Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

Schleusen öffnete und ein heftiger Regen niederging, 
der erst gegen Abend etwas nachließ, um während 
der Nacht nur um so stärker einzusetzen. Am 30. Juli 
konnten wir daher nicht so früh aufbrechen, und es 
wurde fast 7 Uhr, als wir uns zur Weiterreise an- 
schickten. Nach wenigen Minuten waren wir von 
dem uns beständig streifenden nassen Gras und 
Buschwerk, das den schmalen Pfad umsäumte, bis 
auf die Haut durchnäßt, so daß das Marschiren 
sehr unangenehm wurde. Um 8¼ Uhr langten 
wir an dem hochgehenden Menufluß an und hätten 
hier ohne Zweifel umkehren müssen, wäre nicht ge- 
rade um dieselbe Zeit eine Karawane angekommen. 
Schief über den Fluß lag ein etwa 24 JFuß langer 
und ein bis zwei Fuß dicker, glatter, aber leider 
sehr krummer Baumstamm. Der größte Theil des- 
selben war so ziemlich unsichtbar, da die gelbbraunc 
Fluth etwa zwei Fuß über ihn hinströmte. Bald 
verschwanden vier bis fünf junge kräftige Burschen 
im nahen Urwald und kehrten nach geraumer Zeit 
mit mehreren Bündeln spanischen Rohrs zurück. 
Einer meiner Lastenträger durchschwamm den reißen- 
den Fluß und befestigte auf dem anderen Ufer das 
Rohr, schwamm darauf mit Anstrengung aller Kräfte 
den Baumstamm entlang, wo das Rohr auf unserer 
Seite etwa zwei Fuß über dem Stamm ebeufalls 
festgemacht wurde. Es war nicht leicht, über diesen 
glatten Baumstamm zu balanciren, zumal das stark 
schwankende, dünne Rohr beständig nachgab und die 
Gefahr des Ausgleitens dadurch nur vermehrt wurde. 
Endlich nach drei Stunden war der Uebergang 
glücklich bewerkstelligt, Träger und Lasten ohne Un- 
fall am anderen Ufer. 
Hier zog sich der schmale Pfad durch etwa acht 
Fuß hohes Gras hin, worauf wir vom Dunkel des 
afrikanischen Urwaldes ausgenommen wurden und 
östliche Richtung einschlugen. Gegen 4 Uhr nach- 
mittags bemerkten wir an einzelnen Lichtungen, daß 
sich über uns schwere Wolken zusammenzogen, und 
da auch das nächste Dorf noch vier bis fünf Stunden 
entfernt lag, so mußten wir uns entschließen, unser 
Nachtlager im Walde aufzuschlagen. Am Ufer des 
Ogyene, eines kleinen Bächleins, fanden wir drei 
verlassene Jägerhütten, in denen wir zu kampiren 
beschlossen. Es waren nur einige in die Erde ge- 
rammte Pfähle, über die nothdürftig einige Palm- 
zweige gebreitet waren. Mit Blättern und Zweigen 
wurde rasch etwas nachgeholfen, aber mitten in 
dieser Arbeit überraschte uns ein heftiger Regen, der 
bis zur Dämmerung anhielt. Nur mit allergrößter 
Mühe brachten wir mit dem nassen Holz ein kleines 
Feuer zuwege. Kaum hatten wir uns etwas Jams 
geröstet, als es wieder zu regnen anfing, und zwar 
so stark, daß wir, um das Eindringen des Wassers 
zu verhindern, um die kleinen Schuppen Gräben 
ziehen mußten. 
Ein furchtbar schlechter Pfad führte uns am 
31. Juli abermals durch ganz durchnäßtes Gebüsch 
und feuchten Urwald, so daß schon nach wenigen 
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Minnten Alles, was wir am Leibe hatten, zum Aus- 
winden naß war. Doch wir achteten nicht sonderlich 
darauf und marschirten munter darauf los über 
Wurzeln und Baumstämme, die beständig den Pfad 
kreuzten, über Geäst und Felsen, ließen uns mit 
Hülse von Lianen in steile Bachrinnen hinab, stol- 
perten unzählige Male an Steinen und Wurzeln, bis 
wir um halb 12 Uhr mittags das Dorf Bedu er- 
reichten. Bedu liegt in sehr gebirgigem Terrain 
auf Hügeln, die nach allen Seiten abschüssig sind. 
Die Häuser sind viereckig und theils mit Gras, theils 
mit einer fußdicken Lehmschicht gedeckt, die auf 
Stützen ruht. Ich konnte hier eine schon weit vor- 
geschrittene Wunde eines Mädchens behandeln, wo- 
für die Leute sehr dankbar waren und sich bei der 
Predigt am Abend reichlich einstellten. 
Ueber Berge und Hügel, über Flüsse und Bäche, 
durch Wald und Busch marschirten wir am 1. August 
weiter und erreichten nachmittags nach 4 Uhr den 
Ort Krabe. Krabe hat wie Kesibo, das passirt 
wurde, durchweg runde Häuser mit kegelförmigem 
Grasdach. Zahlreich fanden sich die Bewohner bei 
der Straßenpredigt ein. 
Eine nördliche Richtung einschlagend, führten uns 
die folgenden Tage durch das reizende, verhältniß- 
mäßig dicht bevölkerte Ländchen Akebu. Es zählt 
17 oder 18 Dörfer, von denen mehrere 500 bis 
600 Einwohner haben. Das Ländchen liegt auf 
einem wellenförmigen, mit Baumsavanne bestandenen 
Höhenplateau, das durch viele Bäche und Flüsse 
reichlich bewässert wird. In den bewaldeten Bach- 
und Flußrändern herrschen die Raphia= und be- 
sonders die Oelpalmen vor. Auch wilde Dattel- 
palmen treten vereinzelt auf. In der Gras= und 
Baumsavannc mit ihrem tiefgrundigen, humusreichen 
Boden gedeihen die Pflanzungen der Bewohner vor- 
trefflich. Hauptsächlich wird Jams, Mais und Wahan 
angebaut. Waha, eine kleine, hirsenähnliche Getreide- 
art, scheint hier sehr beliebt zu sein. Auch aus- 
gedehnte Bohnen= und Erdnußfelder sind parzellen- 
artig in die Savanne eingestreut. Ebenso wird 
Viehzucht getrieben, aber in sehr primitiver Art. 
Daneben werden viele Schweine gehalten. Von Er- 
zeugnissen einheimischer Industrie war nichts zu 
bemerken als sehr hübsche, starke Stoffe, die die 
zahlreichen Weber auf ihren einfachen Webstühlen, 
deren man in den Ortschaften ganze Reihen auf- 
geschlagen sieht, herstellen. 
Akebu ist ein Land von großer, malerischer 
Schönheit und zählt gewiß zu den gesundesten und 
schönsten Landschaften des ganzen Togolandes. Be- 
sonders sind es die Bach= und Flußläufe, die in 
unzähligen Windungen das wellenförmige Hochland 
durchziehen und dem Reisenden stets neue, roman- 
tische Landschaftsbilder der herrlichsten Art vor die 
Augen führen. Gesunde, frische Luft. eempfängt den 
Wanderer und läßt ihn die Mühsale und Beschwer- 
den der Reise vergessen. Die sauber gehaltenen Ort- 
schaften mit ihren runden, einzeln stehenden Hütten
	        
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