Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

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Marlhall-Inseln. 
Neise des Landeshauptmanns. 
Ueber eine an Bord S. M. S. „Falke“ in der 
Zeit vom 25. November bis 12. Dezember 1895 aus- 
geführte Rundreise berichtet der Kaiserliche Landes- 
hauptmann für das Schutzgebiet der Marshall-Inseln 
r. Irmer, wie folgt: 
Ich hatte auf der Rundreise Gelegenheit, die 
Inseln Medjit, Gaspa-Riko, die Browninseln sowie 
die zu den Karolinen gehörigen Inseln Ponape 
und Kussaie zu besuchen. 
Am 27. November wurde Likieb angelaufen, um 
dort nähere Erkundigungen über die Lage und Be- 
schaffenheit des Atolls von Gaspa-Riko einzuziehen. 
Am folgenden Tage trafen wir in Medjit ein. Da 
keine Lagune vorhanden ist, so ist der Zugang durch 
die Brandung und über das Riff ziemlich beschwerlich. 
Die mir in Jaluit zugegangenen Klagen über die 
Unbotmäßigkeit der Eingeborenen ergaben sich als 
sehr übertrieben. Der Häuptling scheint allerdings. 
nicht gerade besonders große Energie seinen Leuten 
gegenüber zu entwickeln, auch bisweilen ungerecht zu 
sein. Die bisherigen Streitigkeiten sind nunmehr in 
Ordnung gebracht und hoffe ich, daß damit die 
Klagen aus Medjit ihr Ende erreicht haben. Schr 
erfreut war ich, von allen Seiten zu hören, daß sich 
der dortige Missionar stets die größte Mühe zur 
Beilegung der Streitigkeiten gegeben und selbst in 
der Kirche nicht unterlassen hat, die Leute zum Ge- 
horsam gegen die Kaiserliche Verwaltung und den 
Häuptling zu ermahnen. Freitag, den 29. November, 
wurde die unbewohnte Insel Bikar passirt und Sonn- 
abend, den 30. November, morgens, kam die Insel 
Gaspa-Riko in Sicht. Die Inselgruppe gewährt schon 
von Weitem durch die blanc, weit vorgelagerte Lagune, 
in die nur eine schmale, sehr reißende Bootspassage 
führt, einen höchst eigenartigen Eindruck. Die Inseln 
sind wohl drei= bis viermal so hoch und sechsmal 
so breit als. Jaluit, mit dichtem Unterholz und meh- 
reren Metern tiefer Guanoerde bedeckt. Von dem 
vorgefundenen Guano habe ich eine Kiste voll der 
Hauptagentur der Jaluit-Gesellschaft zur weiteren 
Untersuchung gegeben. Ueberraschend war die ge- 
waltige Menge vieler Arten großer Seevögel, von 
denen vier bis fünf oft auf einem einzigen Busche 
brüteten. Es sind dies meist riesige Fregattvögel, 
votsmänner, Möwen verschiedenster Arten, auch eine 
Art von Trappe ist bemerkt worden. Die Vügel 
verließen bei unserer Annäherung keineswegs ihre 
Nester, so daß man Gelegenheit hatte, sie genau zu 
betrachten. Merkwürdigerweise fand sich in jedem 
Neste, die sich sehr oft auch auf bloßer Erde be- 
fanden, nur ein Ei. Bei der ungeheueren Menge 
von Vögeln dürfte die Hauptagentur der Jaluit- 
Gesellschaft vielleicht eine Gewinnung von Flaum- 
  
genannt, zeigen die Browninseln eine außerordentliche 
Dürftigkeit, hohe Sanddünen führen hinauf und nur 
vereinzelt findet man Kokosnußbäume. Das Land 
erscheint nur für sie anbaufähig. Ungehenere Schaaren 
von Ratten, die in ganzen Rudeln bei den wenigen 
Häusern herumlaufen, stellen vorläufig auch das in 
Frage; nur etwa 60 Eingeborene bewohnen die Insel. 
Sie verfügen weder über Federvieh noch Schweinc. 
Ich habe deshalb einige Schweine dort eingeführt. 
Die weitere Fahrt richtete sich an Ujelang vor- 
bei, das nicht angelaufen wurde, zunächst nach Ponape, 
wo ich von dem spanischen Gouverneur mit aus- 
gezeichneter Zuvorkommenheit aufgenommen wurde. 
Am Sonnabend, den 7. Dezember, vormittags 
11 Uhr, wurde der Hafen von Ponape verlassen und 
um Mitternacht des folgenden Tages kam Kussaie 
in Sicht. Am anderen Morgen um 7 Uhr ging 
S. M. S. „Falke“ im größeren östlichen Hafen 
(Chabrollhasen) zu Anker. Derselbe macht, wenn 
man von der tropischen Vegcetation absieht, mit seinen 
zackigen Bergen und tiefgrünen Gründen fast völlig 
den Eindruck eines oberitalienischen Bergsees. An 
malerischem Reiz und landschaftlicher Schönheit weicht 
Kussaie kaum einem mir bekannten Orte. Die dor- 
tigen Einwohner besitzen einen weit höheren Grad 
von äußerlicher Kultur als die in Ponape und Jaluit. 
Man darf dies wohl mit Recht auf das Einwirken 
der amerikanischen Mission zurückführen. Die aus- 
gedehnten Gebäulichkeiten der amerikanischen Mission 
sind in einer Bucht des westlichen (Coquille-) Hafens 
erbaut. Für größere Seeschiffe ist der Eingang zu 
demselben zu eng, und um dorthin zu gelangen, war 
ein etwa fünfstündiger Marsch auf dem Riff, unter- 
brochen von Kanufahrten durch die vorgelagerten 
weiten und höchst malerischen Mangrovesümpfe noth- 
wendig. Trotdem fast die ganze Westseite der Insel 
mit einem breiten Gürtel dieser gefährlichen Tropen- 
moore bedeckt ist, kommt Fieber verhältnißmäßig 
selten vor. Freilich vermeidet der dort wohnende 
Europäer auch gern den Besuch derselben. Die 
Lage der Mission mit ihren vielen, auf den sauft 
ansteigenden grünen Bergen zerstreuten geschmackvollen 
Häusern ist eine sehr anmuthige. Auf dem ersten 
Bergrücken, zu dem mehrere sauber gepflegte Stein- 
und Sandwege führen, liegt das Wohnhaus des 
Leiters der Mission Dr. Rife und die Wirthschasts- 
gebäude, darüber die Schlafräume der männlichen 
Zöglinge, auf dem Kamme das Haus für die Leh- 
rerinnen und ihre weiblichen Pflegebefohlenen. Da- 
hinter dehnt sich ein steiler, fruchtbarer Grund aus, 
aus dem das Geläut der Rinderherde der Mission 
herauftönt. Dahinter steigen dann schroff und steil 
die dichtbewaldeten Höhenzüge der inneren Insel auf- 
Auf halber Höhe des Berges auf der anderen Seite 
liegt die Mission für die Gilbert-Inseln. Alle diese 
Gebäude sind untereinander durch Telephonleitung 
federn in Betracht ziehen. Der Atoll besteht aus verbunden und überraschen durch ihre zweckmäßige, 
vier größeren und mehreren kleinen Inseln. 
Im 
solide und doch luftige Bauart und peinliche Sauber- 
Gegensat zu Gaspa-Rito, in der Ursprache Bockar keit der umgebenden Rasenfläche, Baumgruppe und
	        
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