Ich versammelte deswegen die Mabeahäuptlinge zum
Palaver, dem auch auf meinen Befehl mehrere Buli-
häuptlinge beiwohnten. Hier hielt ich ihnen ihre
damaligen Lügen vor und gab ihnen auf, im An-
schluß an die Wegearbeit der Bulis den Weg nach
Groß-Batanga wie auch den Weg nach Wasserfall
freizuschlagen. Auf diesem neu gereinigten Wege
trat ich nach Heranziehung sämmtlicher Detachirungen
am 9. Mai den Marsch nach Kribi an. In Kribi
fanden sich noch mehrere Bulihäuptlinge, die mir
nachgeeilt waren, ein, um sich den Schutschein zu
holen. Unter Anderem meldete mir der Sakci-
häuptling Bejong die Vollendung der Reinigungs-
arbeiten an dem Regierungswege nach Bipindi. Er
erhielt nunmehr die erbetene deutsche Flagge und
den Schutzschein. Auch eine Gesandtschaft des Bakoko-
häuptlings Pekim versicherte die Ergebenheit ihres
Volkes. Am 16. wurde die Truppe auf dem Dampfer
„Nachtigal“ eingeschifft und traf am 17. Mai d. Is.
wieder in Kamerun ein.
Unruhen.
Durch den M'pangwestamm der Sassongo und
seine Verbündeten sind im Frühling bei Campo leichte
Unruhen verursacht worden. Als auf die Nachricht
davon die Kaiserliche Schutztruppe nach Campo ge-
schickt wurde und die Ruhestörer angriff, haben diese
nach schwachem Widerstande die Flucht ergriffen.
Man erwartete Anfang Juli Friedensverhandlungen.
Deutsch-Züdweltafrika.
Ueber die Bekämpfung der Rinderpest in Deutsch-
Lüdwestafrika“)
hat Herr Oberstabsarzt Professor Dr. Kohlstock in
der Berliner militärärztlichen Gesellschaft am 20. Juni
1898 folgenden Vortrag gehalten:
Redner gab als Einleitung eine kurze Charak-
teristik der Rinderpest. Dieselbe befällt alle Rind-
viehgattungen und großen Antilopenarten in schwerer
Form (Mortalität 95 pCt.); Schafe und Ziegen
werden gleichfalls ergriffen, zeigen jedoch leichten,
meistens nur durch charakteristische Fieberkurve er-
kennbaren Verlauf. Die Infektionsträger sind die
Ausscheidungen der kranken Thiere, das schleimig
eitrige Nasensekret und die Darmentleerungen sowie
das Blut. Die Uebertragung geschieht vorwiegend
durch Berührung kranker mit gesunden Thieren,
durch Vermittelung aller anderen mit diesen in Ver-
kehr kommenden Vierfüßler, besonders Schafe, Zie-
gen und Hunde, durch den Menschen, durch infizirte
Weide, infizirte Wasserstellen. Die natürliche Ver-
nichtung des Rinderpest-Virus wird bewirkt durch
*) Aus der „Deutschen Militärärztlichen Zeitschrift",
1898.
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energische Austrocknung, Feuer, afrikanische Sonne.
Die Inkubationszeit beträgt drei, höchstens vier Tage.
Das erste charakteristische Krankheitszeichen ist Fieber,
das, am vierten Tage einsetzend, sechs Tage lang
kontinuirlich mit Temperaturen bis zu 42° C. oder
remittirend verläuft; der Tod erfolgt gewöhnlich am
Abend des sechsten oder Morgen des siebenten Tages
unter Kollapstemperatur. Am zweiten Krankheits-
tage treten äußerlich wahrnehmbare Krankheits-
erscheinungen: Augenthränen, schleimig eitriger
Nasenausfluß, Durchfall auf. Der letztere wird all-
mählich profus und steigert sich zu wässerigen oder
blutigen und mit Schleimhautfetzen vermischten Aus-
leerungen. Gegen Ende der Krankheit thun sich die
Thiere schmerzlich stöhnend nieder, um mit seltwärts
geneigtem Kopf zu verenden. Die Obduktion ergiebt
in der Hauptsache schwere entzündliche Veränderungen
im Verdauungsapparat vom vierten Magen bis zur
Aftermündung sowie auf der Nasenschleimhaut. Die
Gallenblase ist in der Mehrzahl der Fälle erweitert
und enthält bis zu 1500 cem Galle. Die letztere
ist durch die Kochsche Entdeckung zum Rettungs-
mittel für Millionen von Rindern in Südafrika und
Südwestafrika geworden. Koch fand, daß 10 cem
Rinderpest-Galle, einem gesunden Rinde unter die
Haut (neben dem Sternum) gespritzt, eine spätestens
am zehnten Tage nach der Einspritzung eintretende
Immunität gegen die Rinderpest erzeugten. Die
geimpften Thiere bekamen an der Injektionsstelle
eine bis kindskopfgroße Anschwellung, welche am
zweiten Tage nach der Impfung eintrat und in
spätestens 10 Tagen zu schwinden pflegte. Andere
Reaktionserscheinungen traten nicht auf. Die erzielte
Immunität war so stark, daß die ersten immunisirten
Rinder noch vier Wochen nach ihrem Beginn die
Einspritzung von 40 cem Rinderpestblut vertrugen,
ohne zu erkranken. Dabei ist zu bemerken, daß
½/800 Ccm Rinderpesthlut ausnahmslos genügt, um
bei einem nicht geimpften Rind stets tödlich ver-
laufende Rinderpest zu erzeugen. Redner beschrieb
sodann die Technik der Gallenentnahme, der Impfung,
der Kontrolimpfung mit Rinderpestblut zur Fest-
stellung der Immunität; er erwähnte besonders, daß
in ihrer immunisirenden Wirksamkeit am zuverlässigsten
sich bakterienfreie, geruchlose Galle von dunkelgrüner
Farbe, welche beim Schütteln einen grünlich-weißen
Schaum gebe, erwiesen habe. Solche Galle erhält
sich in sterilisirtem Gefäß, luftdicht verschlossen, vor
Sonnenlicht geschützt und kühl bis zur Temperatur
von 8°% C. aufbewahrt drei bis vier Tage, im Eis-
schrank bis 20 Tage wirksam.
Geh. Rath Koch gab, sobald das von ihm ent-
deckte Impfverfahren in größerem Maßstabe erfolg-
reich Verwendung gefunden hatte, der deutschen
Reichsregierung die Anregung, durch Redner das-
selbe auch für Deutsch-Südwestafrika nutzbar zu
machen. Als Redner den daraufhin ihm gewordenen
Weisungen zufolge seine Reise nach genanntem
Schutzgebiet antrat, war die Sachlage in den süd-