Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

licher Weise zugenommen (über 30 Schüler), wenn 
auch die Regelmäßigkeit sehr zu wünschen übrig läßt. 
Geschwister Worms sind wohlbehalten in Dar- 
es-Saläm angekommen, kehrten aber nicht in ihre 
alte Arbeit nach Kisserawe zurück, sondern wurden 
sich in einer Konferenz mit den Brüdern Holst und 
Liebau eins, daß sie den Auftrag des Vorstandes, 
Bumbuli in Usambara zu besetzen, auf sich nehmen 
wollten, während Geschwister Holst mit ihren beiden 
Kindern in Kisserawe bleiben sollten. Bei seiner 
großen Sprachbegabung wird es Br. Worms leicht 
werden, sich unter den Waschambaa einzuleben, und 
haben wir dann wohl manchen Gewinn für die Er- 
sorschung der ostafrikanischen Sprachen aus seiner 
reichen Kenntniß derselben zu erwarten. 
Die evangelische Missionsgesellschaft für 
Deutsch-Ostafrika hielt am 30. März im Hospiz 
Behrenstraße in Berlin ihre diesjährige Hauptver- 
sommlung. Der auf Urlaub hier weilende Missionar, 
Pastor Döring, der die Geschäfte des Inspektors 
führt, erstattete, wie Zeitungen melden, den Jahres- 
bericht. Danach geht das Werk der Gesellschaft in 
Deutsch-Ostafrika zwar langsam, aber stetig vorwärts. 
Auf sieben Stationen (Bethel in Usambara, Hohen- 
friedeberg, Wuga, Tanga, Dar-es-Saläm, Kisserawe 
und Maneromango), zu denen jetzt noch eine achte 
trit (Bumbuli), sowie auf 50 Predigtplätzen wirken 
zehn Missionare (darunter vier verheirathete), ein 
Diakon und acht eingeborene Gehülfen. Sie haben 
im vergangenen Jahre 54 Katechumenen getauft, so 
doß die Zahl der Christen auf 154 gestiegen ist. 
50 Katechumenen befinden sich noch im Taufunter- 
richt, die Katechumenen-Missionsschulen haben 150 
Schüler. Unter den Missionaren herrschte viel Krank- 
heit. Missionar Greiner, der bereits im Frühjahr 
1896 aus Gesundheitsrücksichten zurückgekehrt ist, ist 
mumehr in den Ruhestand getreten. Der frühere 
Inspektor, Pastor Winkelmann, ist als Pfarrer 
nach Gusow i. d. Mark berufen worden. — Dem 
Kossenbericht, erstattet vom Kaufmann Francke, ist 
zu entnehmen, daß einer Einnahme von 78 621 Mk. 
eine Ausgabe von 86 197 Mk. gegenübersteht, so daß 
zu dem bereits in das Jahr herübergenommenen 
Fehlbetrage von 25 650 Mk. noch ein solcher von 
7576 Mk. getreten ist. Einen kleinen Theil der 
Kosten bringen die Missionsstationen selber auf. Der 
Voranschlag sieht außer Deckung des Fehlbetrages 
von 33 000 Mk. rund 54 000 Mk. Ausgaben für 
die Stationen vor. Aus dem Vorstande sind aus- 
geschieden Pfarrer Werkenthin und Generallieute- 
nant a. D. v. Eutmann. Der nach Tübingen be- 
nifene Professor D. Schlatter verbleibt im Vorstande. 
Bei der Neuwahl wurden die Pastoren Diestelkamp- 
Berlin und D. v. Bodelschwingh-Bielefeld wieder- 
gewählt, Pastor Wolff-Köpenick neugewählt. Der 
Vorsitzende Pastor Diestelkamp hob gegenüber der 
Ueberschätzung der Erfolge der katholischen Mission 
  
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die weniger in die Augen fallende, aber um so tiefer 
gehende Arbeit der evangelischen Missionare hervor 
und betonte das lebendige Glaubensleben in den 
evangelischen Missionsgemeinden. Die anfänglich von 
der Gesellschaft auch betriebene Krankenpflege in der 
Kolonie tritt immer mehr in den Hintergrund, weil 
sie zum Theil vom Reich, zum Theil von anderen 
Gesellschaften übernommen worden ist, so daß sich 
die Missionsgesellschaft immer mehr ihrem eigentlichen 
Zwecke widmen kann. Auch die schwer hiermit zu 
vereinende Erziehung der befreiten Sklavenkinder geht 
mehr und mehr in andere Hände über, namentlich 
in die des Evangelischen Afrikavereins. 
ZBruder Oskar.) 
Am 26. Januar hat in Deutsch-Ostafrika ein Mann 
die Augen geschlossen, der dort zu den bekanntesten 
und beliebtesten, ja man kann sagen wirklich populären 
Persönlichkeiten daselbst gehörte: Bruder Oskar. 
Bruder Oskar war ein Düsseldorfer Kind. Vor 
mehr als einem Vierteljahrhundert war er als Bruder 
der Missionsgesellschaft der Väter vom heiligen Geist 
nach Ostafrika hinausgegangen und hatte das Glück, 
lange Zeit hindurch einen Lehrmeister zu finden, wie 
er besser gar nicht gedacht werden kann: den Pater 
Baur, oder, wie er draußen in Ostafrika allgemein 
genannt wird: Pere Etienne. Unter solcher Leitung 
wurden Bruder Oskars Eigenschaften voll entwickelt. 
Vielleicht zeigt sich das am besten, wenn Schreiber 
dieser Zeilen, der selbst längere Zeit in Ostafrika 
thätig war und viel mit Bruder Oskar zusammenkam, 
einige Beispiele anführt. 1 
Eines Tages ging ich mit Bruder Oskar in der 
Umgegend von Bagamoyo herum; er zeigte mir dies 
und jenes, bis er plötzlich sagte: „Ja, ja, vor Kurzem 
sah's hier anders aus. Als ich vor einiger Zeit 
hier ging, da richteten sich auf ein Mal aus dem 
hohen Gras eine ganze Anzahl Flinten auf mich.“ — 
„Da werden Sie wohl nett kehrtgemacht haben?“ 
„Nein, lieber Herr, ich hab' nur mein Stöckchen 
— er trug meist ein solches — in die Höhe gehoben 
und gesagt: „Ihr Esel, kennt ihr den Bruder Oskar 
nicht? Nehmt mal die alten Schießeisen weg, sonst 
macht ihr womöglich noch ’ne Dummheit.“ Seh'n 
Sie, das brachte die Leute zur Vernunft.“ Eines 
Tages sprachen wir über Schießen, Jagd und der- 
gleichen, und Bruder Oskar, der Jahre lang im 
Innern zu thun gehabt und auf dessen Schußliste 
auch mehr denn ein Löwe stand, konnte hübsch mit- 
reden und erzählen, bis einer von uns ihm lachend 
sagte: „Bruder Oskar, Sie kennen die Büchse ge- 
nauer als Ihr Gebetbuch,“ aber schlagfertig und 
treffend klang es zurück: „Lieber Herr, wie ich die 
Büchse kenne, das wissen Sie, aber wie ich mein 
Gebetbuch kenne, das wissen Sie nicht." 
*) Erinnerungen eines Afrikaners in der „Kölnischen 
Volkszeitung“ Nr. 216 entnommen.
	        
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