Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

kate nach Indien zu laum nennenswerthen Zöllen. 
Dieser ungleiche Wettkampf konnte nur mit der Ver- 
nichtung der alten indischen Industrie endigen. Als 
dieselbe erreicht war, wurden in England die er- 
wähnten Prohibitivzölle aufgehoben. Erst neuer- 
dings ist ein Wandel darin eingetreten. 
Um die geerntete Rohbaumwolle, deren Absatz 
außerhalb Indiens, wie oben erwähnt, erschwert war, 
zu verwerthen, entstanden nämlich in verschiedenen 
Theilen Indiens Dampfspinnereien und -vebereien nach 
dem Vorbilde der modernen englischen Fabriken. 
Diese neue Industrie, welche ihren Ursprung nur der 
Nothlage der indischen Baumwollenkultur verdankt, hat 
seitdem einen beständigen Aufschwung genommen und 
hat noch eine große Zukunft vor sich. Denn die 
Vorbedingungen für das Gedeihen der modernen 
Baumwollenindustrie, nämlich: Hapital, Rohmaterial, 
Arbeitskräfte, Maschinen und Feuerungsmaterial, sind, 
wie der Verfasser der oben genannten Schrift eingehend 
nachweist, theils ebenso günstige, theils noch günstigere 
als in den meisten europäischen Ländern. Namentlich 
sind die Arbeitslöhne erheblich niedriger als in Eng- 
land, auch das Rohmaterial ist infolge des Fort- 
fallens des Seetransportes in Indien billiger als in 
England. 
Der Verfasser tritt — und dies ist der eigent- 
liche Zweck seiner Schrift — dringend für eine 
weitere Vermehrung der indischen Baumwollenindustrie 
durch Einführung der europäischen Fabrikationsweise 
ein. Es liegt auf der Hand, daß Indien auf den 
Import englischer Baumwollenfabrikate nicht ange- 
wiesen ist, sondern seinen eigenen großen Bedarf 
selbst herstellen kann. Auch erscheint die Hoffnung 
des Verfassers nicht ungerechtfertigt, daß die indische 
Industric mit der englischen auch außerhalb Indiens 
erfolgreich konkurriren kann und überhaupt Indien 
wieder wie früher der Hauptlieferant der Welt für 
Baumwollenfabrikate wird, namentlich mit Rücksicht 
darauf, daß die Baumwollenkultur in Indien noch 
einer großen Steigerung fähig ist. 
Eine Verwirklichung dieser Hoffnungen würde 
allerdings für England von ganz unabsehbaren 
Folgen sein, und es ist daher anzunehmen, daß die 
riesigen englischen Baumwollfabriken alles in ihren 
Krästen Stehende thun werden, um einem großen 
Ausschwung der indischen Industrie entgegenzu- 
wirken. 
Ueber den gegenwärtigen Umfang der Baum- 
wollenindustrie in der Präsidentschaft Bombay ent- 
hält eine im August v. Is. in Bombay erschienene 
statistische Uebersicht, welche das Jahr von Ende 
März 1894 bis Ende März 1895 umfaßt, folgende 
Angaben: 
In der Stadt und Insel Bombay bestanden 
66 Baumwollenfabriken (Spinnereien und Webereien), 
welche durchschnittlich täglich 72 600 Handarbeiter 
beschäftigten, nämlich 45 300 Männer, 17500 Frauen, 
  
227 — 
6500 jugendliche Personen und 3300 Kinder. Es 
wurden im Ganzen in dem genannten Jahre 
2710 634 Centner Baumwolle verarbeitet. Die 
Zahl der Spindeln betrug 2 019 902. 
Von den 66 Fabriken waren 59 im Besitze von 
Gesellschaften, das angelegte Kapital betrug gegen 
56 Millionen Rupies. 
Außerhalb der Stadt Bombay gab es in der 
Präsidentschaft noch 32 Baumwoklenfabriken; in diesen 
wurden durchschnittlich 25 600 Personen beschäftigt 
(15 200 Männer, 3700 Frauen, 4200 jugendliche 
Personen und 2500 Kinder). Verarbcitet wurden 
649 592 Centner Baumwolle; Zahl der Spindeln: 
619 246. 24 Fabriken waren im Besitze von Ge- 
sellschaften, deren Kapital 21 247 800 Rupies betrug. 
Die meisten der in der Präsidentschaft bestehenden 
Fabriken sind in den 1880er Jahren gegründet, nur 
wenige vor dem Jahre 1875. 
Fijiarchipel im Jahre 3894. 
Dem Jahresberichte über den Fijiarchipel für 
das Jahr 1894, welcher dem englischen Parlamente 
im Februar d. Is. vorgelegt ist, entnehmen wir 
folgende Angaben: 
Die Einnahmen der Kolonie für das Jahr 1894 
waren höher als in irgend einem Jahre seit 1884 
und betrugen 80 053 Pfd. Sterl. (gegen 76774 
Pfd. Sterl. im Jahre 1893); sie übersliegen die 
Ausgaben um 7850 Pfd. Sterl., während 1893 
infolge größerer öffentlicher Arbeiten sich ein Defizit 
von 9207 Pfd. Sterl. ergab. Die Einnahme aus 
den Zöllen betrug 37 677 Pfd. Sterl., aus den 
Steuern der Eingeborenen 18 678 Pfd. Sterl. Die 
Landverkäufe ergaben nur eine Einnahme von 271 
Pfd. Sterl. (gegen 279 Pfd. Sterl. im Jahre 1893). 
Die öffentliche Schuld der Kolonie ist von 
239 681 Pfd. Sterl. am Ende des Jahres 1893 
vermindert auf 224 677 Pfd. Sterl. und beträgt 
somit 1 Pfd. Sterl. 16 Schill. 10 Pence pro Kopf 
der Bevölkerung. 
Die Zahl der Bevölkerung betrug Ende 1894: 
121 867 (gegen 122712 Ende 1893). Die Zahl 
der Fijileute, welche 103 750 betrug, hat sich seit 
dem Vorjahre wiederum um 1112 vermindert; 
ebenso zeigt sich bei der übrigen farbigen Bevölke- 
rung eine weitere Abnahme. Europäcr wurden 2666 
gczählt, 192 mehr als im Vorjahre. 
Der Handel der Kolonie im Jahre 1894 ist 
größer gewesen als in irgend einem früheren Jahre; 
er bezifferte sich auf 867 333 Pfd. Sterl. und über- 
stieg damit den Werth des Handels im Jahre 1893 
um 235 603 Pfd. Sterl., den des Jahres 1883, 
welcher bisher der höchste war, um 65 040 Pfd.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.