Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

solgen. Nach dem Wasserstande dieses Nebenflusses 
und den Aussagen der Eingeborenen zu urthheilen, 
macht der Wasserstand im Gogol ein Marschiren in 
dessen Flußbett unmöglich. Am nächsten Tage passirten 
wir die Stelle, an welcher der Fluß in einem Felsen- 
thor das Oertzen-Gebirge (Fajomanna) durchbricht, 
und folgten seinem Lauf weiter in südwestlicher Rich- 
tung aufwärts. Das Land hinter dem Oerten-= 
Gebirge wird von mäßig hohen Berg= und Hihel- 
ketten durchzogen, die im Wesentlichen von Nordosten 
nach Südwesten laufen. Nach Norden zu nehmen 
sie scheinbar an Höhe ab und lösen sich in 
einzelne niedrige Hügel auf. Alle diese Ketten be- 
stehen aus Sandstein und weichen, dunkelgefärbten 
Thonschiefern, welche stellenweise mit Konglomeraten 
abwechseln. Der Boden ist fruchtbar, ebenes Kultur- 
land aber nur in beschränktem Maße vorhanden. 
Das Land ist verhältnißmäßig reich bevölkert, und 
gelang es meist, die nöthigen Lebensmittel einzu- 
tauschen. Am 6. Juni gelangten wir in eine Felsen- 
klamm, in welcher riesige Blöcke dem weiteren Vor- 
dringen mit Pferden eine Schranke zu setzen schienen. 
Es gelang jedoch schließlich, die Thiere hinüber zu 
bekommen. Der Naurufluß oder, wie er hier ge- 
naunt wird, Narna nimmt hier auf der rechten Seite 
einen gleich großen Bach auf und zeigt weiter auf- 
wärts den Charakter eines Wildbaches. Die Explo- 
rirung des von Südwesten kommenden Zuflusses 
ergab dessen Unwegsamkeit. Wir folgten daher dem 
mehr westlich führenden Bache aufwärts und ge- 
langten am 9. Juni bis in die Nähe seiner Quelle 
in etwa 500 m Höhe über dem Meere. Der Bach 
entspringt an dem nördlichen Abhang eines 900 m 
hohen Bergmassivs und schneidet sich zunächst tief in 
blauen plastischen Thon ein. Das Vorwärtskommen 
wird hierdurch höchst mühsam und beschwerlich. 
Mit Pferden war jeßt nicht mehr weiter zu 
kommen. Die Thiere litten außerdem infolge des 
sortwährenden Gehens auf grobem Geröll und Steinen 
und im Wasser an Hufentzündung und konnten nur 
mit Mühe vorwärts gebracht werden. Wenn sie 
noch brauchbar, wird die Astrolabe-Kompagnie sie 
übernehmen. Der bisher zurückgelegte Weg beträgt 
80 km, etwa 40 km Luftlinie von der Küste. Der 
Punkt, an dem wir uns augenblicklich befinden, liegt 
etwas südwestlich des auf dem Langhausschen 
Kolonial-Atlas eingetragenen „Suor Mana“ ge- 
nannten Berges. Ich blieb hier mit 20 Mann zu- 
rück und sandte Dr. Kersting und Tappenbeck 
mit den übrigen 20 Mann und den Pferden nach 
Stephansort, um mit Hülfe von 20 weiteren, von 
der Astrolabe-Kompagnie gestellten Trägern Proviant 
nachzuholen. 
Ich selbst bestieg in den nächsten Tagen den 
von den Eingeborenen „Ssigãun Jãnu“ genannten 
Berg, und gelang es, nach Norden und Westen Aus- 
blicke zu bekommen. Nach Westen war am Horizont 
eine NRiesenkette (Arthur Gordon-Kette) sichtbar, 
vor derselben zehn Parallelketten, die näheren 100 
  
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bis 200, die weiteren über 1000 bis 2000 m hoch, 
allc dicht bewaldet. Nach Norden tauchte am Hori- 
zont ebenfalls ein mächtiges, wohl über 3000 m 
hohes Gebirge auf, welches vielleicht den am Augusta- 
fluß, nördlich des Gogol gelegenen Ketten entspricht. 
Sonst war der Ausblick nach dieser Richtung durch 
in der Nähe belegene, meist wildgezackte Berge von 
1000 bis 1500 m Höhe theilweise verdeckt. Von 
einem am nächsten Tage geschaffenen Durchhau er- 
blickte ich nach Westsüdwesten bei Westen einen ge- 
waltigen, gegen 4000 bis 5000 m hohen Gebirgs- 
stock, dessen Fuß noch etwa 10 km entfernt sein 
mochte. Der Lage nach ist dieser mit dem Bismarck- 
Gebirge identisch, doch scheint er sich von Osten nach 
Westen zu erstrecken. Des schweren Waldes wegen 
war es unmöglich, einen größeren Ausblick zu schaffen. 
Am 13. Juni verlegte ich das Lager nach einem 
600 m hoch gelegenen Dorfe, „Ssigünn Wödsa“ 
genannt, dessen Eingeborene mich reichlich mit Lebens- 
mitteln versahen. Die Leute waren in cthnographi- 
scher Beziehung interessant. Von hier aus die Um- 
gegend durchforschend, gelang es mir, im Westen 
einen größeren nach Südwesten fließenden Fluß zu 
finden, an welchen ich das Lager verlegte. 
Am 19. Juni kam Dr. Kersting mit 38 Lasten 
Proviant von der Küste an. Am nächsten Tage 
verfolgten wir den Fluß 12 km abwärts. Derselbe 
wird durch reichlichen Zufluß bald stärker und hatte 
westliche Richtung. An einer geeigucten, hoch ge- 
legenen Stelle legte ich hier vorläufig die Station 
an und ließ IDr. Kersting mit els Mann zurück, 
während ich mit den übrigen Leuten in vier Tagen 
nach Stephansort marschirte, um den letzten Provianl 
nachzuholen. Mit diesen letzteren Lasten sind wir 
für reichlich zwei Monate mit Proviant versehen, 
dazu 35 Ziegen; außerdem sind in dieser Gegend 
genügend Lebensmittel von den Eingeborenen zu 
bekommen. Die Station liegt etwa 100 km von 
der Küste entfernt in 300 m Höhe über dem Mcere. 
Der allgemeine Gesundheitszustand ist ein guter. 
Morgen, den 27. Juni, werden ich und Tappenbeck 
mit 46 Lasten nach der Station abmarschiren, welche 
ich in fünf bis sechs Tagen zu erreichen hoffe. Von 
da gehen die 20 Hülfsträger unter Bedeckung nach 
der Küste zurück. Wir werden jetzt in südlicher 
Richtung vorzudringen sowie einen der höchsten Gipfel 
des Gebirges zu besteigen suchen. Nach der mir bis 
jetzt bekannt gewordenen Konfiguration der Bergketten 
scheint ein Durchdringen nach dem Huongolf möglich, 
und habe ich daher gebeten, in etwa 1½ Monaten. 
ein Schiff dorthin zu entsenden. 
Hus dem Bereiche der Wissionen und 
der Antisklaverei-Bewegung. 
Seitens der Rheinischen Missionsgesellschaft 
wurde der Missionar Wilhelm Ickler aus Homberg 
in Hessen nach Ovamboland abgeordnet. In Riet-
	        
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