Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

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so gut ihre Schattenseiten wie eine rein aus Ein- 
geborenen bestehende. Das günstigste Ergebniß liefert 
die Vermischung von beiden. Unter den 500 Reitern, 
aus welchen am Schlusse des letzten Feldzuges die 
Truppe bestand, befanden sich kaum 180 Weiße, und 
doch war der Erfolg ein völlig zufriedenstellender. 
Auf Grund solcher Erfahrungen müssen wir unsere 
Bemühnungen, die Eingeborenen an unsere Interessen 
zu fesseln, soviel in unseren Kräften steht, fortsetzen, 
dabei aber bedenken, daß die Eingeborenen ein sach- 
liches Interesse nicht kennen, sondern lediglich ein 
versönliches. Nur das Vertrauen zur Person wird 
ihnen auch Interesse zu deren Sache beibringen. 
Des Beispiels der Hottentotten von Hoachanas habe 
ich bereits gedacht (Pevestorff). Ganz dasselbe trat 
auch bei Witboois und Simon Cooper-Leuten zu 
Tage. Auch diese wollten lediglich mit ihren be- 
treffenden Stationsmannschaften zu thun haben, 
während sie sich gegen die übrigen Angehörigen der 
Schutztruppe durchaus ablehnend verhielten. An- 
genehm siel mir das gute Verhältniß der Simon 
Cooper-Leute zu dem Stationschef von Gokhas, 
Unteroffizier Stubenrauch, auf. Bei den Hereros 
waren ähnliche Erscheinungen in Bezug auf die zum 
Theil auch mit in das Feld gerückten Stations- 
mannschaften Okahandya nicht zu bemerken. 
Ich komme hiernach zum Schluß, daß die fernere 
Entwickelung der in Frage stehenden Einrichtung in 
erster Linie von dem Vertrauen abhängt, welches 
die Distriktschefs nebst Untergebenen den eingeborenen 
Distriktsangehörigen einzuflößen verstehen. Besonders 
viel lassen in den bezüglichen Bemühungen zu- 
weilen Unteroffiziere und Mannschaften zu wünschen 
übrig. Aus je kleineren Verhältnissen die Letteren 
von Hause kommen, um so mehr scheinen sie geneigt, 
hier den Herrn zu spielen. An Stelle von christ- 
licher Geduld und wohldurchdachter Erziehungs- 
methode pflegen bei ihnen Schroffheit und Roheit 
zu treten. Solches schreckt die Eingeborenen ab, 
während sic für ein gerecht gehandhabtes Straf- 
system, welches neben dem Wohlwollen durchaus 
unentbehrlich ist, volles Verständniß zeigen. Menschen- 
kenitniß und Fähigkeit für Umgang mit Menschen, 
Eigenschaften, welche in Bezug auf Eignung zum 
Kolonialdienst grundlegend sind, werden in jedem 
einzelnen Falle stets das Nichtige zu treffen wissen. 
Ferner möchte ich den Hinweis nicht unterlassen, 
daß wir über die militärischen Eigenschaften der 
Eingeborenen auch nicht vorschnell urtheilen dürfen. 
Bei ihnen kämpft jeder ohne militärische Disziplin 
und Ausbildung für sich, während er Belohnung für 
gutes Verhalten und Strafe für Feigheit nicht kennt. 
Wer zuerst wegläuft, hat die meisten Chancen, Leben 
und Gesundheit zu retten, irgend welchen Nachtheil 
aber aus diesem Akte des Selbsterhaltungstriebes 
nicht zu befürchten. Unter solchen Bedingungen 
würden, wie die Erfahrung bereits reichlich gelehrt 
hat, weiße Truppen — ich möchte fast sagen — noch 
weniger leisten. Das beste Beispiel bilden die Bastards, 
  
welche derjenige, der sie in den Witbooi-Kriegen 
gesehen hat, nicht wiedererkennt. Und diese Ver- 
änderung hat eine Ausbildung von nur sechs Wochen 
ferlig gebracht. 
Einige der Herren Distriktschefs drücken die Be- 
fürchtung aus, daß ausgebildete Eingeborene bei 
Kriegsausbruch zu ihren Stammesgenossen übergehen 
und dann mit den bei uns erhaltenen Fertigkeiten 
(möglicherweise anch Waffen) uns selbst gefährlich 
werden könnten. Diese Befürchtung ist nicht un- 
gerechtfertigt. Auch die Engländer haben neuerdings 
in Matabeleland eine derartige Erfahrung gemacht. 
Dort sind sämmtliche eingeborenen Polizisten mit 
Waffen und Munition zu den Aufständischen über- 
gegangen. Indessen würde ich in einem solchen Falle 
den betreffenden Distriktschef von Schuld nicht frei- 
sprechen können, sondern ihm sagen müssen, daß er 
statt wirklicher Erfolge nur Scheinerfolge erzielt und 
sich mit solchen begnügt habe. 
Angesichts solcher Möglichkeiten bin ich auch weit 
entfernt, die Herren Distriktschefs in irgend einer 
Weise zu drängen. Haben dieselben Erfolge, so werde 
ich dies hoch anrechnen, aber sie auch für die Treue 
jedes eingestellten Eingeborenen haftbar machen. Ich 
empfehle daher Vorsicht und langsames Vorgehen. 
Wo ein Distriktschef glaubt, zu den Eingeborenen 
geschlossen, unter Führung ihrer Kapitäne mehr Ver- 
trauen haben zu sollen, und sonach unter Mitwirkung 
der zuständigen Bezirkshauptmannschaft Wehrverträge 
mit denselben abschließt, wie solches s. Z. in Gibeon 
und jetzt neuerdings bei den Feldschuhträgern 
geschehen ist. so ist gegen ein solches Verfahren nichts 
einzuwenden, um so mehr, als dasselbe mit der Ein- 
stellung von Soldaten aus denselben Stämmen Hand 
in Hand gehen kann. Indessen hat nicht jeder 
Kapitän so viel Verständniß für Vertragstreue wie 
Kapitän Witbooi, noch weniger aber alle Ein- 
geborenen so viel Sinn für Gehorsam wie dessen 
Unterthanen. 
Derartige Verträge sind daher an sich nicht als 
gleichwerthig zu betrachten. Lediglich der Erfolg 
wird dem Geschehenen seinen Werth verleihen. 
Ich halte daher im Großen und Ganzen doch 
mehr von der Einstellung und Ausbildung der Ein- 
geborenen als wirkliche Soldaten. Ueberhaupt ist 
„bei der Sache jeder Zwang zu vermeiden. Aus 
diesem Grunde möchte ich auch nicht den Vorschlägen 
einiger Distriktschefs zustimmen, welche, um die 
Stämme zu trennen, die Eingeborenen versetzt wissen 
wollen. Ein derartiger Gedanke ist noch nicht spruch- 
reif. Zunächst wirbt sich jeder Distriktschef seine 
Leute selbst an, wo, bleibt ihm überlassen, und 
behält sie dann auch. Ebenso übernimmt derselbe 
im Kriege die Führung etwaiger Stämme seines 
Distrikts, mit welchen Verträge über die Heeres- 
folge abgeschlossen sind. Hinsichtlich der rein mili- 
tärischen Verhältnisse verweise ich auf den Truppen- 
befehl vom 7. Mai 1895, Nr. 1442, welcher auch 
ferner siunngemäß in Kraft bleibt. Durch Letzteren
	        
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