Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

sind kühl und erfrischend. Dem Wassermangel könnte 
durch Änlagen von in Cement gemauerten Cisternen 
abgeholfen werden. 
Auch für die Eingeborenen würde sich die Anlage 
solcher Cisternen empfehlen. Die Bau= und Unter- 
haltungskosten ließen sich dadurch aufbringen, daß die 
Jumben von den Wasser holenden Leuten Abgaben 
in Geld oder Naturalien erheben. Durch solche 
Maßregeln werden die scheuen Wamusra am ehesten 
zu gewinnen sein. 
Das Plateau mit dem erwähnten Hügelvorland 
und das weite Thal des Lukuledi sind jedenfalls vor 
kaum mehr als 10 bis 15 Jahren fast durchgängig 
mit Lianenwald, dessen Charakteristitum die Gummi- 
liane ist, bedeckt gewesen. Durch die unsinnigen 
Rodungen der fortgesetzt wandernden Eingeborenen 
ist dieser Wald theilweise vernichtet worden und an 
seine Stelle dichter dorniger Busch getreten. Die 
Gewinnung des Wurzelgummis selbst hat die Ver- 
anlassung dazu gegeben, daß aus den noch vorhan- 
denen Waldbeständen die Gummiliane verschwunden ist. 
Das Gebiet nördlich des Rovuma, etwa von dem 
in Massassi entspringenden Miesi an westlich, ist mit 
Ausnahme von Madjedje ein flachgewelltes Waldland, 
gut bewässert von den Rebenfllissen des Rovuma, dem 
Bangala, Lukwamba, Lumesule, Moessi und Msin= 
jaewe. Man kann in diesem Gebiet drei Bodenklassen 
unterscheiden. Das schwarze zähe Schwemmland, 
welches alljährlich einige Zeit unter Wasser steht oder 
berieselt wird, ist vorzüglich für den Anbau von Reis 
und Zuckerrohr geeignet, der gelb bis braunrothe 
Lateritboden des unteren Theils der flachen Kuppen 
liefert bei Bestellung mit Mtama und Mais gute 
Ernten; der sandige und llesige, oder aus verwitter- 
tem Gestein bestehende Boden des oberen Theils der 
bewaldeten Erhebungen, welcher immerhin beträchtliche 
Mengen an pflanzlichen Zersetzungsprodukten enthält, 
genügt für den Anbau von Erdnüssen, Bohnen, Erd- 
bohnen und Mahogo. 
Die aus dem Waldland auftauchenden Felsberge, 
welche wir in der Landschaft Madjedje näher zu- 
sammengerückt finden, zeigen trotz ihrer steilen oft 
überhängenden Wände und thurmartigen Aufsätze 
charakteristische runde Formen. Sie bestehen durch- 
gängig aus Urgestein, Gueiß oder Granit, dessen 
oberste Schicht meist hohl liegt und sich in mehr 
gder minder starken Schalen zwiebelartig abblättert; 
ie losgelösten Schelben lassen sich verhältnißmäßig 
leicht zerbröckeln. 
Bei einem Theile dieser Berge ist die Verwitte- 
rung so weit vorgeschritten, daß sich Baumwuchs auf 
denselben bilden konnte. Diese Waldberge, wie die 
Berge von Masassi, der Muamba, der Huwe haben 
immer fließende Quellen. 
Das Hinterland von Lindi — das Flrußgebiet 
des Lukuledi und- das nördliche Ufer des mitkleren 
Rovuma — wird von den nahe verwandten Bantu- 
stämmen, den Wamuêra, Makua, Wajaue und Wa- 
matambue bewohnt; eingestreut finden sich Nieder- 
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„lassungen von Stämmen vom Nyassa, welch letztere 
sich auch mit der oben erwähnten Bevölkerung theil- 
weise vermischt haben; von Norden her haben sich 
ferner Wandonde eingeschoben. Für die nahe Ver- 
wandtschaft der erstgenannten Stämme spricht die 
ihnen gemeinsame Sitte, den Weibern die Oberlippe 
zu durchbohren und in diese einen bis zu 5 cm 
Durchmesser zeigenden Holzkeil — das Lupelele — 
zu stecken, wodurch den Lippen das Aussehen eines 
Schnabels gegeben wird. 
Die Gebiete, welche die einzelnen Stämme be- 
wohnen, lassen sich nicht genau begrenzen. Oft finden 
sich in einer Landschaft Dörfer verschiedener Stämme 
und vielfache Vermischungen derselben haben statt- 
gehabt. Verschiedene Umstände haben diese Durch- 
einanderwürfelung der Bevölkerung bewirkt. Die 
Gewohnheit derselben, nach einigen Jahren ihre Dörfer 
und Felder zu verlassen und auf frisch gerodetem 
Boden neue Wohnsitze zu gründen, weil ihnen bei 
ihrer oberflächlichen Bearbeitung des Bodens der 
Ertrag desselben nicht mehr genügte, dann die Ein- 
fälle der Magwangwara, welche die Bevölkerung 
veranlaßten, sich in der Nähe der schützenden Berge 
oder auf Inseln anzusiedeln, und schließlich das Ein- 
schieben der Malua und Wajaue von Süden und 
Südwesten aus dem portugiesischen Gebiet her. 
Am nächsten der Küste sind die Wamueêra; sie 
haben das Hügelvorland und den fruchtbarsten Theil 
des Plateaus nördlich des Lukuledi inne und reichen 
westlich etwa bis zum Mahiba. Einzelne Ansiede- 
lungen von ihnen finden sich über die bezeichnete 
Grenze weiter nach Westen hin vor, so Chekenjes 
Dörfer am Ndandafluß, in Makanja, zwischen Bangala 
und Rovuma, endlich Brussia südlich Madijedje. 
Die Bevölkerung in Umueêra ist ziemlich dicht, 
indessen sehlen größere politische Gemeinwesen. Die 
Wamura bauen sich meist in kleinen Dörfern, die 
oft recht versteckt liegen, familienweise an; der Fa- 
milienälteste ist der Sultan. Ihre Hütten, von 
kreisrundem oder quadratischem Grundriß, sind nach 
der allenthalben üblichen Art in Holz erbaut und 
mit Lehm beworfen, zuweilen fand ich die Außen- 
seiten der Wände sauber geglättet und mit meist der 
Thierwelt entnommenen Figuren bemalt. Ihre Fel- 
der, deren Erträgnisse sie theilweise zur nahen Küste 
zum Verkauf bringen, bestellen sie in der üblichen 
Weise mit Mtama, Mais, Mahogo, dann verschie- 
denen Bohnenarten, hauptsächlich aber mit Mahogo. 
Der Viehstand, überhaupt nur in Ziegen und 
Hühnern bestehend, ist ein geringer. 
Früher kam die Gummiliane in den Wäldern, 
die Umucra größtentheils bedeckten, sehr häufig vor, 
und es bestand schwunghafter Handel in Kautschuk. 
Durch die Gewinnung desselben aus den Wurzeln 
der Liane, welche die Bewohner stampften und aus- 
kochten, haben sie dieselbe zum großen Theil aus- 
gerottet, so daß der Gummihandel bis auf ein Achtel 
oder ein Zehntel der alten Höhe zurückgegangen ist. 
Daß er nicht ganz erloschen, ist hauptsächlich dem
	        
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