— 197 —
aber die Schnelligkeit der Reise vielfach erheblich beeinträchtigt, zumal die Mehrzahl der hiesigen Pferde
sich als Handpferd nicht führen lassen will. Bei der Postbeförderung zu Pferde würde somit ebenfalls
lediglich die Briefpost in Frage kommen. Dabei ist indeß weiter zu berücksichtigen, daß in der Zeit von
Dezember bis Mai die Pferde häufig mitten auf der Landstraße matt werden und krepiren, ohne daß auf
Meilen in der Runde Ersatz zu erlangen ist; es erscheint daher bedenklich, in jener Zeit einen Anschluß
an den Postdampfer mittels Reitpost zu unterhalten. Auch Reitochsen sind für Postbeförderungszwecke
wenig geeignet. Sie sind zwar bei meist flotter Gangart fähig, größere Lasten zu tragen; ihre Ver-
wendbarkeit wird aber dadurch beeinträchtigt, daß sie nicht zum Weitergehen zu bewegen sind, wemn sich
ihnen am Wege eine gute Weide bietet. Anders verhält es sich mit den Zugochsen, welche in Trupps zu
weiden pflegen und sich gemeinschaftlich leichter einfangen und in ihr Joch treiben lassen. Die aus Teneriffa
eingeführten Kameele endlich waren zur Ueberwindung großer Sand= und Durststrecken, wie sie der
Bayweg bietet, nicht widerstandsfähig genug. Neben der Ueberführung der Post auf dem Rücken von
Menschen oder Thieren sind Versuche mit den verschiedenen Arten der Wagenbeförderung angestellt worden.
Von der Verwendung der Eselkarre ist nach einmaligem Versuche, bei dem die Post von Walfischbay
nach Otjimbingue gebracht wurde, Abstand genommen worden, weil die Thiere zu angestrengt heimkehrten
und der Unternehmer eine Wiederholung der Leistung ablehnte. Verschiedene Fahrten mittelst Pferde-
karre waren an und für sich von Erfolg begleitet: indeß konnte immer nur ein Theil der Post befördert
werden, da die verwendeten vier Pferde bei schwererer Ladung durch die langen Sandstrecken zu sehr er-
müdet wurden. Dagegen versprechen die von der Kaiserlichen Schutztruppe seit einiger Zeit unternommenen
Versuche, mit Manleselkarren zu fahren, ein gutes Beförderungsmittel zu schaffen. Da es in der Absicht
der Truppe liegt, mit diesen Mauleseln Postfahrten zum Selbstkostenpreise auszuführen, so haben Ver-
handlungen stattgesunden, um die Grundlagen für einen etwa abzuschließenden Vertrag zu gewinnen und
namentlich die Kosten festzustellen. Dabei hat sich ergeben, daß die bisherigen Versuche nur auf einen
verhältnißmäßig sehr guten Weg zwischen Gibeon und Rehoboth beschränkt worden sind; es läßt sich daher
vorerst nicht übersehen, ob die Verwendung von Mauleseln auch auf dem theils steinigen, theils sandigen
Baywege sich bewähren wird. Unter diesen Umständen mußte in anderer Weise dafür gesorgt werden, daß
namentlich die Tageszeitungen schneller in das Land befördert wurden, und da der Ochsenwagen wegen
er Langsamkeit seiner Fortbewegung hierbei nicht in Betracht kommen konnte, erübrigte nur, die Ver-
wendung der Ochsenkarre in Aussicht zu nehmen. Mit einer oder zwei Umspannstationen kann man mit
dieser den Weg von Windhoek über Otjimbingue nach Tsoakhaubmund in längstens zehn Tagen zurücklegen;
auch ist es alsdann thunlich, die gesommte Post gleichzeitig fortzuschaffen und Verzögerungen durch den
Verlust einzelner Thiere möglichst zu begegnen, weil neue Zugochsen auf allen Stationen zu haben sind.
ach Rücksprache mit dem stellvertretenden Kaiserlichen Landeshauptmannn ist daher mit einem geeigneten
nsiedler ein Fuhrvertrag zunächst auf ein Jahr abgeschlossen worden, dessen wesentliche Bestimmungen,
soweit sie sich auf die Beförderung selbst beziehen, nachstiehend wiedergegeben sind. 4
Dem Unternehmer liegt die Beförderung der Brief-, Zeitungs= und Packetpost von Windhock nach
Tsoakhaubmund zum Anschluß an den Dampfer „Nautilus" und zurück ob. Er verpflichtet sich, eine ge-
nügend starke Karre in gebrauchsfähigem Zustande zu unterhalten und im Nothfallc eine Ersatzkarre ein-
zustellen. Das Reinigen, Schmieren und Unterstellen der Karre ist Sache des Unternehmers. Das
Fahrzeug wird mit acht bis zehn brauchbaren Ochsen bespannt, welche bei jeder Fahrl in beiden Richtungen
vorläufig in Tsaobis durch frische Thiere zu ersetzen sind. Das zur Leitung der Karre und zum An-
schirren erforderliche Personal wird vom Unternehmer gestellt; er ist für jeden durch die Handlungen und
nterlassungen seiner Leute der Postverwaltung erwachsenden Schaden haftbar. Dic vertragsmäßig zu
befördernden Brief-, Zeitungs= und Packetsäcke sollen das Gewicht von 350 kg nicht überschreiten. Dabei
ist dem Unternehmer gestattet, Personen und Güter für eigene Rechnung auf der Postkarre mitzuführen,
doch darf durch deren Mitnahme eine Ueberladung der Karre nicht eintreten, namentlich dürfen Ueber-
schreitungen der Beförderungsfristen aus dieser Veranlassung nicht entstehen; auch haftet der Unternehmer
afür, daß die ihm übergebenen Postgüter durch die mitreisenden Personen in keiner Weise zu Schaden
kommen. Sowohl in der Richtung Windhoek—Tsoakhaubmund wie zurück ist die Post innerhalb zehn
Tagen zu befördern. Alle fünf Wochen ist, entsprechend dem Gange des Dampfers „Nautilus“, eine
Fahrt in jeder Richtung auszuführen. Die Postverwaltung ist berechtigt, falls durch Verschulden des
Unternehmers oder seiner Leute Verzögerung in der Postbeförderung eintritt, für jeden Tag unentschuldigter
Versäumniß von der vereinbarten Vergütung Abzüge zu machen. Das Reichspostamt hat den getroffenen
Festsehungen seine Zustimmung ertheilt. Es läßt sich erwarten, daß die neue Einrichtung geeignet sein
wird, den Schwierigkeiten der Postbeförderung in Deutsch-Südwestafrika nach Möglichkeit zu begegnen und
eim auch dort immer mehr hervortretenden Bedürfniß zur Unterhaltung regelmäßiger und vor Allem
zuverlässiger Postverbindungen Genüge zu leisten-