Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

Schauri zu kommen, andernfalls würde ich ihn be- 
kriegen. Als ich kurze Zeit nach Absendung des 
Boten selbst aufgebrochen war, um den Ort im Falle 
der Weigerung des Sultans zu überfallen, sahen wir 
nicht weit von Ntuguni einen Haufen Eingeborener 
mit einem jungen Weib an der Spitze keuchend und 
im schnellsten Lauf auf uns zukommen, was bei den 
Askaris große Heiterkeit erregte. Es war das Weib 
des Sultans mit Gefolge, das in seinem Namen, da 
er selbst fußkrank ist, um Frieden bat, der natürlich 
gewährt wurde. Der Sultan selbst, ein schlanker, 
noch junger Mann, wurde durch die Behandlung 
seines Fußübels und einige kleine Geschenle völlig 
zutraulich gemacht. 
In Ntuguni wohnen neben den Wagogos zahl- 
reiche Wahehes in fünf gut gebauten Temben. In 
dem etwa fünf Stunden entfernten Kitunda wa dede 
hatte ich einen Streit zwischen dem Sohne des Dede 
Meda und einem Manne, Namens Materra, zu 
schlichten. Dede hatte den Vater des Materra ge- 
tödtet und ihm zahlreiches Vieh weggenommen. Der 
Aufforderung der Station Kilimatinde, zum Schauri 
zu kommen, hatte er wie auch später sein Sohn 
Meda nicht Folge geleistet. Ich überfiel ihn unver- 
sehens, nahm ihn gefangen und theilte dann die 
Viehherde zwischen ihm und Materra aus Ntuguni, 
worauf ich Meda wieder freiließ, der froh war, so 
leichten Kaufs davonzukommen. 
Von da marschirte ich über den stark frequentir- 
ten, mit Unrath bedeckten Karawanenplatz Fadi nach 
Ngomoia. Die Einwohner dieses Ortes nennen sich 
Wangomoias. Ihre Sprache ist das Kingomoia, das 
aber nur von Wenigen noch verstanden wird. Sie 
sind anscheinend ein im Aussterben begriffener, den 
Wadsandanis verwandter Volksstamm. Da ich noch 
an demselben Tage weitermarschirte, konnte ich mich 
auf eine nähere Untersuchung dieses vielleicht ethno- 
graphisch wichtigen Punktes nicht einlassen. Ngomoia 
bildet die Grenze zwischen Ugogo und Ussandaui 
und ist von demselben durch ein etwa achtstündiges 
Pori getrennt. 
Den Umweg durch Ussandaui hatte ich deshalb 
gewählt, da ich feindliche Zusammenstöße mit den 
Waburungis und Warangis vor Beginn der eigent- 
lichen kriegerischen Aktion vermeiden wollte. 
In Ussandaui wechseln groteske Felshügel und 
Bergrücken von mittlerer Höhe mit sanften, überaus 
fruchtbaren Thälern. Die Landschaft mit ihrem 
frischen Grün stand in merkwürdigem Gegensatz zu 
dem trockenen Ugogo. Zahlreiche Wanjamwesi wohnen 
zwischen der friedlichen Urbevölkerung. Durch die 
Landschaft Mangasita gelangte ich nach der Wan- 
jamwesiniederlassung Kwa Mtoro, von hier durch 
ein zwölfstündiges Pori mit Wasser am Limbo 
Kikumn nach Kwa Mdoda, einem Dorfe von Makua 
Waduaheli und Wanjamwesijägern des Wali von 
Mkondoa. Der Wali, in dessen Dienst weit über 
hundert Jäger stehen, die sich in Irangi, z. B. in 
Tandalla und Kinduri niedergelassen haben und ihre 
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Jagdzüge bis zum Guruiberg und dem Kilimandjaro- 
gebiet ausdehnten, hat diesen Leuten sofort nach Be- 
kanntwerden des Jagdgesetzes Pulver und Zünd- 
hütchen entzogen, so daß sie jetßzt eigentlich brotlos 
sind, da sie die verlangten Schießgebühren nicht be- 
zahlen können und auch der Wali nicht in der Lage 
ist, für jeden seiner Leure die Gebühr zu erlegen. 
Die Härte, die unzweifelhaft für diese in ihrem 
Beruf meist sehr tüchtigen Leute in der plötlichen 
Entziehung ihrer bisherigen Thätigkeit liegt, ließe sich 
vielleicht dadurch mindern, daß sie sämmtliches Elfen- 
bein nach der Station zu bringen hätten, woselbst 
jeder vierte Zahn als Gebühr eingezogen, die wieder 
freigegebenen Zähne aber gestempelt werden müßten. 
Natürlich müßte diese Kontrole auf allen Stationen, 
auch auf den Grenzstationen für die aus fremdem 
Gebiet eingeführten Zähne (bei letzteren ohne Ent- 
nahme der Schießgebühr) stattfinden und ungestempelte 
Zähne an der Küste beschlagnahmt werden. 
Am 20. Juli langte ich in Mkondoa an und ver- 
einigte mich mit der aus zwei Europäern (Lieutenant 
Stadlbaur und Dr. Reinhard), etwa 60 Askaris 
mit Maximgeschütz und etwa 20 Frregulären be- 
stehenden Abtheilung der Station Kilimatinde. 
Mein Plan war ursprünglich, zunächst die Wa- 
fiomis zu bestrafen, demnächst die Waburungis und 
Warangis und endlich die Massais, um dann durch 
die Steppe auf kürzestem Wege zurückzumarschiren. 
Da ich jedoch von Lieutenant Stadlbaur um Unter- 
stützung für seinen vielfach noch ganz unbekannte 
Gebiete berührenden Zug gegen die Wangaturus 
gebeten wurde, beschloß ich, die Bestrafung der Wa- 
fiomis zuletzt vorzunehmen, um von Usiomi aus über 
Mangati und Gurniberg das nahegelegene Surn 
zu erreichen. 
Am 28. Juli begann die eigentliche Strafexpe- 
dition gegen die vorgenannten Stämme. 
Die Waburungis von Duma, Mura Sogoi, 
Pampaya, Mirambo, gegen die zahlreiche Klagen 
wegen verübter Räubereien vorlagen, wurden bestraft; 
das Gebiet des deutschfreundlichen Sultans Damaß 
in Goima dagegen verschont, obwohl er sammt seinen 
Leuten geflohen war. Die Tembe des Sultans war 
verlassen, aber vom Dach wehte noch die deutsche 
Flagge. Aus dem Umstand, daß die kleine schwarz- 
weiß-rothe Flagge genügte, das weite Gebiet des 
Sultans vor Verwüstung und Plünderung zu schützen, 
mußte auch seinen Stammesgenossen ein Verständniß 
für den Werth des Besitzes einer solchen Flagge 
erwachsen. 
Vom 1. bis 8. August wurden die Warangis 
von Darai, Sandalla, Kinduri, Buzi, Ziwani unter- 
worfen. Der Jumbe von Arimabu, der als Einziger 
früher auf der Station gewesen war und um Schutz- 
brief und Flagge gebeten hatte, wurde reichlich be- 
schenkt. Die tief in den Bergen gelegene Landschaft 
Ziwani, an einem noch unbekannten, etwa 1000 m 
langen und 200 m breiten Süßwassersee gelegen,
	        
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