Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

geführt, den Klimawechsel bis Deutsch-Ostafrika und 
dann in den verschiedenen Gebieten zwischen Küste 
und Uhehe aushalten können. Immerhin ist in 
Deutsch-Ostafrika für Ochsenwagen eine Zukunft 
wahrscheinlich. 
Das Nächstliegende für Uhehe wäre die 
Benutzung der Wasserstraße Rufiji — Ulanga, um 
so mehr, als Uhehe Aehnlichkeit hat mit dem briti- 
schen Schirehochland und dieses Gebiet an dem 
oberen und unteren Schire und dem Sambesi eine 
Wasserstraße besitzt, welche der für Uhehe in Vor- 
schlag gebrachten durchaus analog ist. Abgesehen 
von der größeren Breite des Sambesi stellt derselbe 
mit seiner knappen Wassertiese und veränderlichen 
Sandbankbildung für Schifffahrt ziemlich dasselbe 
dar wie der Rufiji; noch größer ist die Aehnlichkeit 
zwischen unterem Schire und Rufiji, indem hier 
auch die Breite beiderseits annähernd dieselbe ist. 
Der obere Schire ist vollends genau dasselbe wie 
die Ulanga: beide Flüsse sind gleichmäßig schnell, 
tief und ausgezeichnet fahrbar. Bei der Ulanga 
haben wir sogar noch ganz erhebliche Vortheile, indem 
deren Zuflüsse mehr oder minder zu gebrauchen sind 
und bei ihr eine große Unannehmlichkeit fortfällt, 
die bei dem oberen Schire störend wirkt — das ist 
die Thatsache, daß der Pomolombosee, durch welchen 
der obere Schire fließt, in den trockensten Zeiten eine 
Schlickfläche darstellt. Auch im Uebrigen findet sich 
Analoges zwischen der für Uhehe projektirten und 
der bei unseren südlichen Nachbarn längst in 
ausgedehnter Benutzung stehenden Wasserstraße: 
hier haben wir als Verkehrshinderniß die Schu- 
guli= und Panganistromschnellen, dort zwischen 
oberem und unterem Schire die Murchisanfälle. 
Dort ist die Strecke, die zu Land zurückgelegt 
werden muß, 16 Wegstunden lang, hier würde sie 
an 90 bis 100 km in der Luftlinie betragen, also 
in Wirklichkeit kaum viel über 20 Wegstunden. 
Wägen wir die Vor= und Nachtheile auf beiden 
Wasserstraßen ab, so können wir sie als beide ein- 
ander gleichwerthig konstatiren, und da die dortige 
Straße längst als völlig brauchbar gilt, kann die 
biesige unbedingt auch als brauchbar hingestellt werden. 
Ich will durchaus nicht sagen, daß die Fahrt auf 
dem Rufiji ganz leicht und hindernißlos von statten 
gehen würde — durchaus nicht! Es kommt aber 
nicht darauf an, wenn der Dampfer auch so und so 
viele Male auf Sandbänken aufsetzt und dadurch 
Verspätung erleidet, sondern es kommt darauf an, 
daß er überhaupt und in vernünftigem Zeitraum 
ankommt. Im Sambesi habe ich verschiedentlich, im 
unteren Schire in drei Tagen viele Male mit dem 
Dampfer auf Sandbänken gelegen, darunter einmal 
mehrere Stunden lang. Alle Mannschaften und 
schwarzen Passagiere mußten über Bord und den 
Sand unter dem Dampfer wegkratzen. Das that 
aber der Thatsache keinen Abbruch, daß die Fracht 
faktisch befördert worden war, und daß eine Reihe 
  
  
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von europäischen Passagieren, darunter eine junge, 
alleinstehende deutsche Missionsdame unter ziemlich 
geringen Kosten in bequemer Weise eine Strecke 
zurückgelegt hatten, die ihnen zu Lande, mit einer 
Trägerkolonne geplagt, viel Geld gekostet und große 
Anstrengungen bereitet hätte. Die Landstrecke 
zwischen oberem und unterem Schire wurde bei jener 
Gelegenheit mittelst Träger und Machilla auf einer 
sehr passablen Straße zurückgelegt, die zum großen 
Theile durch ziemlich schwieriges Hügelland geführt 
war. Einen solchen Weg zwischen Rufiji und 
Ulanga herzustellen, würde auch für uns keine be- 
sonderen Schwierigkeiten bieten und würde für 
Ochsenwagen und sonstiges Fuhrwesen durchaus ver- 
wendbar sein. Dabei mache ich darauf aufmerksam, 
daß trotz des bedeutenden Verkehrs zwischen oberem 
und unterem Schire doch noch kein Fuhrwesen üblich 
ist, daß also Einführung von Ochsenwagen oder der- 
gleichen auf unserer Strecke ein Uebriges wäre. Der 
Transport würde sich von der Rufijimündung an 
folgendermaßen gestalten: 
Auf dem Rufiji vermittelst möglichst flachgehender 
Heckraddampfer und Leichter; vom Rufiji bis zur 
Ulanga über Land mit Ochsemwagen und dergleichen; 
auf der Ulanga mit tiefgehenden größeren Dampfern 
und Leichtern; auf dem Kihansi mit flachgehenden 
schmalen Dampfbooten; auf den übrigen verwendbaren 
linken Nebenflüssen der Ulanga mit leichten flachen, 
schmalen Booten. Eine Kostenberechnung steht noch 
außer meiner Macht; da aber Hauptmann v. Kleist 
berechnet hat, daß z. Zt. auf Rufiji, Ulanga, Kihansi 
eine Last mit Boot bis Perondo 6 Rupien kosten 
würde, so ist anzunehmen, daß der Dampfertransport 
erheblich billiger sein würde. 
Eins steht fest: Die Wasserstraße Rufiji— 
Ulanga ist verwendbar; die Ulanga mit ihren 
Nebenflüssen erschließt ein weites Gebiet, dessen 
großer Theil für tropische Kulturen sehr fruchtbar 
ist und schon jetzt durch Gummireichthum erheb- 
lichen Handelswerth besitzt; dies grenzt direkt an 
das Besiedelungsland Uhehe an, welches, an sich von 
großer Ausdehnung und sehr zahlreichen Farmen 
Raum bietend, in direktem Anschluß steht an die 
ebenfalls durchaus besiedelungsfähigen weiten Gebiete, 
die längs des östlichen und nördlichen Nyassarandes 
laufen und von da ununterbrochen bis zum Rikwa 
und Tanganyika sich erstrecken. Hierzu tritt, daß 
hier die einzige nennenswerthe Wasserstraße unserer 
Kolonie zu finden ist. Um so mehr drängt sich die 
Ueberzeugung auf, daß es am meisten lohnt, gerade 
hier mit ganzer Kraft und mit allen Mitteln an das 
Werk heranzugehen. 
 
	        
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