Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

— 
oder weniger steil abfallend nach allen Seiten, war 
auch sie dicht mit Busch besetzt und eine Orientirung 
immer nur durch Europäerpatronillen möglich. Diese 
brachten bald die Meldung, daß sich der Mawudji- 
fluß südlich des Rückens hindurchzöge und daß sich 
jenseits des Flusses eine mit größeren Häusern und von 
Eingeborenen besetzte Höhe zeige. Um endlich Füh- 
lung mit dem Feinde zu bekommen, ging ich sofort 
100 
mit den drei vorhandenen Kompagnien unter Zurück- 
lassung eines Zuges als Anhalt für die nachfolgende 
9. Kompagnie über den Mawudji. Die an 
Spitze marschirende Kompagnic verjagte nach kurzem 
Feuergefecht die Eingeborenen, und als ich, um mich 
zu orientiren, mit dem Führer eine neue Höhe er- 
stiegen hatte, zeigte er mir etwa 700 m vor mir 
eine langgestreckte, steil abfallende Felswand mit dem 
Bemerken, dies sei die Rückseite von Hassans Haupt- 
höhle, während der Eingang sich auf der anderen 
Seite befände. 
Die Felswand machte den Eindruck übereinander- 
liegender, terrassenähnlicher Gänge, von irgend einer 
Bewegung in oder bei ihm war jedoch nichts zu 
sehen. Für diesen Tag war ein weiteres Vorwärts- 
schreiten ausgeschlossen. Ich schaffte die Geschütze 
ebenfalls auf die Höhe und beschoß, während das 
Lager dortselbst eingerichtet wurde, die Felswand mit 
Granaten, von denen schon der dritte Schuß in die 
Höhle hineinging und dort krepirte. Auch jetzt zeigte 
sich keinerlei Bewegung, weshalb ich das Feuer ein- 
stellte. Meine Stellung wurde zwar auf drei Seiten 
von anderen Höhen bedeutend überragt, es war aber 
wegen der geringen Tragfähigkeit der Gewehre der 
Eingeborenen keine Gefahr vorhanden, dort zu lagern. 
Am 6. früh 6 Uhr brach ich mit der 9., 8. und 
3. Kompagnie wiederum auf, um die gestern zuerst 
besetzte Höhe wieder zu ersteigen, den Eingang von 
Hassans Höhle zu suchen und eventuell zu erzwingen. 
Beim gesuchten Ziele angelangt, bot sich der An- 
blick eines breiten in zwei Spitzen nach dem Mawudji 
herabfallenden Thales, dessen Sohle gänzlich unpassir- 
bar schien. Ich entsandte zwei stärkere Patrouillen 
in dasselbe und die 9. Kompagnie im Flußthal ab- 
wärts, um beide Wege zu erkunden und Klarheit in 
die Situation zu schaffen. Gegen 10 Uhr begann 
ein ziemlich heftiges Feuergefecht, dessen Ursprung 
anfänglich, der Brechung des Schalls wegen, nicht 
recht erkannt werden konnte. Ich war zunächst der 
Meinung, daß es von den beiden in das Thal ent- 
sandten Patrouillen geführt würde, es stellte sich 
jedoch nach Rückkehr beider Patrouillen heraus, daß 
dies nicht der Fall gewesen war. Die Spitze der 
im Flußthal vorgehenden 9. Kompagnie hatte vielmehr 
irrthümlicherweise, den Weg am Fluß verlassend, 
eine falsche Richtung genommen und sah sich sofort 
von der jenseits des Flusses liegenden Höhe, die von 
Eingeborenen besetzt war, in ein lebhaftes Feuer- 
gesecht verwickelt. Der Kompagnieführer Ramsay 
solgte seiner Spihe nicht, sondern ging lautlos im 
Flußthal vorwärts, kam den schießenden Eingeborenen 
der 
das Thal geschickten Patrouillen die Gewißheit be- 
  
– 
in die linke Flanke und trieb sie, selbst die Höhe 
ersteigend, in nördlicher Richtung zurück. 
Die Situation war, wie sich nachher herausstellte, 
folgende gewesen: Hassan mit allen seinen Anhängern 
war am Morgen des 5. noch in Kitumbini gewesen, 
hatte sich auf die Meldung meines Anmarsches in 
seine Haupthöhle zurückgezogen, war aus ihr durch 
mein Geschützfeuer aufgestört worden und noch in 
derselben Nacht über den Fluß in nördlicher Richtung 
ausgewichen. Dort hatte ihn die 9. Kompagnie ge- 
faßt und zurückgeworsen. Sobald ich durch die in 
kommen hatte, daß es passirbar und vom Feinde 
gänzlich frei sei, beschloß ich, der 9. Kompagnie im 
Flußthal mit dem ganzen Detachement zu folgen, 
zog die im Lager zur Bedeckung der Lasten zurück- 
gelassene 6. Kompagnie heran und marschirte durch 
das romantische, an manchen Stellen nur 3 m breite 
und auf beiden Seiten von über 100 m hohen Fels- 
wänden eingeschlossene Mawudjithal der 9. Kom- 
pagnie nach. Ich fand sie gegen 5 Uhr am Aus- 
tritt des Mawudji in die Ebene und erhielt durch 
sie die Nachricht, daß der Feind unter Zurücklassung 
mehrerer Todter, und von der Kompagnie über eine 
Stunde lang verfolgt, in nördlicher Richtung aus- 
gewichen sei. Das Lager am 6. wurde an dieser 
Stelle des Flußaustritts bezogen. 
Am 7. früh ging die 9. Kompagnie in einem 
Gewaltmarsch nach Kilwa, um neue Verpflegung 
heranzuschaffen und im Tiefland einen Zwischenposten 
zu errichten, der es abstreifen sollte. Die Tage bis 
zum 9. gingen mit der Befestigung des Lagers und 
Erkundungen nach allen Richtungen hin. Bei den 
letzteren wurde Kitumbini, die Residenz Hassans, 
welche aus mehreren im Busch versteckt liegenden 
Dörfern bestand, niedergebrannt, mehrere Höhlen 
entdeckt und durchsucht und darin zahlreiches Haus- 
geräth und verschiedene Kisten mit Briefen gefunden, 
welche später das Material zu dem in Kilwa ge- 
führten Prozesse lieferten. Am 9. hingen die 
8. und die 3. Kompagnie, beide aus dem Reste der 
Verpflegung für einige Tage ausgerüstet, erstere nach 
Kiswere, letztere den Mawudji hinauf, beide mit dem 
gleichen Auftrage, festzustellen, wohin Hassan ent- 
wichen, und seine Anhänger zu bestrafen. Am 10. 
traf die neue Verpflegung aus Kilwa ein und die 
Meldung der 9. Kompagnic, daß sie am unteren 
Mawudji das befohlene Lager bezogen habe. Die 
6. Kompagnie, welche ich nach den Direktiven des 
Gouverneurs auf längere Zeit in der aufrührerischen 
Gegend belassen wollte, begann ihre Boma auf einem 
Höhenrücken über dem Mawudjithal zu bauen, da 
das alte Lager am Fluß mir gesundheitsgefährlich 
erschien. Am 12. kehrte die 3. Kompagnie von ihrer 
Expedition den Mawudji hinauf zurück und brachte 
Wangindoleute mit, welche behaupteten, Hassan säße 
in Luawa, in der Richtung auf Kiswere. Am 13. 
ging die Meldung der 8. Kompagnie ein, daß sie 
Kiswere erreicht habe und auf einem anderen Wege
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.