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dem Hererolande und dem für die Weißen bestimmten
Gebiete betonte, ohne auf irgend welchen Widerstand
zu stoßen, so daß die Grenze so bestehen bleibt, wie
sie früher festgesetzt ist.
Das zunehmende Vertrauen der Hereros zeigte
sich dadurch, daß sie schaarenweise — Männer und
Frauen — zur Begrüßung in unser Lager kamen.
In Otyinvanana waren weit über 1000 Hereros
versammelt gewesen. Das Gerücht von der Kriegs-
möglichkeit hatte mit großer Schnelligkeit die An-
hänger des Oberhäuptlings in etwa gleicher Zeit
herbeigeführt, so daß sich mehrere Tausend Hereros
in diesen Tagen gegenüberslanden.
Als bezeichnend für das wachsende Verständniß
der eingeborenen Kapitäne dafür, daß sie nicht nur
Rechte, sondern auch Pflichten haben, sei noch erwähnt,
daß nach Aussage des hierbei anwesenden Dolmet-
schers Kleinschmidt der Oberhäuptling Samuel
Maharero seinen Vetter Nicodemus im Zwiegespräch
daran erinnerte, daß er mit der Kapitänschaft über
den Osten eine große Verantwortung übernommen
habe, da er für alle Unregelmäßigkeiten, die sich dort
ereigneten, dem Landeshauptmann und ihm Rede zu
stehen habe. Insbesondere ermahnte er ihn, dem
Munitionsschmuggel energisch entgegenzutreten
Am Nosob ist Friede und Ruhe völlig wieder
hergestellt. Der deutsche Einfluß kann nunmehr auch
im Osten des Hererolandes als gesichert angesehen
werden. Hierzu wird der Zug des Majors Leut-
wein nach Gobabis das Weitere beitragen. Er
beabsichtigte am 22. Mai nachmittags von Olyinoa=
nana aufzubrechen, während Assessor v. Lindequist
bereits morgens mit dem einen Geschütz nach Wind-
hoek zuräckritt.
Ueber seine Reise nach dem Osten des Schutzgebietes
berichtet der Landeshauptmann aus Aais unter dem
14. Juni d. Is. Folgendes:
Der Häuptling Nicodemus, welchen der Ober-
häuptling Samuel unter meiner Zustimmung zu seinem
Stellvertreter im Osten ernannt hat, hat mich wäh-
rend des ganzen Zuges bis hierher begleitet, und
werde ich mit ihm hier noch einen besonderen Ver-
trag abschließen. Die Stimmung unter den Hereros
habe ich überall als eine recht gute gefunden, nur
drängen sie, wie im Westen so auch im Osten, immer
wieder über ihre Grenze vor und ruiniren mit ihren
hewaltigen Viehherden Wasser und Weide. Diesem
Uebelstande gründlich abzuhelfen, wird noch einer
schweren Arbeil bedürfen. Als ersten Schritt hierzu
habe ich an Stelle der bisherigen Station Aais den
Distrikt Gobabis gegründet und sonach einerseits Hand
auf den letztgenannten wichtigen Platz gelegt, anderer-
seits den Schwerpunkt unserer militärischen Macht-
entfaltung im Osten mehr nach dem Norden ver-
schoben, das heißt von den Khauas-Hottentotten zu
den Hereros. Die Distriktsbesatzung ist stark: 1 Offi=
zier (Sekondlieutenant Lampe), 4 Unteroffiziere,
30 Reiter und 1 Geschütz.
Die Khauas-Hottentotten scheinen sich allmählich
aufzulösen. Während mir Premierlieutenant v. Burgs-
dorff aus Gibeon meldet, daß sie von Goamus ver-
schwunden seien, habe ich jetzt auf meiner Reise mit
einem Theil östlich Gobabis Fühlung bekommen; doch
sind sic bei meiner Annäherung geflüchtet. Ein zweiter
Haufen sitzt wieder im Nosobthal, und hat sich der
Führer bereits bei Lieutenant Lampe gemeldet und
seine Loyalität versichert. Der Rest des Stammes
ist verschwunden, während der Kapitän selbst sich in
Gibeon befindet. Die Schuld an dieser Zersplitterung
trägt vor Allem die Energielosigkeit des LetOteren,
die er bereits bei den Verhandlungen in Gokhas
darzuthun die Gelegenheit hatte. Nachdem er
auf meine Aufforderung sich auf den Weg von
Bersaba nach Gokhas gemacht hatte, bekam er es
unterwegs mit der Angst zu thun und verkroch sich
in einen Pontok in Gibeon, von wo er erst mit
Hülfe Witboois wieder hervorgezogen und in seine
Kapitänschaft eingesetzt worden ist. Die Hauptver-
handlungen hatten indessen ohne ihn stattfinden müssen.
Es wird daher kein Unglück sein, wenn dieser Stamm
ganz verschwindet, nur muß ich, um die Bildung von
Näuberbanden zu verhüten, darauf bedacht sein, daß
die einzelnen Haufen sich entweder in eine andere
Kapitänschaft einsügen, oder sich an eine Militär-
station angliedern. Ich werde die Distriktschefs von
Gobabis und Gibeon entsprechend bescheiden.
Im Uebrigen habe ich den Werth des den Khauas-
Hottentotten abgenommenen Landes auf meiner jehigen
Reise erst recht schätzen gelernt. Bei der Anschauungs-
weise der Hottentotten ist dasselbe nunmehr unser
unbestrittener Besitz, weil von dem Stamm durch
seine sluchtartige Räumung im Januar d. Is. als
aufgegeben zu betrachten, was ich dem Lehteren in
Gokhas in Gegenwart der beiden anderen Kapitäne
mitgetheilt habe.
In dem neuen Distrikt Gobabis führen zwei
Karawanenwege nach der Kalahari, auf welchen bis-
her ein lebhafter Munitionsschmuggel betrieben worden
isl. Auf dem nördlichen habe ich jetzt in Olifants-
kloof, östlich Gobabis, selbst eine Militärstation ge-
gründet, die Gründung einer solchen auf dem süd-
lichen (Straße Hoagonsgeis — Hoguis) dem Distriktschef
überlassend. Ich habe den genannten Ort gewählt,
weil er nach einer langen Durststrecke die erste
Wasserstelle bietet und daher schwer zu umgehen ist.
Von hier aus lasse ich vorläufig nach Rietfontein
vorfühlen und beabsichtige, vielleicht später die Sta-
tion bis dorthin vorzuschieben. Von letztgenanntem
Platze aus soll auch nach dem Hererolande ge-
schmuggelt werden.
Von hier aus werde ich morgen den Rückweg
nach Windhoek antreten und noch unterwegs die
Station Seeis gründen, welche dem steten Vor-