Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

und Ostafrika-Esel nicht nur zum Reiten, sondern 
auch zur Arbeit sehr wohl brauchbar ist. Er hat 
einige 70 Arbeitsesel, die ihm alle zur Erzielung 
dieser Kreuzung verhelsen. Ebenso ist es ihm ge- 
lungen, das eingeborene Vieh, wie er behauptet, 
mindestens ebenso gut zur Arbeit mit dem Pfluge 
und zum Ziehen im Karren abzurichten, als dies 
mit indischem Vieh geschieht. 
Von Pangani ging ich nach Kipumbwe, durch 
seine an einem hafenähnlichen Creek günstige und 
versteckte Lage früher einer der thätigsten Sklaven- 
ausfuhrorte, da ich Nachricht erhalten hatte, daß doch 
noch hier und da ein trunken gemachter Neger oder 
ein an der Karawanenstraße aufgegriffenes Kind bei 
Nachtzeit in kleinen Auslegern nach Pemba hinüber- 
gebracht werde. Ich hosse, daß meine Anwesenheit 
dazu beitragen wird, die Kipumbwelente von der- 
artigen Versuchen abzuhalten, werde aber meine be- 
sondere Aufmerksamkeit diesbezüglich auf Kipumbwe 
richten. 
Dann besuchte ich Mkwadja und Saadani, wo 
ein Zollbeamter als Stationsverweser die alte von 
mir gebaute Boma mit einer Polizeitruppe von 
16 Mann bewohnt, und ging von da nach Baga- 
moyo, wo ich, wie in allen Stationen von dem 
größten Theil der Bevölkerung, Arabern, Indern 
und Eingeborenen, auf das Freundlichste empfangen 
wurde. 
Bagamoyo ist immer noch, was Bevölkerungszahl, 
Ein= und Ausfuhr anbetrifft, der erste Platz unserer 
Küste, wenn auch nicht mehr das, was er zur Zeit 
war, als Dar-es-Saläm noch nicht Hauptstadt war. 
Natürlich ist seitdem an Steinbauten und an Ver- 
schönerung und Ausbau der Stadt Manches ge- 
schehen. 
Wie bei jedem Besuche, so überraschte auch dies- 
mal durch die Vielseitigkeit und praktische Durch- 
führung aller Unternehmungen die dortige Mission 
unter der Leitung des nun bereits 33 Jahre dieses 
segensreiche Unternehmen leitenden Vater Etienne 
Bauer. Die Zahl der Kinder beider Geschlechter 
war groß und damit auch die Möglichkeit oder 
Aussicht auf weitere Unternehmungen nach dem 
Innern zu, die alle von Bagamoyo aus begründet 
werden. Deutsche Chorgesänge von Knaben und 
Mädchen der Station zeigten, wie diese Mission 
auch auf dem Gebiete der deulschen Erziehung ihre 
Verdienste zu beanspruchen hat. 
In Dar-es-Saläm hoffje ich bis Ende des Monats 
die dringlichsten Geschäfte erledigt zu haben, um auch 
den Süden und dessen Entwickelung und Fortschritte 
seit meiner Zeit kennen zu lernen. 
Linderung der Hungersnoth. 
Ueber die zur Linderung der durch Heuschrecken- 
fraß verursachten Hungersnoth im Schutgebiete hat 
der stellvertretende Kaiserliche Gonverneur Folgendes 
berichtet: 
  
481 — 
Ich schicke voraus, daß zur Zeit in dem größten 
Theile der Kolonie die Hungersnoth geschwunden ist, 
da die Heuschreckenplage vorüber und dieses Jahr 
ein ganz außerordentlich fruchtbares ist, so daß die 
meist von den Heuschrecken verschont gebliebene letzte 
Ernte, insbesondere an Mtama (Negerhirse) und 
Mais, einen ganz vorzüglichen Ertrag gegeben hat. 
Daß die Heuschreckengefahr vollständig vorüber sei, 
kann allerdings auch zur Zeit noch nicht behauptet 
werden, da einzelne Landschaften, insbesondere Ugogo, 
die Rufijiniederungen, die der Panganisteppe nord- 
wärts angrenzenden Gebiete noch fortwährend von Heu- 
schrecken in geringem Maße belästigt werden. 
Die Folgen der Hungersnoth werden durch das 
Sinken der Kaufkraft der Bevölkerung, durch die Ver- 
ödung der Karawanenstrasen, durch den gänzlichen 
Fortsall des Reisexports noch lange zu spüren sein. 
Eine andere, aber günstige Folge der Heuschrecken- 
plage ist, daß die Bevölkerung, um sich in ctwas 
gegen die Noth zu sichern, begonnen hat, dem Heu- 
schreckenfraß gar nicht oder wenig unterliegende Nah- 
rungsmittel, wie Kunde, Chirokko, Süßfartoffeln, 
Erdnüsse, in größerem Maßstabe anzubanen. In 
dieser Nichtung hat auch das Gouvernement durch 
unentgeltliche Vertheilung derartiger Saat thunlichst 
eingegriffsen. Eine wirkliche Hungersnoth ist zur Zeit 
nur noch in Ugogo und einem Theile der Rufiji= 
niederung vorhanden. Die Lebensmittelpreise an der 
Küste, insbesondere Reis und Mtama, sind augen- 
blicklich niedriger als je, da hauptsächlich Inderfirmen 
aus Indien und Portugiesisch-Asrika massenhaft Reis 
und Mtama importirt haben. Die nach der Küste 
strömenden Nothleidenden werden durch das Gon- 
vernement, indem ihnen beim Wegebau und land- 
wirthschaftlichen Kulturen Gelegenheit zur Arbeit 
gegeben wird, erhallen. Zu diesem Zwecke sind der 
Bauabtheilung bezw. dem Bezirksamt Dar-es-Saläm 
zum Wegebau in den Bezirken Tanga und Dar-es- 
Saläm, der Abtheilung für Landeskultur und Landes- 
vermessung für die Bezirke Dar-es-Saläm und 
Mohorro, dem Bezirksamt Lindi, dem Bezirksneben- 
amt Mikindani größere Summen zu kulturellen Ver- 
suchen überwiesen worden, welche allmählich zur Ver- 
ausgabung gelangen. 
Dem Lebensmittelmangel im Innern ist dadurch 
abzuhelfen gesucht, daß auf den Stationen, welchen 
die am meisten betroffenen Landstriche unterstehen, 
Kisali, Kilossa, Mpwapwa, größere Verpflegungs- 
magazinc, welche ohne Trägerzuschlag zu Küstenpreisen 
oder ganz unentgeltlich abgaben, angelegt wurden. 
Auch ist hauptsächlich diesen Stationen Saatkorn zur 
unentgeltlichen Vertheilung übersendet worden. Den 
Stationen Kilossa, Mpwapwa, Kilimatinde sind außer- 
dem kürzlich je 3000 Rupien überwiesen worden, 
um sie bei landwirthschaftlichen Versuchen und Stra- 
hheubau als Löhnung in Baar oder in Lebensmitteln 
für Nothleidende zu verausgaben. Ueber Mpwapwa 
hinaus war der hohen Trägerlöhne und der Ver- 
pflegung, welche die Träger selbst während der Reise
	        
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