Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

Kinder herbeigeholt, die, im Busch versteckt, den 
Ausgang der Verhandlungen erwartet hatten, und 
dann lagerten wir uns Alle in bester Eintracht auf 
schnell herbeigeholten Bastmatten, um des Weiteren 
den Freundschaftsbund zu besiegeln. Die beiden 
Häuptlinge überreichten als Gegengabe dem Richter 
je einen Faden Aapsoka und ließen sich in stolzer 
Ruhe, die sie während der ganzen Zeremonie be— 
wahrt hatten, in unserer Mitte nieder. Auch als 
unser Kommandant zum Zeichen der Freundschaft 
jedem der großen Krieger ein riesiges Buschmesser 
überreichte, verrieth keine Miene, daß sie über diese 
Gabe, die bei den Kanaken in hohem Werth steht, 
auch nur zum Mindesten erstannt oder erfreut seien. 
Mit vornehmer Ruhe gaben sie das Messer an junge 
Krieger ab, die dann auf ein kaum merkliches Kopf- 
nicken verschwanden, um nach kurzer Zeit mit einem 
sauber verschnürten Bündel Speere wieder zu er- 
scheinen, das der Häuptling stumm seinem weißen 
Freunde in den Schooß legte. 
Inzwischen war unser Frühstückskorb erschienen, 
aus dessen vielverheißendem Innern sich eine Flasche 
Champagner und andere gute Dinge entwickelten. 
In silbernen Bechern wurde der schäumende Trank 
den weißen und den schwarzen Häuptlingen kredenzt, 
und unsere neuen Freunde ließen mit stummer Würde 
aber sichtlichem Behagen diese Ehrung über sich er- 
gehen. Auch den später erscheinenden Rothwein 
nahmen sie, nachdem sie auf den Geschmack gekommen 
waren, nicht nur gnädig hin, sondern zeigten durch 
Mienenspiel ein sichtliches Verlangen danach. 
Aber noch war die Zeremonie nicht ganz be- 
endigt, die übliche Rede fehlte noch, und schon hatte 
der Richter Bedenken geäußert über die Offenheit 
der friedlichen Gesinnung, als plötzlich in athemlosem 
Lauf ein alter Mann aus dem Busch erschien. Nur 
mit einem schellenbehangenen Bastkörbchen bekleidet, 
das er unter dem Arm trug, lief er um uns herum 
und erzählte, keuchend vor Anstrengung, aber mit 
bewundernswerther Zungenfertigkeit, er sei herum- 
gelaufen und habe allen betheiligten Dörfern die 
frohe Botschaft vom großen Frieden überbracht, nun 
sei allenthalben Freude im Lande. Obgleich der Er- 
zählung des alten Herrn mit Rücksicht auf die ver- 
flossene kurze Spanne Zeit keine allzu große Glaub- 
würdigkeit beigemessen werden konnte, wurde sein 
Auftreten symbolisch als Besiegelung des Friedens- 
bundes angenommen und er selber durch Geschenke 
in entsprechender Weise geehrt. 
Damit war unsere Aufgabe erfüllt, und wir 
kehrten nach kurzem Besuch in den einzelnen Hütten 
zu den Booten zurück, begleitet von den Eingeborenen, 
deren Häuptlinge es sich nicht nehmen ließen, unseren 
Frühstückskorb zu tragen; wohl ein Zeichen der An- 
erkennung für die gehabten Genüsse. Nach herz- 
lichem Abschied kehrte man an Bord zurück. 
178 
  
— — 
  
RAus dem PBereiche der Missionen und 
der Antishlaverei-Bewegung. 
Von der Kongregation der Pallottiner reisen mit 
der „Aline Woermann"“ nach Kamerun der Missions- 
priester Schöller und die Hülfsmissionare Freien- 
stein, Müller und Büning. Mit demselben 
Dampfer gehen für die Baseler Mission nach Kamerun 
die Missionare Schmid, Maier und Gutekunst, 
denen sich für die Baptistenmission die nach Kamerun 
gehende Diakonissin Fräulein Emilie Buchmann 
anschließt. 
Die Missionare Bernsmann und Teuchel mit 
ihren Frauen reisen am 25. März mit Dampfer 
„Marie Woermann“ nach Walfischbai; sie gehören 
zur Rheinischen Mission in Barmen. (Afrikapost.) 
— — ——— 
In der „Allgemeinen Missionszeitschrift“ wird 
über die Schulen der Baseler und der Norddeutschen 
Mission im englischen Evhelande, wie folgt, berichtet: 
Die Kolonialregierung (der Goldküste) hat in 
früheren Jahren, ohne Forderungen zu erheben, Schul- 
gelder verwilligt. Später hat sie einen Regierungs- 
inspektor angestellt und einen School-Board gebildet 
und dann angefangen, ihre Verwilligungen an Be- 
dingungen zu knüpfen, die alle aus dem Prinzip 
heraus gedacht waren, daß die Bildung des Volkes 
eine englische sein muß. Die Norddeutsche Missions- 
gesellschaft glaubte bei diesem System, das sich in 
allen Schulen, in den Schulzielen, in der Lehrer- 
bildung geltend machte und noch mehr in der Zu- 
kunft als schon jetzt, ihr Prinzip einer nationalen 
Erziehung, die ohne Bildung in der eigenen Mutter- 
sprache unmöglich ist, nicht aufrecht erhalten zu können, 
und hat darum auf den Schulgrant verzichtet. Ging 
man auf das englische System nicht ein, so wurde 
der Grant ohnehin ganz unbedeutend, während aller- 
dings die Summe, wenn man sich akkommodiren wollte, 
sehr ansehnlich wurde. So führt die Baseler Rech- 
nung von 1896 22 000 Mark auf, d. i. für jeden 
Schüler fast 6 Mark. Es wäre lehrreich, zu hören, 
ob dabei das Prinzip nationaler Erziehung, das die 
Baseler Mission auch hat, nicht doch leidet. Wenn 
die englische Regierung nicht von dem Wahn beseelt 
ist, daß einmal die Ga und Tshi redenden Völker 
englisch reden werden, und wenn sie erkennt, daß es 
doch besser ist, daß die Eingeborenen eine gesunde, 
einfache Bildung in ihrer Sprache empfangen, als 
wenn sie ein klein wenig Englisch lernen, so sollte 
sie doch bestimmt werden können, die zu unterstützen, 
die ihre Schutzbefohlenen lehren, in ihrer Sprache zu 
lesen und zu schreiben. Die Baseler Mission sendet 
doch jährlich gewiß 600 bis 700 Afrikaner, die lesen 
können, unter das Volk zurück. Die wollen dann 
auch etwas lesen. Die Zeiten sind auch für Afrika 
vorüber, wo Bibel und Gesangbuch genug waren für 
den einfachen Leser. Die Baseler Mission trifft denn 
auch Anstalten, um dem Lesebedürfniß entgegenzu-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.