Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

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Von Kwai ist ein schöner, bis auf wenige schwie- 
rige Stellen fahrbarer Weg (40 km lang) bis Mombo 
in die Ebene geführt. An diesem liegt der neue 
Hauptort des Bezirks Westusambara, das spätere 
Bezirksamt in der Landschaft Rusotto. Der Bezirks- 
chef hat seinen Sitz von Masinde hierher verlegt, da 
hier oben in den Bergen und nicht unten in der 
unfruchtbaren Steppe der Mittelpunkt der Geschäfte 
liegt. Die Station ist sehr geschickt und zweckmäßig 
angelegt, der Hausbau ist noch im Stadium der Vor- 
bereitung, hat aber an den gleichen Anlagen in Kwai 
ein vortreffliches Muster. Der Bezirk wird fortan 
nicht mehr den Namen Masinde, sondern West- 
usambara führen. 
Als letzter interessanter Punkt dieser Landschaft 
wurde noch die von Herrn Illich angelegte Plantage 
Sakarre besucht. Der Platz, auf etwa 1300 m 
Meereshöhe, ist ganz vortrefflich gewählt, ein sehr 
großer Komplex besten Kaffeebodens mit mehreren 
durch die Pflanzung fließenden Gebirgsbächen ist mit 
verhältnißmäßig geringen Geldmitteln gerodet, be- 
pflanzt und mit bequemem Wegenetz versehen. Gegen- 
wärtig standen 160 000 einjährige Bänme im Felde, 
die trotz der Dürre ein gutes, gesundes Aussehen 
zeigen. Aus den Samenbeeten werden in der Regen- 
zeit weitere 150 000 verpflanzt, wozu alle Vorbe- 
reitungen getroffen sind. Die ganze Anlage macht 
einen sehr vertrauenerweckenden Eindruck. 
Im Luengerathale besichtigte ich die Vermessungs- 
arbeiten des Premierlieutenants Ganßer, der dort 
unter den größten Schwierigkeiten und unter hartem 
Kampfe mit dem Sumpfklima einen 3100 m langen 
Erddamm aufführt, um eine Basis für die Ver- 
messung von Ost= und Westusambara zu schaffen. 
Zwei Europäer sind ihm gestorben, mehrere mußten 
abgelöst, andere ins Lazareth nach Tanga geschickt 
werden. Die sehr bedeutenden Erdarbeiten — der 
Damm ist am Südende 5 m hoch aufgeschüttet — 
werden auch während der Regenzeit fortgesetzt; Ende 
Mai soll die Basis fertig vermessen sein. Ich habe 
angeordnet, daß bis zum 1. Oktober d. Is. das 
Dreiecksnetz von Handei mit den Punkten 1. bis 
4. Ordnung vermessen sein soll. Alsdann wird die 
Herstellung der so dringend nöthigen Karte des 
Plantagengebietes eifrigst gefördert werden. 
An Missionsanstalten habe ich zu sehen bekommen: 
1. Die Missionen der schwarzen Väter in Bagamoyo, 
Mandera, Mhonda, Kilema und Kiboscho; 
2. die lutherischen Leipziger Missionen in Moschi, 
Mamba und Madschame; 
3. die evongelischen (unirten) Berliner Missionen 
in Bethel und Hohenfriedeberg in Westusambara. 
I1. Die katholischen Missionsanstalten im nördlichen 
Theil der Kolonie (kirchlicher Sprengel Nordsansibar) 
slehen jetzt unter dem thätigen Einfluß des Bischofs 
Allgeier. Derselbe ist geborener Elsässer, sein Be- 
streben ist, olle im deutschen Gebiet gelegenen Missions- 
anstalten mit Missionaren deutscher Abkunft zu be- 
  
setzen. Der Bischof weist seine Missionare an, die 
ihrer Obhut anvertrauten Kinder neben der Christen- 
lehre auch streng zur Arbeit zu erziehen und anzu- 
halten. Um jede katholische Missionsanstalt dehnen 
sich Frucht-, Gemüse= und Versuchsgärten aus, in 
denen außer den für den Tisch nothwendigen Kar- 
tosseln und Gemüsen auch Kaffee und andere wichtige 
Kulturpflanzen gezogen werden. In Kilema trinken 
die Missionare selbstgezogenen (Bourbon-) Kaffee; in 
Kiboscho hat Pater Rohmer ein wahres Kunstwerk 
von terrassirten Gartenanlagen geschaffen, deren Er- 
zeugnisse die höchste Anerkennung verdienen. 
Mandera und Mhonda sind durch dorthin ent- 
sandte Zöglinge des Mutterhauses Bagamoyo ge- 
gründet worden. Am Kilimandjaro scheint sich für 
die Mission ein dankbares Feld zu eröffnen, da die 
Wadschagga sich der neuen Lehre gern zuwenden 
und zahlreich zum Gottesdienst und zur Schule 
erscheinen. 
2. Neben der katholischen Mission wirkt am 
Kilimandjaro die lutherische Leipziger Missionsgesell- 
schaft in drei Stationen: Moschi, Mamba und Mad- 
schame. Bislang hat jede der hiesigen Anstalten eine 
ganze Landschaft für sich, und eine gegenseitige Stö- 
rung der beiden Konfessionen hat nicht stattgefunden. 
Auch die Herren dieser drei Stationen, die ich 
besucht habe, sind recht zufrieden mit ihren Erfolgen 
in kurzer Zeit. Die Frauen, die in keiner Anstalt 
fehlen, geben letzteren den Anstrich des behaglichen 
deutschen Pfarrhauses. Sie sorgen für die Pflege 
der Gärten und Kartoffelselder, während die Männer 
ihrem Missionsberufe als Verbreiter der christlichen 
Lehre obliegen. 
3. Von den Missionsstationen in Westusambara 
konnte ich nur Mtai (Bethel) und Mlalo (Hohen- 
friedeberg) besuchen. In ersterer ist es noch nicht 
gelungen, eine feste Gemeinde zu begründen, bei 
Hohenfriedeberg dagegen sind bereits zwei Christen- 
dörfer in der Nähe der Mission angesiedelt. Hier 
sind die Missionare mit dem Bau einer Kirche aus 
Luftziegeln beschäftigt. Dem Herrn Pastor Roehl 
in Mtai gebührt das Verdienst, durch den über sechs 
Stunden breiten Urwald zwischen Mtai und Mlalo 
einen guten Weg tracirt und durchgeschlagen zu haben. 
Ueber die Trappisten, die sich neuerdings in 
Gale im südlichen Usambara niedergelassen haben, 
ist noch nichts zu berichten, da sie bis jetzt dauernd 
mit schwerer Erkrankung zu kämpfen hatten und cine 
Thätigkeit noch nicht zu entwickeln vermochten. 
Die auf dieser Reise gesammelten Erfahrungen 
möchte ich folgendermaßen zusammenfassen: 
1. Die Entwickelung des ganzen Nordens der 
Kolonie hängt von der Fortführung der Tanga- 
Eisenbahn ins Innere ab. Erfolgt diese, so werden 
Westusambara, Südpare und das weitere Hinterland 
sofort sich der Kultur erschließen. 
2. Die Entwickelung Westusambaras ist so weit 
fortgeschritten, daß die dortigen Interessen die Ein- 
richtung eines Bezirksamts dringend erfordern.
	        
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