Mauritius) und Belgien (aus Indien) in Betracht. 
Die deutsche Waarenstatistik verzeichnet von vege- 
tabilischen Spinnstoffen außer Baumwolle nur die 
Einfuhr von Jute, Flachs, Hanf und Werg besonders, 
  
die im Jahre 1893 im Spezialhandel einen Gesammt- 
werth von 96 225 000 Mark darstellte, während die 
Einfuhr aller übrigen unter der allgemeinen Kate- 
gorie „Vegetabilische Spinnstoffe, nicht besonders ge- 
nannt“ zusammengefaßten vegetabilischen Rohmateria- 
lien für die Textilindustrie, wie Aloshauf, Manilahayf, 
rohe Kokosfasern, neuseeländischer Flachs, zusammen 
nur einen Werth von 3 112 000 Mark erreichte. 
Es betrug im Spezialhandel im Jahre 1893: 
die Einfuhr 6 482 900 1g im n Werthe von 311200 Mark 
die Ausfuhr 1 309 200 628 000 
Mithin Netto- 
einfuhr (Ver- 
brauch). 5 173 700 kg im Werthe von 2 484 000 Mark 
Von der erstgenannten Einfuhrziffer entfielen auf 
die Einfuhr von Mexiko allein: 
3 055 000 kg im Werthe von 1 467 000 Mark, 
d. h. 47 pCt. der Menge und des Werthes der Ge- 
sammteinfuhr unter der erwähnten Sammelrubrik. 
Dieser Einfuhr dürfte die aus den Vereinigten Staaten 
von Amerika in Höhe von 117 000 kg im Werthe 
von 56 000 Mark (Produkt der subtropischen Theile 
der Vereinigten Staaten oder Wiederausfuhr) als 
Einfuhr von Sisalhanf hinzuzurechnen sein. Es er- 
giebt sich hieraus, daß im Jahre 1893 amerikanischer 
Aloshanf der Hauptartikel der unter den nicht be- 
sonders genannten Spinnstoffen verzeichneten Einfuhr 
bildete, hinter dem auch die Einfuhr von Manila- 
hauf, nämlich: 
direkt bezogen 3466 rr ) i. W. von 40 Mt. 
über Grohbritannien“) 1221 600 = 586 000 
zurückstand. 
Die deutsche Industrie hat sich bisher weder für 
indische Aloéfaser noch für die sonstigen unter der 
gollstatistischen Rubrik „Hanf“ aus Indien ausge- 
führten Rohstoffe interessirt. Auch für letztere sind 
wie für Alosfaser nur erst Belgien und Großbri- 
tannien feste Kunden. Daß sie in diesen Ländern 
aber wachsende Verwendung finden, mag aus den 
nebenstehenden Zahlen über die Hanfausfuhr aus 
Indien entnommen werden. 
Es wird daraus zu schließen sein, daß diese Ar- 
tikel auch seitens der dentschen Industrie Beachtung 
verdienen, um so mehr, als das Wachsthum der 
indischen Ausfuhr stattgefunden hat angesichts ver- 
mehrter mexikanischer Produktion und trotzdem, daß 
das an sich allerdiugs erheblich billigere indische 
Produkt keineswegs einen so starken Preissturz er- 
fahren hat wie der mexilkanische Artikel. Auf welche 
Ursachen diese Verschiebungen zurückzuführen sind, 
und aus welchen Gründen, ob nur aus mangelnder 
Kenntniß oder aus kommerziellen oder technischen 
Nücksichten die deutsche Industrie die indischen Hanf- 
produkte bisher nicht aufgenommen hat, bedarf der 
Austlärung. Man sollte aber meinen, daß, wo die 
5 Diese Zisser schließt auch noch andere Spinnstoffe 
win, erst aber in der Hauptsache Einfuhr von Manilahanf 
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