Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

und werden von diesem irgend einem Manne zur 
vorläufigen Aufbewahrung und Verpflegung über- 
geben, wenn er nicht sofort definitiv über ihr Schicksal 
entscheidet. 
In die Arbeit theilen sich, auch wieder im Gegen- 
satz zu den Bantus, Alle, Freie wie Unfreie, Männer 
wie Frauen. Bleibt auch das Kriegshandwerk und 
die Jagd die vorzüglichste Beschäftigung des freien 
Wute, so entzileht er sich in der Bestellzeit der Feld- 
arbeit nicht. Die Farmen werden überall sorgfältig 
bearbeitet und mit Durrhakorn, Mais und Kürbissen 
bepflanzt, deren Kerne gemahlen und mit dem Mais- 
mehl vermischt genossen werden. Auch Bananen und 
Pisangs, süße Kartoffeln und Grundnüsse werden 
gepflanzt. Bei Ngutte fand ich auch eine große 
Zwiebelzucht. Geerntet wird im Februar und im 
August. Ein Theil der Ernte wird von den Dörfern 
an den Häuptling in der Stadt abgeliefert, dieser 
verbraucht bei seinem Riesenhaushalt — Ngilla hat, 
wie er mir selbst sagte, 200 Weiber und Dienerinnen 
— gewaltige Mengen und Lebensmittel, zumal er 
auch an Gäste, Günstlinge, reisende Haussas 2c. stets. 
Essen abzugeben hat. Er hat deshalb besondere 
Farmen, die meist ein alter Haussklave verwaltet, die 
täglich Essen liefern, neben dem, was seine Weiber 
in der Hofburg selbst kochen. Auch viele Großen 
haben solche Farmdörfer, die ihnen den täglichen 
Unterhalt liefern; denn die Familien sind bei dem 
Frauenrelchthum groß. Jeder Mann hat neben 
seinen Wuteweibern noch Dienerinnen, die aber 
sämmtlich großer Freiheiten in jeder Beziehung sich 
erfreuen, obgleich das Familienoberhaupt unumschränkt 
über alle Mitglieder seines Hauses verfügt. Strei- 
tigkeiten entscheidet überall der Dorf= oder Stadt- 
älteste, nur die Angelegenheiten der Großen oder 
Sachen, bei denen es sich um Tod und Leben han- 
delt, kommen vor den Häuptling. 
Die Wutes sind trotz ihres äußerlichen mohamme- 
danischen Anstrichs, den namentlich die Häuptlinge 
und Großen zur Schau tragen, die krassesten Heiden, 
die man sich denken kann. Man findet zwar bei 
ihnen keine Götzen, wie bei den Bantus, sie sprechen 
von „Allah“, tragen Koransprüche und lachen über 
die Fetische der Batis; aber sie sind von einem aus- 
gedehnten Aberglauben und sind sämmtlich Kannibalen. 
Sie sind tapfer und selbstbewußt; aber der Hauptzug 
jedes Einzelnen ist krasser Egoismus und Habsucht. 
Das Fehlen jeglicher Charakterfestigkeit bei hoher 
Intelligenz drückt die Wutes auf eine sehr niedrige 
moralische Stufe herab, so daß man vor Hinterlist 
und Verrath bei ihnen nie sicher ist, auf Ver- 
sprechungen nicht bauen darf, wohl aber auf sie 
rechnen kann, wenn sie in ihrer Schlauheit aus dem 
Verkehr mit dem Weißen für sich einen Nuten er- 
warten. Jedenfalls aber sind die Wutes energisch 
und kriegerisch und besitzen vor Allem einen festen 
Zusammenhalt, der sie den unselbständigen, in sich 
zerfallenen Bantus weit überlegen macht, der aber 
auch der Regierung einen Verkehr mit ihnen sehr 
  
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erleichtert, weil sich eben der Stamm in seinem 
Häuptling, der Handel an festen Punkten centralisirt, 
von wo aus er beherrscht und geleitet werden kann. 
Straferpedition nach der Nordgrenze. 
Nach Berichten aus Kamerun ist es erforderlich 
gewesen, einen Theil der Schutztruppe zu einer Straf- 
expedition nach der Nordgrenze, dem Flußgebiete des 
Rio del Rey, zu entsenden. Dort hatten die in den 
Rumbibergen ansässigen Jkoi= und Ngolostämme trotz 
nachdrücklicher Verwarnungen den Handelsverkehr 
durch räuberische Uebergriffe geschädigt und schließlich 
sogar eine Handelskarawane gänzlich ausgeraoubt und 
die Träger getödtet. 
Am 12. März verließ die zu ihrer Bestrafung 
ausgesandte Expedition in einer Stärke von zwei 
Offizieren (Hauptmann v. Kampt und Lieutenant 
Nolte), einem Arzt (Assistenzarzt 1. Klasse Dr. Lich- 
tenberg), zwei weißen Unteroffizieren, 93 farbigen 
Unteroffizieren und Soldaten und 97 Trägern die 
Station Rlo del Rey und kehrte am 24. April nach 
Kamerun zurück, nachdem es Hauptmann v. Kamptz 
gelungen war, seine Aufgabe erfolgreich durchzuführen, 
ohne einen Mann seiner Truppe einzubüßen. Die 
aufrührerischen Häuptlinge hatten nach kurzem Wider- 
stande die Flucht ergriffen und, nachdem eine Anzahl 
der an dem Ueberfall der Karawane in erster Linie 
betheiligten Dörfer zerstört waren, um Frieden ge- 
beten, welcher ihnen unter billigen Bedingungen ge- 
währt wurde, nachdem festgestellt war, daß von den 
beiden Hauptschuldigen der eine mit geringer Be- 
gleitung über die Landesgrenze geflüchtet und der 
andere im Kampfe getödtet war. 
Es steht zu hoffen, daß die Sicherheit der Han- 
delsstraße in jener Gegend, nachdem den Eingeborenen 
in dieser Weise die Macht des Gouvernements vor 
Augen geführt ist, in Zukunft nicht mehr gestört 
werden wird. 
Dandel in Ramerun. 
Nach den vorliegenden statistischen Mittheilungen 
hat sich der Handel Kameruns während des Jahres 
1896 folgendermaßen gestaltet: 
Einfuhr: Ausfuhr: 
I. Quartal 1 239 038 Mk. 1 091 213 Mtk. 
II. - 1327 668 - 1106627 - 
III. - 1666 882 — 871 020 = 
IV. 1245 915 = 1254796 -- 
Zusammen 5 377 943 Mk. 4 323 656 Mk. 
Es ist ausgeführt worden: 
Quartal Palmöl Palmbkerne Gummi elastik. Elfenbein 
Mar 
I. 183 194 328 089 283 452 140 956 
II. 318 264 346 261 271 896 118 183 
III. 220 3562 240 870 263 514 90 600 
IV. 266 338 366 481 254 790 211770
	        
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