Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

in kleinem Maßstabe, so doch in gutem Verhältniß 
von der katholischen Mission bei Bagamoyo mit 
Vanille erzielt werden. 
Von dem Endpunkt der Bahnlinie reiste ich über 
die der Church Mission Soc. gehörige Missions- 
station Magila, deren große im Laufe fast dreier 
Jahrzehnte entstandene Steinbauten und Aulagen 
bekannt sind. 
Dann begab ich mich nach dem Gebirgsstock von 
Ostusambara, um dort die größeren Pflanzungen 
kennen zu lernen. Eine anerkennenswerthe Arbeit 
fand ich in der die steilen Ostabhänge des Gebirges 
überwindenden Weganlage der Plantagen Derema 
und Nguelo. Interessant war mir der Gebirgs- 
urwald, den ich an diesen Hängen passirte und der 
in großer Pracht und Ueppigkeit das ganze Handei- 
gebirge bedeckt. Derselbe unterscheidet sich auffallend 
von den großen Galecrieurwäldern und den großen 
zusammenhängenden Landurwäldern im Kongobecken. 
Man findet hier keine derartigen Waldgiganten wie 
dort. Ich möchte diese Wälder hochwaldähnliche 
Urwälder nennen. Es besteht keine große Arten- 
verschiedenheit in den Bäumen. Ungefähr sechs 
Baumarten machen den Bestand im großen Ganzen 
aus, von denen die Hälfte eine weiche und wenig 
brauchbare Holzbeschaffenheit aufweisen, während die 
anderen sehr schöne gelbe, braune und röthliche Hart- 
hölzer sind. Der Bestand der Bäume, selbst der 
recht hohen, ist bei Weitem dichter als in den west- 
lichen Urwäldern. Der Baumstamm hat durchschnitt- 
lich 50 cm Durchmesser, 26 m Höhe, wovon nur 
4 bis 5 m auf die Krone und der Rest auf einen 
schönen geraden Stamm fallen. Lianenbildungen 
sind ebensalls geringer als in den großen Urwäldern 
des Kongo und auch an Ausbildung schwächer. 
Trotz der größeren Anzahl hochstämmiger Bäume 
sind die Wälder lichter. Sie haben nicht das Halb- 
dunkel jener Urwälder, es treten infolgedessen stellen- 
weise im Walde Gräser auf, die man dort niemals 
findet. Niederurwaldgewächse wie Farne und 
Amomum, schmarotzende Orchideen u. s. w. sind auch 
wie dort vertreten; es kommt dazu als Pflanze aller 
afrikanischen Gebirgswaldungen der Bambus. Die 
Usambara-Urwälder erinnerten mich mehr an die 
Wälder der Südabhänge des Himalaya als an irgend 
welche afrikanische Urwälder. Auffallend ist, daß in 
dem ganzen Waldgebirge von Westusambara kein 
schwarzer Humus zu finden ist, selbst an Stellen, 
die keine starken Hänge aufweisen, selbst nicht in den 
Niederungen der Wasserläufe. Es ist dies durchaus 
von keinem Einfluß auf die Fruchtbarkeit, denn die 
Bodenuntersuchungen und die Beobachtungen aller 
Pflanzer haben ergeben, daß der Reichthum des 
Bodens durchaus jeder auch noch so anspruchsvollen 
Tropenpflanze genügt. Der Boden ist überall ein 
sast gleichmäßig rother, stark eisenhaltiger, fetter. 
Ich habe keine Veranlassung gehabt, rücksichts- 
loses Wegschlagen des Waldes zu beklagen; wenn 
auch hier und da speziell in der allerersten Zeit der 
  
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Rodung etwas ratkioneller hätte verfahren werden 
können, so sind sich die Pflanzer doch der Wichtig- 
keit des Stehenlassens von Waldschuß so bewußt, 
daß Befürchtungen, wie ich sie in Deutschland aus- 
sprechen hörte, unberechligt erscheinen. Immerhin 
werde ich demnächst eine Sicherheit für später zu 
schaffen versuchen, indem ich anordnen werde, daß 
die Kämme der Bergrücken bis zu einem gewissen 
Grade, daß Hänge über einen gewissen Winkel hin- 
aus nicht abgeholzt werden dürfen, und daß in den 
Thalniederungen Waldgürtel in gewissen Entsfernungen 
voneinander, senkrecht zur Thallinie stehen gelassen 
werden, erstere beide Anordnungen zur Erhaltung 
der nölhigen Feuchtigkeit, letztere hauptsächlich zum 
Schutz gegen Winde. Es hat sich herausgestellt, 
daß, wo man der Bequemlichleit wegen größere 
Bäume in dem zu bepflanzenden Gebiet stehen ge- 
lassen hat, man doch bald gezwungen wurde, die- 
selben zu werfen. Die hochstämmigen schlanken 
Bäume jener Wälder sind auf gegenseitigen Schutz 
angewiesen; sobald sie des Schutzes ihrer Nachbarn 
beraubt sind, nimmt zunächst der Stamm mehr und 
mehr eine weiße Färbung an, beginnt im zweiten 
Jahre schon zu kränkeln und ist im dritten oder 
vierten Jahre todt. Die vereinigte Wirkung der 
Termiten und der Stürme wersen bald den schutz- 
losen Stamm und richten großen Schaden in den 
unter ihm stehenden Pflanzen an. 
Auf der vorher schon erwähnten Kunststraße 
stiegen wir bis zur Höhe von 1000 m zunächst zu 
der der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft gehörigen 
Pflanzung Derema an. Unterwegs begegnete uns 
eine abwechselnd von sechs Negern in einer Hänge- 
matte nach Tanga transportirte kranke Javanin, die 
von ihrem Manne zum Anzt begleitet wurde, ein 
Zeichen, daß die Behandlung der Kulis gewiß nicht 
als einc rücksichtslose zu bezeichnen ist. 
In den beiden großen Pflanzungen Derema und 
Nguelo, die fast ausschließlich Kaffee bauen, hielt ich 
mich einige Tage auf und gewann vor Allem die 
Ueberzeugung, daß die Gefahr der Hemileia für jene 
Pflanzungen durchaus keine breunende ist. Da meines 
Wissens nur in Mexiko bisher jene Krankheit nicht 
ausgetreten ist, dieselbe somit ein Umstand ist, der 
ziemlich gleichmäßig die Kasseeproduktion auf der 
Welt beeinflußt, so wird dadurch die Konkurrenz- 
sähigkeit des ostafrikanischen Kaffees, wenn die Hemi- 
leia nicht stärker austritt als bisher — was nicht 
anzunehmen ist —, nicht beeinträchtigt. In Derema 
lagen gegen 200, in Nguelo 400 Centner zum 
Transport nach der Küste, auf das Eintreten der 
Trockenzeit wartend, bereit. 
Es ist in den Fachblättern eingehend über diese 
Pflanzungen gesprochen worden; es ist allgemein be- 
lannt, wie dieselben, wie überall in der Welt, sich 
erst ihre Erfahrungen haben kaufen müssen; ich 
möchte nur, nachdem ich in vielen anderen tropischen 
Gegenden Pflanzungen gesehen habec, meine Ansicht 
dahin aussprechen, daß wenigstens die älteren Pflau-
	        
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