Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

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von dem Wohnort der Missionare. Von Kpatove 
im Süden bis Matse im Norden sind es auch fast 
12 Stunden. Es wäre ein guter Fortschritt, wenn 
wir einen Theil abtrennen und am Agu einen neuen 
Arbeitsmittelpunkt anlegen könnten. 
Dreißig Arbeitsstätten oder Predigtstätten haben 
wir im Enphelande gegründet. Ferner haben wir 
jetzt 38 Schulen für Knaben und Mädchen, niedrige 
und hohe. Die Schülerzahl ist um 96 gewachsen, 
auf 969, so daß wir bald ein Tausend Schüler unter- 
richten. Im letzten Jahre berichteten wir von 
einer neuen Ausgabe des Neuen Testaments in der 
Erhesprache. In diesem Jahre ist dasselbe hinaus- 
gesandt. . 
Auf 793 Predigtreisen sind einmal und mehr— 
mals 672 Orte des Evhelandes mit dem Worte 
bedient worden. Kreise von 30, von 78, von 110 
und 672 Orten des Landes werden von der Predigt 
mehr oder weniger erreicht. 
Den Freunden ist bekannt, daß unser Gebiet 
für die Arbeit sehr ungünstig unter deutscher und 
englischer Herrschaft steht. Besonders für die Schul— 
arbeit ist dies lästig. Denn wenn wir natürlich 
auch die Evheer weder zu Deutschen noch zu Eng- 
ländern machen wollen und sie also auch in ihrer 
eigenen Sprache unterrichten und ihnen predigen, so 
können wir doch nicht ohne fremde Sprache aus- 
kommen. Wir hatten beschlossen, wenn die Zahl der 
Schüler aus dem deutschen Erheland der aus dem 
englischen gleich sei, im deutschen Gebiete Deutsch 
als fremde Sprache zu lehren. Das ist jetzt ein- 
getreten, und wir haben mit dem neuen Schuljahr, 
das im Januar beginnt, den deutschen Sprachunterricht 
auf den deutschen Stationen begonnen. Das ist sehr 
unbequem, zwei fremde Sprachen zu lehren, es ver- 
mehrt die Arbeit und hemmt in der Verwendung 
der Lehrkräfte, aber wir hoffen, es werden diese 
Schwierigkeiten zu überwinden sein, und die Schule 
auch weiter hin sich gedeihlich entwickeln. 
Wir hatten die Freude, daß in dem Jubeljahr 
1897 die evangelische Kirche im Evheland das zweite 
Tausend überschritten hat. Es sind 45 Jahre dar- 
über verflossen, bis die Gemeinde der lebenden Evhe- 
christen ein Tausend zählte. In fünf Jahren ist das 
zweite Tausend hinzugekommen. Am 31. Dezember 
waren 202 Erwachsene im Taufunterricht, mehr als 
jemals am Ende eines Jahres. Auch die Art des 
Zuwachses ist hoffnungerweckend. Fast um 200 
Seelen ist die Gemeinde gewachsen; hauptsächlich 
dadurch, daß Erwachsene getauft wurden, 162 Männer 
und Frauen. Und diese sind zum großen Theil aus 
den mittleren Lebensjahren; 112 unter den Er- 
wachsenen, die sich zu dem ernsten Schritt entschlossen 
haben, Christen zu werden, standen in dem Alter 
vom 20. bis zum 69. Jahre. Man darf annehmen, daß 
sie mit reifer Ueberlegung ihn gethan haben und aus 
dieser Thatsache den Schluß ziehen, daß in dem 
Volke eine Bewegung zum Christenthum stattfinde. 
  
  
Aus fremden Holonien. 
Borneo. 
Ueber eine im Herbst v. Is. von Singapore 
nach Borneo unternommenen Reise berichtet ein 
deutscher Reisender, wie folgt: 
Bei der großen Entfernung Borneos von Singa- 
pore — etwa 1000 Seemeilen oder fünf Tagereisen 
bis Sandakan — und der großen Ausdehnung des 
Territoriums von Britisch-Nordborneo (31.000 engl. 
Quadratmeilen), das den Flächeninhalt des König- 
reichs Bayern übertrifft und eine Küstenlinie von 
900 engl. Meilen hat, mußte ich von vornherein 
darauf verzichten, das ganze besiedelte Gebiet des 
Staates innerhalb der mir zur Verfügung stehenden 
vier Wochen kennen zu lernen und mich vielmehr 
darauf beschränken, die hervorragendsten Plätze zu 
besuchen. Bei der Vertheilung der Zeit war ich 
natürlich ganz von den vorhandenen Kommunikations-= 
mitteln abhängig. 
Die hauptsächlichsten Häsen sind Sandakan an 
der Ostküste, Kudat im Nordosten und Labuan auf 
der gegenüber der Westküste des Territoriums ge- 
legenen Insel gleichen Namens. Diese Häfen stehen 
mit Singapore durch drei — zwei verschiedenen 
Linien angehörige — Dampfer, welche die Rundfahrt 
in etwa 20 Tagen zurücklegen, in regelmäßiger Ver- 
bindung; Kudat und Sandakan sind außerdem mit 
Hongkong durch zwei alternirende Schiffe ebenfalls 
in dauerndem Verkehr. Außer diesen Schiffen lausen 
gelegentlich noch andere, zwischen Singapore und den 
niederländisch-indischen oder den Sulu-Inseln fahrende 
Schiffe einen oder den anderen dieser Häfen an. 
Den Verkehr zwischen den Häfen des Territoriums 
vermittelt eine in Sandakan eingetragene Gesellschaft 
(Sabah Steamship Co.) mit drei oder vier kleineren 
Dampfern (von 100 bis 150 Tons) nach mehr oder 
weniger festgesetztem Plau, der aber je nach Bedürfniß 
abgeändert wird. Im Ganzen laufen monatlich 
durchschnittlich 20 Schisfse in den Hafen von San- 
dakan und etwa 15 in den Hasen von Kudat ein. 
Jch trat die Reise nach Borneo in Singapore 
am Abend des 28. August 1897 mit dem Dampfer 
„Ranee“ (378 Reg.-Tons) der A. Holtschen Dampfer- 
linie an. Dieses Schiff sollte nicht, wie gewöhnlich, 
zuerst Labuan anlaufen, sondern direkt nach Kudat 
und Sandakan gehen, und erst auf der Rückfahrt 
Labnan berühren. Dies war mir insofern erwünscht, 
als Labnan seinem ganzen Charakter nach von dem 
Festlande Borneos verschieden ist und als ein aus 
Verwaltungsrücksichten dem Staate zugesügtes An- 
hängsel anzusehen ist. Die Fahrt von Singapore 
nach Borneo ist im Allgemeinen gefahrlos und er- 
eignißlos. Zunächst geht es bei dem Horsburgh- 
Leuchtthurm und der Insel Pedra Branca vorbei in 
östlicher Richtung bis Victory Island, dann ein 
wenig mehr nordöstlich bis zu den Natungs-Inseln, 
die wir am Morgen des 30. August passirten, und 
von da aus nordöstlich. Am Nachmittag des nächsten
	        
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