Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

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aber die Schnelligkeit der Reise vielfach erheblich beeinträchtigt, zumal die Mehrzahl der hiesigen Pferde 
sich als Handpferd nicht führen lassen will. Bei der Postbeförderung zu Pferde würde somit ebenfalls 
lediglich die Briefpost in Frage kommen. Dabei ist indeß weiter zu berücksichtigen, daß in der Zeit von 
Dezember bis Mai die Pferde häufig mitten auf der Landstraße matt werden und krepiren, ohne daß auf 
Meilen in der Runde Ersatz zu erlangen ist; es erscheint daher bedenklich, in jener Zeit einen Anschluß 
an den Postdampfer mittels Reitpost zu unterhalten. Auch Reitochsen sind für Postbeförderungszwecke 
wenig geeignet. Sie sind zwar bei meist flotter Gangart fähig, größere Lasten zu tragen; ihre Ver- 
wendbarkeit wird aber dadurch beeinträchtigt, daß sie nicht zum Weitergehen zu bewegen sind, wemn sich 
ihnen am Wege eine gute Weide bietet. Anders verhält es sich mit den Zugochsen, welche in Trupps zu 
weiden pflegen und sich gemeinschaftlich leichter einfangen und in ihr Joch treiben lassen. Die aus Teneriffa 
eingeführten Kameele endlich waren zur Ueberwindung großer Sand= und Durststrecken, wie sie der 
Bayweg bietet, nicht widerstandsfähig genug. Neben der Ueberführung der Post auf dem Rücken von 
Menschen oder Thieren sind Versuche mit den verschiedenen Arten der Wagenbeförderung angestellt worden. 
Von der Verwendung der Eselkarre ist nach einmaligem Versuche, bei dem die Post von Walfischbay 
nach Otjimbingue gebracht wurde, Abstand genommen worden, weil die Thiere zu angestrengt heimkehrten 
und der Unternehmer eine Wiederholung der Leistung ablehnte. Verschiedene Fahrten mittelst Pferde- 
karre waren an und für sich von Erfolg begleitet: indeß konnte immer nur ein Theil der Post befördert 
werden, da die verwendeten vier Pferde bei schwererer Ladung durch die langen Sandstrecken zu sehr er- 
müdet wurden. Dagegen versprechen die von der Kaiserlichen Schutztruppe seit einiger Zeit unternommenen 
Versuche, mit Manleselkarren zu fahren, ein gutes Beförderungsmittel zu schaffen. Da es in der Absicht 
der Truppe liegt, mit diesen Mauleseln Postfahrten zum Selbstkostenpreise auszuführen, so haben Ver- 
handlungen stattgesunden, um die Grundlagen für einen etwa abzuschließenden Vertrag zu gewinnen und 
namentlich die Kosten festzustellen. Dabei hat sich ergeben, daß die bisherigen Versuche nur auf einen 
verhältnißmäßig sehr guten Weg zwischen Gibeon und Rehoboth beschränkt worden sind; es läßt sich daher 
vorerst nicht übersehen, ob die Verwendung von Mauleseln auch auf dem theils steinigen, theils sandigen 
Baywege sich bewähren wird. Unter diesen Umständen mußte in anderer Weise dafür gesorgt werden, daß 
namentlich die Tageszeitungen schneller in das Land befördert wurden, und da der Ochsenwagen wegen 
er Langsamkeit seiner Fortbewegung hierbei nicht in Betracht kommen konnte, erübrigte nur, die Ver- 
wendung der Ochsenkarre in Aussicht zu nehmen. Mit einer oder zwei Umspannstationen kann man mit 
dieser den Weg von Windhoek über Otjimbingue nach Tsoakhaubmund in längstens zehn Tagen zurücklegen; 
auch ist es alsdann thunlich, die gesommte Post gleichzeitig fortzuschaffen und Verzögerungen durch den 
Verlust einzelner Thiere möglichst zu begegnen, weil neue Zugochsen auf allen Stationen zu haben sind. 
ach Rücksprache mit dem stellvertretenden Kaiserlichen Landeshauptmannn ist daher mit einem geeigneten 
nsiedler ein Fuhrvertrag zunächst auf ein Jahr abgeschlossen worden, dessen wesentliche Bestimmungen, 
soweit sie sich auf die Beförderung selbst beziehen, nachstiehend wiedergegeben sind. 4 
Dem Unternehmer liegt die Beförderung der Brief-, Zeitungs= und Packetpost von Windhock nach 
Tsoakhaubmund zum Anschluß an den Dampfer „Nautilus" und zurück ob. Er verpflichtet sich, eine ge- 
nügend starke Karre in gebrauchsfähigem Zustande zu unterhalten und im Nothfallc eine Ersatzkarre ein- 
zustellen. Das Reinigen, Schmieren und Unterstellen der Karre ist Sache des Unternehmers. Das 
Fahrzeug wird mit acht bis zehn brauchbaren Ochsen bespannt, welche bei jeder Fahrl in beiden Richtungen 
vorläufig in Tsaobis durch frische Thiere zu ersetzen sind. Das zur Leitung der Karre und zum An- 
schirren erforderliche Personal wird vom Unternehmer gestellt; er ist für jeden durch die Handlungen und 
nterlassungen seiner Leute der Postverwaltung erwachsenden Schaden haftbar. Dic vertragsmäßig zu 
befördernden Brief-, Zeitungs= und Packetsäcke sollen das Gewicht von 350 kg nicht überschreiten. Dabei 
ist dem Unternehmer gestattet, Personen und Güter für eigene Rechnung auf der Postkarre mitzuführen, 
doch darf durch deren Mitnahme eine Ueberladung der Karre nicht eintreten, namentlich dürfen Ueber- 
schreitungen der Beförderungsfristen aus dieser Veranlassung nicht entstehen; auch haftet der Unternehmer 
afür, daß die ihm übergebenen Postgüter durch die mitreisenden Personen in keiner Weise zu Schaden 
kommen. Sowohl in der Richtung Windhoek—Tsoakhaubmund wie zurück ist die Post innerhalb zehn 
Tagen zu befördern. Alle fünf Wochen ist, entsprechend dem Gange des Dampfers „Nautilus“, eine 
Fahrt in jeder Richtung auszuführen. Die Postverwaltung ist berechtigt, falls durch Verschulden des 
Unternehmers oder seiner Leute Verzögerung in der Postbeförderung eintritt, für jeden Tag unentschuldigter 
Versäumniß von der vereinbarten Vergütung Abzüge zu machen. Das Reichspostamt hat den getroffenen 
Festsehungen seine Zustimmung ertheilt. Es läßt sich erwarten, daß die neue Einrichtung geeignet sein 
wird, den Schwierigkeiten der Postbeförderung in Deutsch-Südwestafrika nach Möglichkeit zu begegnen und 
eim auch dort immer mehr hervortretenden Bedürfniß zur Unterhaltung regelmäßiger und vor Allem 
zuverlässiger Postverbindungen Genüge zu leisten-
	        
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