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Zur Ausführung konnte ich von den Soldaten
selten 40, meist weniger stellen; denn soweit sie nicht
krank oder zum inneren Lagerdienst benöthigt waren,
mußten sie zu vielfachen Zügen verwendet werden,
durch welche das umliegende Land im oben genannten
Sinne erforscht und politisch in Napport zur Station
gebracht wurde. Die erheblichen geographischen und
topographischen Ergebnisse vieler dieser Züge sind
von dem zu diesem Zweck meist dispensirten Lieute-
nant Engelhardt in ausgedehnter Weise karto-
graphisch fixirt worden.
Um die nöthigen Arbeitskräfte zu beschaffen, ent-
schloß ich mich daher, einem mündlichen Befehle des
Gouverneurs folgend, die Wagogo zur Arbeitsleistung
zu veranlassen. Der Erfolg meiner diesbezüglichen
Schritte war schließlich, daß Kilimatinde und Muha-
lala Tagarbeiter zum Bau, Ujansi (Wamba) und
Unjangwira (Kussenta) Träger, Saranda, das über
vorzügliches Holz verfügt, Holz lieferte. Die ent-
fernteren Gebiete, Ikassi, Mdaburn, Konko, Useke
u. s. w., sollen je nach Stärke ihrer Bevölkerung ab-
wechselnd Arbeiter stellen auf eventuell je drei Mo-
nate gegen Verpflegung und möglichen Bakschisch.
So war ich in der Lage, dem Bauleiter Gerlach
etwa 100 Tagarbeiter zu liefern nebst den etwa
60 Arbeiterinnen (Wahehe) und den jedesmal ab-
kömmlichen Soldaten. Am 15. Februar begannen
die Arbeiten an der provisorischen Station.
Am 6. Mai waren sie trotz der vielen Störungen
durch Feiertage und Regen so weit fertig, daß der
Umzug aus dem Zeltlager erfolgen konnte.
Während Lieutenant Engelhardt nach Konko
ging, um die Reihe der Arbeiteraushebungen daselbst
zu beginnen, verging der Rest des Monats an der
inneren Einrichtung der „provisorischen“ und Tracen=
aushebung der „definitiven“ Station, die 300 m
links, südwestlich geplant war. Ende des Monakts
trafen die Konkolente ein. Die Leute von Kilima-
tinde, die sich durch Brapheit und Fleiß ein Aus-
spannen von der Arbeit redlich verdient hatten,
wurden nun entlassen und der eigentliche Bau be-
gaun für alle Betheiligten unter behaglichen und
jedenfalls erreichbar gesündesten Verhältnissen.
Die Räume der vorläufigen Station sind auf
blankem Granit errichtet, sind geräumig und hoch,
und die bei den Wohnungen nur 40 cm dicken
Granitwände sind gut ausgetrocknet. 4 bis 5 Fenster
lassen Licht und Luft in ergiebigster Weise herein-
strömen, und eine Zeugdecke mit bedeutendem Luft-
abstand, unter dem erhöhten Wellblechdach geführt,
gewährt kühlen Aufenthalt auch zur heißesten Tages-
zeit. Der — nach Ansicht des Bauleiters — vor-
zügliche Kalk ist der vermehrten Arbeit wegen nicht
im Mörtel verwendet, sondern lediglich in gestampfter
Form als oberste Schicht der mit Stein und Erde
um 30 cm erhöhten Fußböden. Diese machen durch-
aus den Eindruck gut gerathener Cementfußböden,
bieten wohl die denkbarste Gewähr — nach dieser
einen Seite hin — für Gesundheit und erregen das
Staunen der Araber und Inder, die Kilimatinde
seit Jahrzehnten kennen, ohne seinen Kalkreichthum —
von Lieutenant Charisius, an drei Stellen zu Tage
tretend, 250 m von der Baustelle entdeckt — ge-
ahnt zu haben. Wände sind alle getüncht.
In luftiger Höhe erhebt sich unter dichtem Stroh-
dach die Offiziersmesse und gewährt einen Rundblick
Tagemärsche weit ins Land, wie er außer etwa am
Kilimandjaro bei keiner Station zu finden ist. Zu
einer Unteroffizierwohnung ist auch die aus Tabora
gelieferte Döckersche Baracke verwendet, die auf meter-
hohen Mauerpfeilern über granimem Grunde liegt
und von der unten durchströmenden Luftschicht gekühlt
wird; dasselbe ist oben der Fall, wo über die
Barackendecke ein dickes Strohdach gezogen ist, ähn-
lich ist die daran gebaute Unteroffiziersmesse. Nach
unser Aller Ansicht ist dies die gesündeste Wohnung
am Ort.
Die Magazine sind mit 60 em-Mauern versehen,
da sie größerem Drucke ausgesetzt sind. Das Ganze
ist so haltbar gebaut, daß die Wellblechdächer durch
Stroh ersetzt werden können und die Gebäude viele
Jahre halten müssen. Kalkbewurf wird in der Regen-
zeit wünschenswerth sein. Bei dem Mittelbau ist
wegen Feuersgefahr Tembendach zukünftig in Aussicht
genommen. Sie werden als Lazareth-, Oekonomie-
oder Polizeigebäude später dienen können; auch die
Möglichkeit einer Verpachtung an Griechen, Inder
oder europäische Kleinhändler ist im Auge behalten
worden.
Nördlich schlietten sich die Kasernen an, und weiter
hin in geschützter Lage jenseits des Kammes der
Terrainwelle, auf der die Station steht, das ange-
fangene Negerdorf. Arbeiter, Arbeiterinnen, Post-
und Schauriboten sowie allerlei hinzugelaufenes Volk
bevölkert dasselbe, ja hat es sogar zumeist gebaut,
es ist der Anfang zur nöthigen Besiedelung.
Das Ganze liegt nach Höhenmessung des Liente-
nants Engelhardt etwa 180 m über der darunter
sich ausbreitenden vielleicht 80 km durchmessenden,
tiesplatten Ebene von Unjanwira.
In der Mulde, wo das Grundwasser dicht unter
der Erdoberfläche steht und den guien Boden feucht
erhält, sind die Gärten angelegt unter Aegide des
Arztes Dr. Berg. Viele europäische Gemüse gedeihen
recht gut; einige, vor allen Dingen Kohl, sind nicht
gekommen, und wir sind uns nicht darüber im Klaren,
ob dies dem Boden, der Pflanzweise oder dem etwa
mangelhaften Samen zuzuschreiben isl. Aus Kondoa,
Irangi, Ussandaui, Tabora eingeführte Bananen,
Ananas, Papaya, Tope-Tope wachsen gut, auch einige
Mangos und etwas Zuckerrohr. Wenn Kokosnüsse
per Karawane — etwa eine auf jede leichtere Last
extra draufgebunden — herauf kämen, würden sie,
gepflanzt, gedeihen. Die Maisschamben der Station
haben wenig Ertrag gehabt, wohl wegen Qualität
des Samens und vorgerückter Jahreszeit, das Erzielte
versprach aber für die nächste Regenzeit guten Erfolg.
Erdbohnen haben reich getragen — ctwa 60 bis