Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

— 140 
der wenig baumreichen Einöde gegen die übrigen 
Orte auf mich keinen günstigen Eindruck. Am fol- 
genden Tage reiste ich früh wieder durch Baum= und 
Grassavannen und gelangte am Abend nach Ueber- 
schreitung des Gbinflusses nach dem gleichnamigen 
Ort. Der Göbin, welcher in der Trockenzeit wenig 
Wasser führt, tritt in der Regenzeit weit über seine 
Ufer und schneidet dann fast die direkte Verbindung 
mit der Küste ab. Der Gbin wird von einem schönen 
Galeriewald eingerahmt und an ihn lehnt sich auf 
einer kleinen Anhöhe das Dorf an. 
Der erste größere Ort ist es, der frei von der 
schrecklichen Wassersnoth ist; hier war es uns ver- 
gönnt, wieder klares Wasser zu trinken und unser 
Abendbrot anstatt mit der dürftigen Kassava mit dem 
als Kartoffelpüree zubereiteten Mams einzunehmen. 
Was die Kleidung der Eingeborenen anbetrifft, 
so sieht man schon weniger europäisches Zeug. Das 
bei Weitem bessere, haltbare Eingeborenentuch scheint 
hier den Vorzug vor dem europäischen Kattun zu 
haben. Fast sämmtliche Leute trugen Elfenbeinringe, 
die Einen am Oberarm und an den Fesseln, die 
Anderen als Stulpen. Dieses Elfenbein soll aus der 
unbekannten Gbinebene, welche zwischen Gbin und 
Agu liegt, stammen. Nach den Aussagen der Ein- 
geborenen sollen dort in der menschenleeren Ebene, 
wie behauptet wird, noch größere Herden von Ele- 
santen vorkommen, die von den eingeborenen Jägern 
gejagt werden. Das erbeutete Elfenbein wird theils 
zur Küste durch Händler geführt, theils zu Schmuck- 
gegenständen und dergleichen von den Eingeborenen 
verarbeitet. 
Am 38. August marschirte ich von Gbin ab und 
gelangte nach Assahun. Im Allgemeinen ist die Ebene 
von meterhohem Grase bestanden. 
Assahun ist einer der größeren Marktplätze und 
das ersie Agomedorf, wo der Dialekt ein anderer ist, 
so daß sich meine Leute schwer verständigen konnten. 
Hier bemerkte ich, im Gegensatz zu den anderen kurz 
geschorenen Evhenegern, viele Leute mit sonderbar 
ausrasirten Scheiteln, welche ganze Muster auf ihren 
Köpfen gestalteten. 
Ebenso waren auch viele Schmuckgegenstände aus 
Elfenbein zu bemerken. 
Hier nahmen sich meine Träger Weiber an, die 
ihnen die Lasten von einem Ort zum anderen trugen, 
weil sich bis hierher die Ausläufer des Agomegebirges 
erstrecken und die bizarren abschüssigen Schluchten 
nur ein mühsames Fortkommen gestatten. Das Metall- 
geld wird immer seltener genommen und die Träger 
machen immer noch ein gutes Geschäft, wenn sie 
sich Weiber miethen, denen sic als Zahlung ein Stück 
Zeug oder Perlenschnüre als Lohn für ihre Mühe 
geben. Schluchten mit hohen verschlungenen Bäumen 
wechseln mit Ebenen, die 3 bis 4 m hohes Nohrgras 
zeigen, ab. Es geht bergauf und bergab und von 
einigen Anhöhen hat man kurze Durchblicke auf den 
Agu und das in der Ferne liegende Agomegebirge. 
Nach einem harten zweistündigen Marsche erreicht 
  
man das auf der Höhe gelegene Dorf Klonn. Die 
Einwohner scheinen vorzugsweise Hausindustrie zu. 
betreiben, da ich dort viele Webstühle in Thätigkeit 
sowie Korbflechter bei ihrer Arbeit 
Von diesem Ort geht es bergab zu dem Thale 
des Ehe. Ueber diesen führt eine von der Station 
wohl angelegte Brücke, die erste, die ich von dieser 
Art angetroffen habe. Der Weg führt nun weiter 
wieder durch Busch und hohes Rohrgras; die Yams- 
und Maisfelder, in denen häufig Bananen angepflanzt 
waren, zeigen die Nähe der Ortschaften an. 
In ¼ Stunden gelangt man nach Tove. Dieser 
kleine Ort, so verlassen und abgeschlossen wie er liegt, 
wird von den Trägern und Karawanen gefürchtet 
wegen der häufigen Naubanfälle, die seine Bewohner 
auf letztere früher begingen. 
Der Weg führt dann weiter an kleinen Zuflüssen 
des Ehe, welche dem Wanderer den Weg erschweren, 
durch einen wunderschönen dichten Oelpalmenwald, 
wo die vielen Farnkräuter, die Schlingpflanzen und 
das Murmeln der Bäche die schönsten Abwechse- 
lungen bieten. 
In diesem Haine geht es weiter, bis man nach 
1½ Stunden das wegen seiner freundlichen Gesinnung 
beliebte Agome Palime erreicht. Hier ließ es sich 
der Häuptling Giddegidde nicht nehmen, mich feierlich 
zu empfangen. 
Bald wurde das kleine Dorf Kossuntu erreicht, 
von wo ab es auf einem von der Station angelegten 
Damm durch einc saftige grüne Wiese, umgeben von 
schönen Erdnußfarmen, weiterging. Hier bot sich 
uns eine herrliche Aussicht auf den im weiten Bogen 
umgebenden Thalkessel des Agomegebirges und im 
Rücken auf den Agu. Nachdem wir noch den kleinen 
Ort Jo passirt hatten, sahen wir die Station mit 
dem deutschen Reichsbanner malerisch mit dem kleinen 
weißen Häuschen an dem 450 m hohen Frangoispaß 
von Weitem liegen. 
Nach einer angestrengten halben Stundc und 
einem sehr steilen Aufstieg war das Ziel, die würdig 
aussehende Station Misahöhe, erreicht. 
Was die Eingeborenen anbetrifft, so gehören diese 
von der Küste bis zum 7. Breitengrade nördlich, im 
Westen vom Volta und im Osten vom Mono begrenzt, 
ausschließlich dem Stamme der Eohe an. Die Männer 
sind im Allgemeinen von mittlerer Größe und meistens 
bartlos, während die Frauen naturgemäß etwas kleiner 
sind. Ihre Hautfarbe ist im Allgemeinen tiefschwarz, 
während auch vereinzelt helleres Braun vorkommt. 
Das Ebenmaß ihrer Glieder ist, wenn man von den 
aufgeworfenen Lippen und der etwas plattgedrückten 
Nase der Neger absieht, wohl als schön zu bezeichnen. 
Die Kinder, welche hier herumlaufen, wie sie die 
Natur erschaffen hat, machen mit ihren großen schwar- 
zen Augen und der meistens noch wohlgebildeten 
Nase und Lippe einen für Kinderfreunde geradezu 
entzückenden Eindruck. 
Was die Stammeszeichen aubetrifft, so werden 
von den Männern keine eigentlichen Abzeichen ge- 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.