Schauri zu kommen, andernfalls würde ich ihn be-
kriegen. Als ich kurze Zeit nach Absendung des
Boten selbst aufgebrochen war, um den Ort im Falle
der Weigerung des Sultans zu überfallen, sahen wir
nicht weit von Ntuguni einen Haufen Eingeborener
mit einem jungen Weib an der Spitze keuchend und
im schnellsten Lauf auf uns zukommen, was bei den
Askaris große Heiterkeit erregte. Es war das Weib
des Sultans mit Gefolge, das in seinem Namen, da
er selbst fußkrank ist, um Frieden bat, der natürlich
gewährt wurde. Der Sultan selbst, ein schlanker,
noch junger Mann, wurde durch die Behandlung
seines Fußübels und einige kleine Geschenle völlig
zutraulich gemacht.
In Ntuguni wohnen neben den Wagogos zahl-
reiche Wahehes in fünf gut gebauten Temben. In
dem etwa fünf Stunden entfernten Kitunda wa dede
hatte ich einen Streit zwischen dem Sohne des Dede
Meda und einem Manne, Namens Materra, zu
schlichten. Dede hatte den Vater des Materra ge-
tödtet und ihm zahlreiches Vieh weggenommen. Der
Aufforderung der Station Kilimatinde, zum Schauri
zu kommen, hatte er wie auch später sein Sohn
Meda nicht Folge geleistet. Ich überfiel ihn unver-
sehens, nahm ihn gefangen und theilte dann die
Viehherde zwischen ihm und Materra aus Ntuguni,
worauf ich Meda wieder freiließ, der froh war, so
leichten Kaufs davonzukommen.
Von da marschirte ich über den stark frequentir-
ten, mit Unrath bedeckten Karawanenplatz Fadi nach
Ngomoia. Die Einwohner dieses Ortes nennen sich
Wangomoias. Ihre Sprache ist das Kingomoia, das
aber nur von Wenigen noch verstanden wird. Sie
sind anscheinend ein im Aussterben begriffener, den
Wadsandanis verwandter Volksstamm. Da ich noch
an demselben Tage weitermarschirte, konnte ich mich
auf eine nähere Untersuchung dieses vielleicht ethno-
graphisch wichtigen Punktes nicht einlassen. Ngomoia
bildet die Grenze zwischen Ugogo und Ussandaui
und ist von demselben durch ein etwa achtstündiges
Pori getrennt.
Den Umweg durch Ussandaui hatte ich deshalb
gewählt, da ich feindliche Zusammenstöße mit den
Waburungis und Warangis vor Beginn der eigent-
lichen kriegerischen Aktion vermeiden wollte.
In Ussandaui wechseln groteske Felshügel und
Bergrücken von mittlerer Höhe mit sanften, überaus
fruchtbaren Thälern. Die Landschaft mit ihrem
frischen Grün stand in merkwürdigem Gegensatz zu
dem trockenen Ugogo. Zahlreiche Wanjamwesi wohnen
zwischen der friedlichen Urbevölkerung. Durch die
Landschaft Mangasita gelangte ich nach der Wan-
jamwesiniederlassung Kwa Mtoro, von hier durch
ein zwölfstündiges Pori mit Wasser am Limbo
Kikumn nach Kwa Mdoda, einem Dorfe von Makua
Waduaheli und Wanjamwesijägern des Wali von
Mkondoa. Der Wali, in dessen Dienst weit über
hundert Jäger stehen, die sich in Irangi, z. B. in
Tandalla und Kinduri niedergelassen haben und ihre
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Jagdzüge bis zum Guruiberg und dem Kilimandjaro-
gebiet ausdehnten, hat diesen Leuten sofort nach Be-
kanntwerden des Jagdgesetzes Pulver und Zünd-
hütchen entzogen, so daß sie jetßzt eigentlich brotlos
sind, da sie die verlangten Schießgebühren nicht be-
zahlen können und auch der Wali nicht in der Lage
ist, für jeden seiner Leure die Gebühr zu erlegen.
Die Härte, die unzweifelhaft für diese in ihrem
Beruf meist sehr tüchtigen Leute in der plötlichen
Entziehung ihrer bisherigen Thätigkeit liegt, ließe sich
vielleicht dadurch mindern, daß sie sämmtliches Elfen-
bein nach der Station zu bringen hätten, woselbst
jeder vierte Zahn als Gebühr eingezogen, die wieder
freigegebenen Zähne aber gestempelt werden müßten.
Natürlich müßte diese Kontrole auf allen Stationen,
auch auf den Grenzstationen für die aus fremdem
Gebiet eingeführten Zähne (bei letzteren ohne Ent-
nahme der Schießgebühr) stattfinden und ungestempelte
Zähne an der Küste beschlagnahmt werden.
Am 20. Juli langte ich in Mkondoa an und ver-
einigte mich mit der aus zwei Europäern (Lieutenant
Stadlbaur und Dr. Reinhard), etwa 60 Askaris
mit Maximgeschütz und etwa 20 Frregulären be-
stehenden Abtheilung der Station Kilimatinde.
Mein Plan war ursprünglich, zunächst die Wa-
fiomis zu bestrafen, demnächst die Waburungis und
Warangis und endlich die Massais, um dann durch
die Steppe auf kürzestem Wege zurückzumarschiren.
Da ich jedoch von Lieutenant Stadlbaur um Unter-
stützung für seinen vielfach noch ganz unbekannte
Gebiete berührenden Zug gegen die Wangaturus
gebeten wurde, beschloß ich, die Bestrafung der Wa-
fiomis zuletzt vorzunehmen, um von Usiomi aus über
Mangati und Gurniberg das nahegelegene Surn
zu erreichen.
Am 28. Juli begann die eigentliche Strafexpe-
dition gegen die vorgenannten Stämme.
Die Waburungis von Duma, Mura Sogoi,
Pampaya, Mirambo, gegen die zahlreiche Klagen
wegen verübter Räubereien vorlagen, wurden bestraft;
das Gebiet des deutschfreundlichen Sultans Damaß
in Goima dagegen verschont, obwohl er sammt seinen
Leuten geflohen war. Die Tembe des Sultans war
verlassen, aber vom Dach wehte noch die deutsche
Flagge. Aus dem Umstand, daß die kleine schwarz-
weiß-rothe Flagge genügte, das weite Gebiet des
Sultans vor Verwüstung und Plünderung zu schützen,
mußte auch seinen Stammesgenossen ein Verständniß
für den Werth des Besitzes einer solchen Flagge
erwachsen.
Vom 1. bis 8. August wurden die Warangis
von Darai, Sandalla, Kinduri, Buzi, Ziwani unter-
worfen. Der Jumbe von Arimabu, der als Einziger
früher auf der Station gewesen war und um Schutz-
brief und Flagge gebeten hatte, wurde reichlich be-
schenkt. Die tief in den Bergen gelegene Landschaft
Ziwani, an einem noch unbekannten, etwa 1000 m
langen und 200 m breiten Süßwassersee gelegen,