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mich damals im Reichskommissariat vertretenden
Dr. Schmidt ab, die beide erfolglos zurückkehrten.
Darauf rüstete ich, vom Urlaub hierher zurückgekehrt,
1891 eine Expedition gegen Machemba aus, die ich
selbst zu führen beabsichtigte, aber nicht mehr selbst
zur Ansführung bringen konnte. Auch diese Straf-
expedition, von einem meiner ältesten Offiziere ge-
führt, kehrte ohne nennenswerthen Erfolg zurück.
Seit dieser Zeit sind bis heute mit Machemba frucht-
lose Verhandlungen geführt worden, die den End-
ersolg gehabt haben, daß dieser Häuptling im Be-
wußtsein seiner Sicherheit mit unausgesetzten Räubereien
sortfährt.
Machemba ist der Häuptling eines Stammes,
der zu den Waygo gehört, sich aber von dem Gros
dieser Völkerschaft abgesondert hält. Er hat von
vornherein unsere Oberhoheit nicht anerkannt und
seme Selbständigkeit bis hierher durchgeführt, steht
also bei seinem Widerstande auf einem bis zu einem
gewissen Grade anzuerkennenden Rechtsboden.
Anders liegen die Verhältuisse mit Hassan bin
Omari. Dieser ist lediglich ein Näuberhäuptling, der
Flüchtlinge, besonders entlaufene Sklaven, und Ge-
sindel aller Art um sich geschaart und der in jenen
Gegenden schon anerkannten deutschen Flagge den
Gehorsam verweigert hat. Er hat seine eigene Flagge
gehißt und im Lause der lebten Jahre durch Unter-
werfung der umliegenden Dörfer und Stämme in
einem beträchtlichen Theile jenes Gebietes die deutsche
Flagge durch die seinige ersetzt. Er hat es gewagt,
die starke Besestigung in Kilwa Kiwindie anzugreifen,
und beherrscht noch heutzulage die nächste Umgebung
dieses bedentendsten unserer südlichen Küstenorte der-
artig, daß ohne slarke Bedeckung Niemand sich auch
nur bis auf eine halbe Stunde von der Stadt ent-
fernen kann. Hassan bin Omari hat unseren Küsten-
platz Kiswere, wo wir ein Zollamt haben, übersallen,
niedergebrannt und Waaren im Werthe von 17 000
Rupien geraubt; er hat Kilwa Kisiwani augegrissen,
dort die Zollkasse geplündert und hält auch die dor-
tige Bevölkerung derartig in Schrecken, daß der
größte Theil der Einwohner den Ort verlassen und
sich nach der Insel Masia geflüchtet hat. Der Platz
gewährt jetzt, wie ich selbst zu beobachten Gelegenheit
hatte, einen höchst traurigen Anblick.
Die Verbindung längs der Küste zwischen Kilwa
und Lindi isl durchaus unterbrochen, und es sind
während der Zeit meiner Anwesenheit hier schon
mehrsach Boten abgefangen und erschlagen worden.
Während meiner Inspektionsreise wurden von Arabern,
Indern und Negern überall Klagen über die beiden
erwähnten Nebellen laut. Es ging an der Küste
sogar das Gerücht, Hassan bin Omari wolle mich
bei Besuch der Küstenplätze aufzugreifen versuchen.
Versuche der Herren v. Soden, v. Schele
und v. Trotha, die Verhälmisse friedlich zu
ordnen, wurden zurückgewiesen, so daß weitere
Versuche auf diesem Wege das Gouvernement
in den Augen der eingeborenen Bevölkerung tief
herabselen würden. Auch bin ich der Ueberzeugung,
daß in Deutschland die öffentliche Meinung, wenn
sie auch noch so sehr für friedliche Verhältnisse
plädirt, doch aus einem weiteren Zaudern im ener-
gischen Vorgehen gegen solche unglaublichen Verhält-
nisse der Regierung einen Vorwurf machen würde,
sobald irgend Jemand diese hier allgemein bekannten
Thatsachen dem großen Publikum bekannt geben
würde.
Da sich Hassan und Machemba die Hand gereicht
haben und von Tag zu Tag die Bedeutung dieser
Unruhen zu wachsen droht, so daß die Sicherheit des
ganzen Küstenstrichs, wo gerade jetzt private Unter-
nehmungen im Entstehen begriffen sind, nicht garan-
tirt werden kann; da ferner mit jedem Tage des
Zögerns das Ansehen unserer Flagge leidet, und es
nicht ausgeschlossen ist, daß auch die bedeutenderen
anderen Niederlassungen, wie z. B. Sudi, an unserer
Fähigkeit, Ordnung herzustellen, zu zweifeln beginnen,
wodurch die Bewegung ein noch ernsteres Gepräge
erhalten würde: so halte ich es für unumgänglich
nöthig, dieser Sachlage ein Ende zu machen und
zunächst Hassan bin Omari zu vernichten.
Ich habe den Bitten eines mit uns in Handels-
beziehungen stehenden Großarabers, Abd el Kadr,
Machemba auf friedlichem Wege zur Unterwerfung
zu bringen, nachgegeben, jedoch nur unter der Be-
dingung, daß die Verhandlungen als nicht von mir
angeknüpft geführt werden und die Grundlage eines
Friedens neben ausgiebigen Strafzahlungen und
Stellung von Geiseln nur die bedingungslose Unter-
wersung Machembas bilden könne. Außerdem ist
Machemba mitgetheilt, daß, auch wenn er diese Be-
dingungen eingeht, ein höherer Offizier des Gouver=
nements ihn besuchen wird, um sich von den fried-
lichen Absichten desselben selbst zu überzeugen. Werden
diese Bedingungen von Machemba nicht anerkannt, so
glaube ich doch den Vortheil zu haben, daß durch
die Unterhandlungen Machemba zweifelhaft gemacht
und eine thatkrästige Unterstützung des Hassan bin
Omari seitens desselben beeinträchtigt wird. Außer-
dem wird eine nachdrückliche Bestrafung Hassan bin
Omaris nicht ohne Einfluß auf eine etwaige spätere
Entschließung Machembas sein.
Ich werde zunächst gegen Hassan wegen der
vielen Verbrechen, über welche ich eine aus den ver-
schiedenen Berichten der Stationschefs entnommene
Zusammenstellung in der Anlage beifüge, vorgehen
und auf seinen Kopf eine Summe von 1000 Rupien
aussetzen, ebenso die Häuptlinge mit Strafe bedrohen,
die nicht seine Flagge herunterholen oder ihn gar
unterstützen. Diese Maßnahmen werden, sobald die
ersie Aktion zum Nachtheil Hassan bin Omaris ausfällt,
einen großen Theil seiner Anhänger zum Absall bewegen.
In Kilwa werde ich durch den Kommandeur der
Schutztruppe vier bis fünf Kompagnien zu einem
Expeditionskorps zusammenstellen lassen und die Ex-
pedition gegen Hassan bin Omari in jeder Beziehung
vorbereiten. Ich werde Herrn v. Trotha den