würden und nicht arbeiten ließen, sähen wir in Bälde
ihre Zahl verdoppelt. Aber ohne Arbeit keine guten
Christen.
Katechumenenunterricht wird täglich für Männer
und Frauen getrennt abgehalten. Der Sonntag
wird ziemlich gut gehalten, freilich ist es auch für
manche schwierig zu wissen, wann Sonntag ist, da
sie nicht von einem Sonntag auf den andern zählen
können, und es für die Ankündigung in einem so
weiten Bezirke kein anderes Mittel giebt, als gegen
Ende der Woche umherzugehen und den Gottestag
anzusagen. Solche Gänge werden dann regelmäßig
mit dem Medizinkasten gemacht, der nicht nur bei
Kranken, sondern auch bei Gesunden gern ge-
sehen ist.
Es giebt kaum ein größeres Vergnügen für
unsere Schwarzen, als gesund zu sein und doch Dawa
(Medizin) zu bekommen, namentlich wenn sie nicht
gleich genommen werden muß. Doch ist mir noch
kein Fall zu Ohren gekommen, daß einer die erhaltene
Dawa verkauft hätte.
Eine große Störung im Missionswerke verursachte
im verflossenen Oktober ein Kriegszug der Mangoni.
Die Mangoni (auch Magwangwana) sind ein
räuberisches Volk, das im Osten des Nyassasces seinen
Wohnsitz hat, ausgedehnte Viehzucht betreibt bezw.
von Sklaven betreiben läßt, und alle Jahre Beute-
züge in die benachbarten Länder macht. Sie sind
wie die Heuschrecken und noch schlimmer; sie kommen
wie der Blitz, können durch nichts aufgehalten werden,
und wenn sie weg sind, ist keine Speise mehr da;
die Männer sind erschlagen, Weiber und Kinder ge-
raubt. Sie sind der Schrecken ihrer Nachbarn, die
nicht an Widerstand, sondern nur an Flucht denken.
Beim ersten Gerücht von ihrer Ankunft schon ver-
steckte sich Alles in den Bergen oder Ketekete, im
Dickicht, wohin die schildbewaffneten Feinde nicht zu
solgen vermögen. Mehrmals war das Gerücht
falsch, immer hatte es die allgemeine Flucht zur
Folge; mitten in der Nacht stand man auf und
rettete sich und das bischen Hausrath unter Klage-
geheul ins heimliche Versteck. Endlich kamen sie,
aber ihr Ziel lag anderwärts, still zogen sie ohne
Verwüstung auf zwei Wegen durchs Land. Bange
fünf Wochen folgten; täglich wurden sie zurück-
erwartet, alle zwei Tage kam irgend ein aufregendes
Gerücht, gefolgt von allgemeiner Flucht. Als sie
endlich in ihren Quartieren Alles aufgezehrt hatten,
trieb sie der Hunger heimwärts; sie machten in der
Nähe einen Rasttag und nahmen ohne weitere Feind-
seligkeiten, was sie an eßbaren Dingen erbeuten
konnten. Die Mission nahm keinen beträchtlichen
Schaden, wohl aber waren Handel und Verkehr
fünf bis sechs Wochen gestört, der Unterricht mußte
sast ausgesetzt werden. *)
*) Vergleiche den Artilel „Expedition zum Nyassasee"
S. 314 dieser Nummer.
319
Rus fremden lolonien.
Gerichtsorganisation des Rongostaates.“)
Das im April d. Is. erschienene „Balletin
oflciel de IEtat Indépendant du Congo“
(Nr. 4) enthält eine vom König Leopold von
Belgien als Souverän des Kongostaates erlassene
Verordnung vom 21. April 1896 über die Ge-
richtsorganisation des Kongostaates.
Nach dieser Verordnung in Verbindung mit
früher ergangenen jetzt noch gültigen Bestimmungen
sind die Grundzüge der Gerichtsverfassung des
Kongostaates folgende:
Es bestehen folgende Gerichte:
Die Gerichtshöfe erster Instanz (les trihu-
naux de premirc instance), die Beczirksgerichte
(les tribunaux territoriaux), die Kriegsgerichte
(les conseils de guerre) und der Appellations-
gerichtshof (le tribunal d'appel). Die drei ersteren
Gerichte sind, soweit sie in Strafsachen entscheiden,
zusammengesetzt aus je einem Richter, einem Be-
amten der Staatsanwaltschaft und einem Gerichts-
schreiber (greltier). Der Appellationsgerichtshof
besteht bei der Entscheidung in Civil= und Handels-
sachen aus einem Präsidenten, zwei beisitzenden Rich-
tern und einem Gerichtsschreiber; in Strassachen
tritt noch ein Vertreter der Staatsanwaltschaft hinzu.
Der Sitz dieses Gerichtes ist in Boma. Das Gericht
erster Instanz, welches seinen Sitz in Boma hat, ist
für das ganze Gebiet des Kongostaates zuständig.
Jedes Gericht ist berechtigt, Sißungen in jedem
anderen Orte seines Bezirkes abzuhalten, sobald dies
im Interesse der Rechtspflege liegt.
Die Einrichtung von Bezirksgerichten erfolgt
durch den Gencralgouverneur in den vom Staats-
sekretär bezeichneten Distrikten. Wenn der Richter
des Gerichtes erster Instanz wegen der Schwierig-
keit der Verbindung verhindert ist, in einem Theile
seines Bezirkes die Rechtspflege auszuüben, so kann
der Generalgouverneur einen von ihm ernannten
Stellvertreter dazu ermächtigen, innerhalb des von
ihm zu bestimmenden Gebietes an Stelle des ver-
hinderten Richters dauernd als Bezirksrichter (juge
territorial) Recht zu sprechen.
In diesem Falle bestimmt der Generalgonverneur
die Zusammensetzung des Gerichtes und regelt das
Verfahren.
Die Kriegsgerichte werden in den vom General-
gouverneur bezeichneten Orten eingerichtet; der Gene-
ralgouverneur bestimmt zugleich die Bezirke, für
welche dieselben zuständig sind.
Die sachliche Zuständigkeit der Gerichte ist in
solgender Weise geregelt:
Das Gericht erster Instanz ist zuständig in
erster Instanz:
*) Ueber die Organisation der Negierung, des Kongo-
siaates vergl. Deutsches Kolonialblatt 1895, S. 15.