Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

Ich hatte Ende September v. Is. dem Führer 
der 9. Kompagnie in Lindi, Lieutenant Stengler, 
den Auftrag gegeben, mit 60 Askari eine Orienti- 
rungsreise um das Matschembagebiet zu unternehmen, 
um die besten Anmarschwege an das Häuptlingsdorf 
Luagalla auszukundschaften und Verhandlungen mit 
den umwohnenden Häuptlingen zu führen. Dieser 
Zug war von gutem Erfolge gekrönt. Gleich darauf 
zeigte sich Matschemba, mit welchem der Wali von 
Lindi, Abdelkader, sich in Verbindung gesetzt hatte, 
zu Friedensunterhandlungen geneigt und schickte sogar 
eine Anzahl seiner Verwandten als Gesandtschaft. 
Da ich mich aber mit Matschemba erst nach der 
Bestrafung Hassans einlassen wollte, ließ ich ihm 
sagen, ich würde mit ihm nur verhandeln, wenn er 
selbst zur Küste käme. Gleichzeitig kam die Meldung, 
daß die Magwangwara erschienen seien und bereits 
einige Dörser Matschembas verbraunt hätten, sic ver- 
langten, gemeinsam mit uns gegen Matschemba zu 
fechten. In den ersten Tagen dieses Monats sind 
die Magwangwara wieder abgezogen. 
Von dem Eindruck, welchen die Gefangennahme 
Hassans auf Matschemba gemacht hat, habe ich bis- 
her noch keine Nachricht erhalten. 
Bericht des Kompagnieführers Fromm iber die 
Ergreifung Hassan bin Omaris und seines Vezirs 
Omari Muenda. 
Mawudji, den 15. November 1895. 
Am 9. d. Mts. marschirte ich mit der 8. Kom- 
pagnie Richtung Kiswere ab. Mein Auftrag war, 
nähere Nachrichten über den augenscheinlich geflohenen 
Hassan bin Omari einzuziehen und dann hierher 
zurückzukehren. 
Am 10. trafen wir in Kiswere ein. Schon auf 
dem Marsche waren verschiedene angesehene Häupt- 
linge der Wayao, Wagindo, Wamuera und Wama- 
tschinga gekommen und hatten ihre Unterwerfung an- 
gezeigt. Der Druck, den Hassan bin Omari auf die 
ganze Umgegend in brutalster Weise ausgeübt hatte, 
war den Leuten schon lange unerträglich gewesen; 
sich freizumachen aber fehlte ihnen sowohl moralische 
als auch physische Stärke, jetzt fanden sie bei der 
durchziehenden Kompagnie Anhalt und Stütze, und 
ihr unbedingter Abfall von ihrem Bedrücker war 
die Folge. 
Als ich am 12. von Kiswere abmarschirte, hatte 
ich ganz bestimmte Nachrichten, daß Hassan bin 
Omari mit seinem näheren Anhang in Mpingiro 
kwa Saidi Mitole (Myao) säße, seine Leute sammelte 
und die Absicht hätte, zu Matschemba zu gehen, um 
mit ihm vereint auf portugiesisches Gebiet zu 
flüchten. 
Unter diesen Umständen hielt ich mich für ver- 
pflichtet, so schnell und so unbemerkt wie möglich dem 
Feinde in den Rücken zu lommen. Es gelang mir, 
meine Marschbewegung zu verschleiern, und die 
Kompagnie lag an demselben Abend im Busch ver- 
  
steckt etwa 1½ Stunde vom feindlichen Lager ent- 
fernt. # 
Nachts gegen 2 Uhr erhielt ich Nachricht durch 
Mitolesleute, daß durch einen unglücklichen Zufall 
Hassan bin Omari am Abend von unserer Anwesen= 
heit Kunde erhalten habe und noch in derselben 
Nacht nach Mawudji zu geflohen sei. · 
Am frühen Morgen des 13. machte ich mich auf 
zur Verfolgung. Hassan bin Omari, der, wie ich 
wußte, getragen werden mußte, konnte unmöglich 
einen großen Vorsprung haben, und schon um 8 Uhr 
erfuhren wir dann auch, daß er erst am Morgen 
dieselbe Stellc passirt habe. » *4 
Kurz vor 10 Uhr kamen wir an den Luabafluß. 
Es wurde Halt gemacht, Wasser getrunken und ein 
Führer vorausgeschickt, um in dem nicht weit vom 
Fluß entfernten auf einem Höhenrücken gelegenen 
großen Dorskomplex des Häuptlings Rumnambe 
Nachrichten zu erfragen. Der Führer kam gleich 
wieder zurück mit der Nachricht, er habe eine Goma 
in dem Ort gehört und Gesang von vielen Weibern, 
aus welchem er schließen könne, daß Hassan bin 
ri in dem Dorfe sei. 
mn #t gedeckt gingen wir an die Anhöhe 
heran; die aufgestellten feindlichen Posten bemerkten 
uns erst, als wir bereits im vollen Anlauf waren. 
Nach einigen Schüssen war der Feind, dem wir 
offenbar gänzlich überraschend gekommen waren, in 
wilder Flucht und leistete nur geringeren Widerstand. 
Einzelne Leute, die sich widersetzten, wurden nieder- 
geschossen und die feindlichen Verluste beziffern sich 
auf eiwa 30 Todte. r 
Während der zweite Zug unter Lientenant 
Glauning ein etwas weiter gelegenes Dorf durch- 
suchte, aus welchem noch Widerstand geleistet wurde, 
gelang es zwei Leuten des ersten Zuges, eines kleinen 
buckligen Mannes, der sich in siczender Stellung mit 
einem Messer vertheidigte, habhaft zu werden. Der 
Gesangene wurde als Hassan bin Omari erkannt. 
Der zweite Zug machte den Omari Muenda zum 
Gefangenen, während der berüchtigte Scham bin 
Schaude leider entkam. Große Vorräthe an Mu- 
nition und Verpflegung wurden gefunden und zer- 
stört, wobei durch eine Pulverexplosion der Unter- 
offizier Lachemaier erhebliche Brandwunden erlitt. 
Nach Zerstörung des Dorfes wurde der Rück- 
marsch nach Mawudji angetreten; am 14. trafen 
wir den Stab und die 6. Kompagnie unterwegs und 
gelangten am Nachmittag in unser altes Lager. 
Lager am Mawudji, den 15. November 1895. 
Hassan bin Omari und sein Rathgeber Omari 
Muenda sind vorgestern von der 8. Kompagnie in 
einem Orte am Luwawa, wohin ich mit der 3. und 
6. Kompagnie auf eine Nachricht von Wangindo- 
leuten aufzubrechen im Begriff stand, ergriffen wor- 
den und gehen morgen den 16. November mit ¾ 
8. Kompagnie nach Kilwa. Ich habe kein kriegs-
	        
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