Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

Ein von der Missionsstation Gare nach Kwai 
zur Pflege gebrachter Missionar lag daselbst schwer 
krank. Zwei von den Beamten der Station er- 
krankten in den ersten Tagen, ebenso einer von 
meinen Begleitern. Am traurigsten sah es auf der 
Missionsstation Gare aus, die ich so bald als mög- 
lich besuchte. 
Diese Station ist von Trappisten im August 1897 
an einer in jeder Beziehung günstigen Stelle begründet; 
aber die kurze Zeit ihres Daseins besteht aus einer 
sortlaufenden Kette von Krankheit und Tod. 
Die Trappisten, welche die Station anlegten, 
waren zwei Patres. Sie kamen von Natal, also 
aus klimatischen Verhältnissen, welche denjenigen von 
Usombara nicht unähnlich sind. Aber schon kurze 
Zeit nach ihrem Eintreffen waren beide schwer krank, 
der Eine starb, und der Andere wurde zur Küste 
und von da in seine Heimath geschafft, wo er sich 
erholt haben soll. 
Gegen Ende Oktober kamen in Gare drei Laien- 
brüder an, um die Station wieder zu eröffnen. 
Kaum waren sie in Gare, als sich auch bei ihnen 
die Krankheit zeigte. Da es ihnen an Pflege fehlte, 
mußten sie nach Kwai gebracht werden. Zwei hatten 
sich bereits etwas erholt, sahen aber bei meinem 
Besuch in Gare, wohin sie zurückgekehrt waren, noch 
recht schwach und elend aus. Der Dritte lag in 
Kwa in sehr bedenklichem Zustande. Er war leichen- 
blaß, sein Bewußtsein war fast erloschen, der Puls 
kaum sühlbar und sehr frequent, die Temperatur 
subnormal. Er befand sich also in einem Kollaps, 
der jeden Augenblick das Schlimmste befürchten lassen 
mußte. Glücklicherweise gelang es, ihn durch kräftige 
Excitantia über diesen gefährlichen Zustand hinweg- 
zubringen. Am 11. Dezember trafen in Gare zwei 
weitere Patres ein. Von diesen wurde der Eine 
acht Tage später sterbend nach Kwai gebracht, der 
Andere litt wiederholt an Anfällen derselben Krank- 
heit, ud auch ihn soll, wie ich später erfahren habe, 
sein Schicksal einige Zeit darauf ereilt haben. 
Ich lernte somit das Akklimatisationsfieber des 
Usambaragebirges von vornherein in seiner schlimmsten 
Gestalt kennen. Von den wenigen Europäern in 
Kwai waren drei krank. Auf der Missionsstation 
Gare war von sieben Ansiedlern kein einziger von 
der Krankheit verschont geblieben, und drei von ihnen 
mußten sogar ihr Leben lassen. 
Wenn dasselbe Loos allen weiteren Ansiedlern 
bevorstand, oder auch nur ein annähernd ährliches, 
dann konnte selbstverständlich von Besiedelung des 
Gebirges und Anlage eines Sanatoriums überhaupt 
leine Rede mehr sein. 
Glücklicherweise ließen meine Untersuchungen diese 
twistlosen Verhältnisse sehr bald in einem ganz anderen 
Lihte erscheinen. 
Zunächst stellte sich heraus, daß das sogenannte 
Akklimatisationsfieber keine besondere Krankheit. 
sondern nichts weiter als die tropische Malaria ist. 
Fereer ließ sich, wenn man die Inkubationszeit der 
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tropischen Malaria in Betracht zog, sofort erkennen, 
daß die Kranken ihre Krankheit von der Küste oder 
aus der Ebene ins Gebirge mitgebracht hatten. Bei 
einem der verstorbenen Patres ließ sich sogar mit 
Bestimmtheit nachweisen, daß er bereits in Tanga 
infizirt sein mußte, da die ersten Krankheitssymptome 
schon unterwegs in Korogwe sich bemerklich gemacht 
hatten. Bei einigen von den Kranken, welche trotz 
längeren Aufenthaltes im Gebirge wieder von Neuem 
erkrankt waren, konnte ich nachweisen, daß dies nur 
Recidive der anfänglich ins Gebirge mitgebrachten 
Malaria waren. Ich habe nicht einen einzigen Fall 
von tropischer Malaria auf der Höhe des Usambara= 
gebirges gefunden, welcher nicht mit Sicherheit auf 
die Küste oder auf die Zeit des Marsches von der 
Küste bis zum Gebirge hätte zurückgeführt werden 
können. 
Ich glaube deswegen mit Bestimmtheit ver- 
sichern zu können, daß das Gebirge selbst frei von 
Malaria ist. Doch gilt dies nur für die Höhe von 
1200 m und darüber. Weiter abwärts, bestimmt 
schon bei 800 m, kommen Malariainfektionen vor, 
und zwar scheint von der Höhe nach der Ebene zu 
zuerst die Tertiana vorzukommen und dann erst die 
tropische Malaria zu folgen. Ich glaube dies daraus 
schließen zu dürfen, daß ich zwei Fälle von Tertiana, 
einen bei einem Europäer und einen bei einem Ein- 
geborenen gefunden habe, welche in der Höhe von 
etwa 800 m entstanden sein mußten. 
Für die Behauptung, daß das Usambaragebirge 
auf seiner Höhe malariafrei ist, kann ich noch folgende 
Thatsachen geltend machen. 
Die Gebirgsbewohner sind nicht wie die Küsten- 
neger immun gegen die tropische Malaria, sondern im 
Gegentheil sehr empfänglich dafür. Wenn ein Mensch 
aus dem Gebirge zum ersten Male in die Steppe 
hinunter oder gar zur Küste geht, dann bekommt er 
eine fieberhafte Krankheit, welche mit Unterbrechungen 
zwei bis drei Monate dauert. Der Schilderung 
nach zu urtheilen, welche mir von dieser, mitunter 
tödlich endenden Krankheit gemacht wurde, kann es 
nur Malaria sein. Ist die Krankheit überwunden, 
dann kann der Betreffende in Zukunft ungestraft an 
die Küste gehen, er ist nun immun geworden. Nur 
ausnahmsweise soll es vorkommen, daß die Krankheit 
zum zweiten oder gar zum dritten Male, dann aber 
in abnehmender Stärke, denselben Menschen befällt. 
Die Eingeborenen sagen, daß sie die Krankheit da- 
durch bekommen, daß sie in der Ebene von Mos- 
quitos gestochen werden, welche es im Gebirge nicht 
giebt. 
Die Bezeichnung der Eingeborenen für Mosquito 
ist „Mbu“", und auch die Krankheit wird von ihnen 
„Mbu“ genannt. 
Das, was ich hier über die Mbukrankheit be- 
richte, wurde mir von verschiedenen Seiten, von den 
Missionaren, von anderen Europäern und von den 
Eingeborenen selbst in völlig übereinstimmender Weise 
mitgetheilt, so daß ich keinen Grund habe, an der
	        
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