Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

— 251 — 
unter bei einer Höhe (Tiefe) von zwei Mannslängen 
eine Breite von etwa 2 m im Durchmesser auf. 
In ihnen trocknet das Wasser während der ganzen 
Trockenzeit nicht aus. Nächst den Edeafällen scheinen 
die Logotumfälle die bedeutendsten zu sein. Station 
Mpim liegt auf einer steil zum Flusse abfallenden 
Höhe, umgeben von dichtem Urwald, welcher hier 
besonders wildreich ist. Der Elefant tritt hier noch 
recht häufig auf und lebt in Familien. Derselbe 
wird von den Eingeborenen nicht geschossen, sondern 
in geschickt angelegten 2 bis 3 m tiefen, mit Laub 
verdeckten Fallgruben gefangen. Das so in die 
Falle gerathene Thier wird, nachdem es verendet, 
ausgegraben. Ferner kommen Gorillas, Meerkatzen 
und Kuhantilopen recht häufig vor. Mein Dolmetscher, 
welcher eines Tages mit einem Briefe von mir 
nach Mpimdorf geschickt wurde, kam athemlos nach 
einer halben Stunde wieder zurückgelaufen und er- 
klärte mir, daß er ohne Gewehr nicht nach Mpim 
gehen könne, da er sich zu sehr vor einer Gorilla- 
familic, welche er am Wege angetroffen habe, fürchte. 
Neachdem mir auf meine Bitte hin vom Kaiser- 
lichen Gouvernement noch weitere 25 Träger zur 
Verfügung gestellt worden waren, setzte ich mit der 
Expedition am 2. Februar den Marsch fort. Gleich- 
zeitig trat Expeditionsmeister Thoms mit sechs 
Auderern und den beiden zusammengekoppelten Kanus 
die Fahrt stromaufwärts an. Da ich erst gegen 
2 Uhr nachmittags aufbrechen konnte, wählte ich als 
gemeinsames Ziel das nächste Ndokupenfer (Ihnda), 
welches ich in kürzester Zeit zu erreichen glaubte. 
Der Weg führte mich durchweg durch dichten Urwald 
und soweit landeinwärts, daß von dem Rauschen 
des Wassers nichts zu hören war. 
Ich erreichte Ihndaufer nach 1¼ Stunden und 
wartete bis zum Abend auf die Ankunft der Kanus. 
Am nächsten Morgen sandte Thoms Boten zu mir 
mit der Meldung, daß er bereits gestern nachmittag 
Ihndaufer, ohne es gewußt zu haben, passirt und 
darauf weiter bis Sziufer gefahren sei, woselbst er 
auf einem Felsen im Flusse übernachtet habe. Ich 
brach daher sofort das Lager ab und marschirte in das 
Ndogundjuägebiet nach Szi. 
Auf der Fahrt von Mpim bis Szi hatte Thoms 
wenig Schwierigkeiten; kleinere Schnellen und Steine 
konnte er leicht überschreiten, auch fand er häufig 
ruhiges Wasser, woraus sich sein schnelles Vorwärts= 
kommen erklärt. Ihnda, der letzte Bekok= (Ndokupe-) 
rt, welcher 45 Häuser zählt, liegt auf einem 
Platean nahe den Ngodibergen und macht einen 
freundlichen und sanberen Eindruck. Trotzdem das 
furchisame Volk reichlich Lebensmittel zum Verkauf 
brachte, wofür es gut bezahlt wurde, sand ich das große 
Ihndadorf vollkommen verlassen. Hier sowohl wie 
auf meiner weiteren Reise sahen die Eingeborenen 
in mir den ersten Weißen, und erklärt sich schon 
hieraus die Furcht der Leute. Mit dem Eintresfen 
in Szi betrat ich das Gebiet der Ndogundjué, deren 
  
Häuptling Tshintate, in den Ngodibergen wohnend, 
als Raufbold bekannt und verschrieen ist. 
Ich habe auf meiner Reise wenig Gelegenheit 
gehabt, mit der Bevölkerung mich zu beschäftigen, da 
einmal die Ortschaften nicht wie am unteren Sanaga 
an die Flußufer grenzen, andererseits es meine 
Aufgabe war, den Flußlauf und so weiter zu er- 
forschen. 
Am folgenden Tage wählte ich, um die Expedition 
nicht wieder getheilt marschiren zu lassen, das Fluß- 
bett des Sanaga als Marschroute, obwohl ich mir 
klar war, mit welchen Schwierigkeiten ich hierbei zu 
rechnen hatte. 
Nachdem ich am 4. morgens die dichtbewaldeten 
Ngodiberge überschritten, wandte ich mich wieder 
zum Sanaga und traf dort nahe den Fällen mit 
dem Expeditionsmeister zusammen. Hier wird der 
Fluß durch die beiden Gebirgszüge (im Norden 
Mamband, im Süden Nygodi), welche scharf an den- 
selben herantreten, ganz bedeutend eingeengt, und 
beträgt die Flußbreite nicht mehr als 250 m. 
Oberhalb dieser Stelle nimmt das Flußbett einen 
ganz veränderten Charakter an. Steine wie Fels- 
blöcke, welche bisher nur vereinzelt auftraten, bilden 
jetzt ein vollständig zusammenhängendes Ganze. Dem 
Reisenden bietet sich hier ein eigenthümliches Bild; 
der Fluß scheint plötzlich verschwunden und an dessen 
Stelle ein Felsmeer von unabsehbarer Weite getreten 
zu sein. Erst bei näherer Untersuchung, nach müh- 
samem Ueberklettern der Felspartien, fand sich etwa 
500 m von den Ufern entfernt eine schmale Wasser- 
rinne (15 bis 20 m), durch welche das Wasser mit 
rasender Geschwindigkeit hindurchschoß. Da der 
Transport der Kanus hier ungemein beschwerlich 
war, gab ich dem Expeditionsmeister vier Soldaten 
zur Unterstützung. 
Von einem Marsche konnte nun nicht mehr die 
Rede sein; mühsam kletterten die Träger von Fels 
zu Fels, so daß sich die Karawane sehr in die 
Länge zog. Ich wartete auf einer Sandbank am 
Uferrande auf die zurückgebliebenen Träger, welche 
gegen 2 Uhr eintrafen, und bezog alsdann Lager. 
Anfänglich war von Eingeborenen nichts zu sehen, 
erst später zeigten sich vereinzelt Dungunleute, welche 
hinter Felsen versteckt uns beobachteten. Meinem 
Dolmetscher gelang es jedoch, mit einzelnen Leuten 
ein Gespräch anzuknüpfen, wodurch auch die übrigen 
ermuthigt aus ihren Verstecken hervorkamen; bald 
entspann sich eine lebhafte Unterhaltung. 
Die Dungunleute versprachen zwar, Lebensmittel 
zu bringen doch erklärte ich ihnen, bei der starken 
Strömung mit den Kanus nicht übersetzen zu können, 
vertröstete sie vielmehr auf den nächsten Tag, an 
welchem ich im Badjopgebiet an einer Kanulande- 
stelle Lager zu beziehen versprach. 
Am nächsten Tage, den 5., setzte ich unter den- 
selben ungünstigen Verhältnissen das Klettern fort 
und erreichte gegenüber von Maila am Nachmittage 
die Landestelle der Badjops: „Songh'ol“.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.