Nachdem schon im November des vorigen Jahres
das Kloster in St. Ottilien vom apostolischen Stuhle
zu einem selbständigen Benediktinerpriorat erhoben
worden war, wurde, wie „Das Heidenkind“ mit-
theilt, es am 30. Juni als solches auch von der
Königlichen Regierung bestätigt und anerkannt.
Im Juni und Juli machten die ersten Zöglinge
aus dem Missionsseminar das Gymnasialabsolutoriim P
in Augsburg mit, und zwar mit glücklichem Erfolge.
Am 25. Juli wurden drei Kleriker vom Bischof
von Augsburg zu Priestern geweiht.
RAus fremden MHolonien.
Ueber den Gewürznelkenbau in Lansibar.“)
Welche hohe Bedeutung der Gewürznelkenbau für
das Protektorat Sansibar besitzt, geht aus der That-
sache hervor, daß der bei der Anbringung in die
Stadt Sansibar in natura erhobene Nelkenzoll von
25 pCt. mit etwa 27 000 Pfd. Sterl. jährlich unge-
fähr die Hälfte der Gesammteinnahme der Regierung
ausmacht. Diese hohe Bedeutung läßt ein näheres
Eingehen auf die Kultur der Nelkenbäume, auf die
Menge und Preislage des gewonnenen Produktes um
so eher für gerechtfertigt erscheinen, als sich daraus
werthvolle Fingerzeige für eine sehr zu wünschende
Anpflanzung des so hervorragenden Nutzgewächses in
Ostafrika ergeben.
1. Kultur der Bäume.
Die Frucht, Nelkenmutter genannt, die nur in
verschwindender Menge in den Handel kommt, wird
zur Fortpflanzung des Baumes in der Weise benutzt,
daß sie bei völliger Reife gepflückt oder auch, wenn
sie abgefallen ist, vom Boden aufgelesen und dann
drei Tage in täglich erneutes frisches Wasser gelegt
wird. Hiernach wird die oberste dicke Haut abge-
zogen, die Nelkenmutter selbst, den Kopf nach unten,
etwa handbreit tief in die Erde gelegt und zum
Schutze gegen die Sonne mit Bananenblättern bedeckt.
Lettere werden nach zwel bis drei Wochen, wenn
die Frucht zu keimen anfängt, durch ein auch seitlich
schützendes Dach aus trockenen Palmenblättern ersetzt.
Nach zwei Jahren werden die dann etwa 1 m hohen
Bäumchen ausgepflanzt und zwar auf Sansibar bei
gutem Boden im Abstande von 9m, bei weniger
gutem Boden, auf dem sich der Baum seitlich nicht
so weit ausbreitet, im Abstande von 5⅛½ zu 7 m.
Nach weiteren vier bis fünf Jahren bringt der Baum
die erste Ernte. Völlig entwickelt, trägt er auf 1,3
bis 1,6 m hohem Stamm eine pyramidenförmige,
tief herabgehende Krone von 5 bis 7 m Höhe.
Die Ernte erfolgt einmal im Jahre von Ende
September bis gegen den März hin, und zwar durch
Sklaven. Dieselben werden des Morgens von einem
*) Aus dem „Notizblatt des Forin botan. Gartens zu
Berlin“ Nr. 9. Leipzig 1897. Engelmann.
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Aufseher zu der Stelle geführt, wo zu ernten ist.
Der Sklave klettert mit einem Korb aus Blättern
oder Mattenstoff in den Baum, setzt sich auf einen
Zweig und fängt an, soweit er reicht, in den Korb
zu pflücken. Ist der Korb voll, wird ihm ein anderer
gereicht. Er klettert so von Zweig zu Zweig, bis
der Baum abgesucht ist. Manchmal erfolgt das
flücken auch von einer Art Leiter aus, die in Form
einer dreiseitigen Pyramide aus Bambus oder leichtem
Holz zusammengebunden ist. Gegen 4 Uhr pflegt
die Arbeit nach acht= bis neunstündiger Dauer beendet
zu sein. Das gepflückte Quantum, das für den Mann
und Tag den Ertrag von ein bis zwei Bäumen aus-
macht, wird meist auf einem freien Platz vor dem
Hause des Besitzers gebracht, woselbst Sklavinnen die
Nelken von den Blüthenstielen sondern. Dann wird
das Produkt auf Matten ausgebreitet und drei Tage
lang in der Sonne getrocknet. Trocknung über dem
Feuer ist in Sansibar nicht üblich.
Ein Baum, der in einem Jahr gut getragen hat,
pflegt im Folgenden fast gänzlich zu ruhen. Dem-
entsprechend wird der Ertrag einer Pflanzung, die
in einem Jahre vielleicht 400 Frasilah (1 Frasilah
35 engl. = 31,25 deutsche Pfund) gebracht hat,
für das folgende auf nur 50 Frasilah geschätzt. Im
Durchschnitt bringt jeder Baum etwa ¼ Frasilah,
unter besonders günstigen Umständen und ausnahms-
weise bis zu zwei Frasilah.
Die Güte der Nelke, die durch das Trocknen die
Hälfte ihres Gewichtes verliert, richtet sich nach der
Größe, der Fülle, der Form, dem Gehalt an Oel,
auch darf sie beim Trocknen nicht holzig geworden,
sondern muß biegsam und weich geblieben sein. Die
beste Nelke ist die von der größten der Moldukken,
Amboina, dann kommt an Güte die Sansibar= und
zuletzt die Pembanelke. An Menge jedoch liefern die
Inseln Sansibar und Pemba vier Fünftel der ge-
sammten Nelkenproduktion der Welt.
Im Durchschnitt enthält die Nelke 17 bis 19 pCt.
Oel. Das Oel wird nicht in Sansibar destillirt.
In neuerer Zeit geschieht die Destillation in nicht
unbedeutenden Mengen auch in Hamburg und Altona.
Ein Nebenprodukt der Nelken sind die Blüthen-
stiele, Nelkenstengel genannt, die gleichfalls getrocknet
in den Handel kommen, jedoch nur etwa 6 pCt. Oel
enthalten. Sie dienen zur Bereitung eines geringeren
Nelkenöls und finden, ebenso wie die Nelkenblüthen,
bei der Herstellung von Likören, Parfümerien 2c.
Verwendung.
2. Stand der RNelkenproduktion.
Der Werth der Nelke leidet unter einer erheb-
lichen Ueberproduktion. Den Jahresbedarf der Welt
schäbt man auf 80 000 Ballen zu je 4 Frasilah,
also auf 320 000 Frasilah oder 100 000 Centner.
Sansibar und Pemba bringen aber allein erheblich
mehr auf den Markt, wie die folgenden Zahlen zeigen
werden. Sämmtliche auf Sansibar und Pemba ge-
wonnenen Nelken müssen zum Zweck der Zollerhebung