Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

Befehl geben, an der Stelle des Dorfes von Hassan 
eine Station zu bauen, die so stark (etwa zwei Kom- 
pagnien) zu besetzen ist, daß von dort aus die Um- 
gebung mit Erfolg abpatrouillirt werden kann. Nach 
erfolgter Befestigung der Station wird der übrige 
Theil der Truppe — zwei Kompagnien — den 
ganzen Machtbereich Hassan bin Omaris abstreifen, 
um die noch zu ihm haltenden Dörfer und Stämme 
zu ihrer Pflicht gegen uns zurückzuführen. Die 
Station bleibt so lange besetzt, bis der Chef der- 
selben melden kann, daß Hassan oder seine Partei 
vernichtet und deren Einfluß vollkommen aufgehört 
hat. Bei dem sehr schwierigen, mit dichtem Busch 
bestandenen Gelände wird Hassan bin Omari, der 
keinen befestigten Punkt besitzt, einen kleinen Krieg 
führen, der eben nur durch Aufhebung seiner Schlupf- 
winkel, die zum Theil in den jenen Gegenden eigen- 
thümlichen geräumigen Höhlen bestehen, zu Ende 
geführt werden kann. 
Da die günstige Zeit zur Kriegführung in spä- 
testens 1½ Monaten, mit Anfang der Regenzeit, 
vorüber ist, so bitte ich Euere Durchlaucht ganz ge- 
horsamst, mich mit der Erlaubniß) zum Vorgehen 
gegen Hassan bin Omari hochgeneigtest versehen zu 
wollen. Das inzwischen organisirte Expeditionskorps 
wird alsdann noch an demselben Tage von Kilwa 
aufbrechen. Sollte nach erfolgter vollständiger Nieder- 
werfung Hassans Machemba sich noch nicht gefügt 
haben, so würde ich vor weiteren Schritten gegen 
denselben zunächst Euerer Durchlaucht einen bezüg- 
lichen gehorsamen Bericht erstatten. Falls der durch 
seine Spione in Kilwa sehr bald von meiner Absicht 
benachrichtigte Hassan die Initiative ergreifen sollte, 
so würde der Kommandeur der Schutztruppe natürlich 
gezwungen sein, seine Maßnahmen sofort dement- 
sprechend zu ändern. 
Es ist mir sehr leid, daß ich die mich von 
Deutschland herausbegleitenden Hoffnungen auf eine 
friedliche Politik zunächst nicht erfüllen kann, aber 
ich glaube, Euere Durchlaucht werden nach Oben- 
gesagtem und nach Durchsicht der Verzeichnisse über 
die Uebergriffe der genannten Rebellen die Ueber- 
zeugung erhalten, daß längeres Zögern nur die An- 
gelegenheit, deren friedliche Erledigung durchaus 
ausgeschlossen ist, verschlimmern kann. 
Aktenmäßige Zusammenstellung der Ueber- 
griffe des Häuptlings Machemba. 
Machemba, vom Stamme der Wayao, kam vor 
25 bis 30 Jahren mit geringem Anhang aus dem 
Innern, versuchte zunächst in den Matumbibergen 
hinter Kilwa sich anzusiedeln, wurde aber verdrängt 
und kam zu den Wakonde, welche ihm seinen jebigen 
Wohnsicz zur Verfügung stellten. In den ersten 
Jahren lebte er in gutem Einvernehmen mit seinen 
Nachbarn; nach und nach, im Gefühl seiner wachsen- B9- 
l 
*) Die Erlaubniß ist ertheilt. 
  
  
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den Kraft, kam der räuberische und falsche Mjao- 
charakler bei ihm zum Vorschein. Zu ihm geflohene 
Sklaven gab er nicht wieder heraus, raubte und ließ 
seine Leute rauben, wo es ging, und gewährte allem 
von der Küste geflohenen Gesindel Wohnsitz und 
Schutz. Seinen Leuten läßt er volle Freiheit, zu 
rauben und zu stehlen, er selbst erllärt stets, an den 
sortwährenden Uebergriffen seiner Leute unschuldig 
zu sein. 
Seit dem Jahre 1890 siellt Machemba den 
Grundsatz auf: „Ihr Europäer seid Herren der Küste, 
ich bin Herr im Innern, wollt Ihr Frieden mit mir, 
so kommt nicht in mein Gebiet.“ Fremden Kara- 
wanen ist der Durchzug verboten, dieselben müssen 
stets in weitem Bogen um sein Gebict herumgehen. 
Die verfehlte Expedition des Stationschefs 
Schmidt aus Lindi im Jahre 1890, welche durch 
die größere des stellvertretenden Reichskommissars 
Dr. Schmidt nicht wekt gemacht worden ist, sowie 
die Expedition Ramsay gegen Machemba, welch 
lehtere trotz ihrer Stärke wegen Munitionsmangels 
und Terrainschwierigkeiten nur bis Mbindo kam, ist 
bei den Makondes und leider auch bei der ganzen 
Bevölkerung des Südens nur allzu gut im Gedächtniß. 
Dieselben haben den Ruf Machembas außerordentlich 
verbreitet, das Ansehen der deutschen Regierung aber 
sehr geschädigt, da nichts geschehen ist, um die er- 
littene Schlappe wieder wett zu machen. 
Die Friedensvermittelungen und Unterhandlungen, 
die vor Jahren mit Machemba geführt sind, haben 
auch mehr geschadet als genügt. Machembas Ueber- 
muth ist seitdem nur gewachsen. Machemba ging 
nämlich nur dann auf Verhandlungen ein, wenn es 
ihm schlecht ging und er aus Mangel an Lebens- 
mitteln zum Frieden gezwungen war; war er mit 
solchen und mit Pulver hinreichend versorgt, so unt- 
wortete er entweder gar nicht oder in ganz unver- 
schämter Weise. Kaum bringen noch die Eingeborenen 
Klagen über Uebergriffe und Raubzüge des Machemba 
in Lindi und Mikindani vor, da sie der Ansicht sind, 
die Regierung thue doch nichts, um sie gegen jenen 
Näuber zu schützen. Es ist selbstverständlich, daß 
hierdurch auch die gesammten Handelsverhältnisse in 
Mitleidenschaft gezogen werden. 
Charakteristisch für Machembas Auffassung ist ein 
Brief, den er vor ¼ Jahren an das Bezirksamt 
Lindi sandte: „Ich habe zwar gehört, daß Ihr die 
Wahehe geschlagen, das macht aber nichts, ich bin 
viel stärker als die Wahehe. Kommt nur her, ich 
bin bercit.“ 
Die Anzahl der gegen Machemba vorgebrachten 
Klagen ist endlos und eine Aufzählung derselben 
würde zu weit führen. Dabei muß man noch be- 
rücksichtigen, daß nur ein kleiner Theil seiner Ueber- 
griffe zur Kenntniß der Behörden gelangt. 
Allein im Laufe des lehten Monats sind von 
dachemba geraubt worden: 
Am 2. September in Perchinga, 4 Stunden von Lindi, 
2 Männer, 1 Weib,
	        
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