für Schritt vorwärts. Der Geistliche aber fördert
ihn mit Stolz und Liebe und hat doch schon die
Freude gehabt, den Gottesdienst darin abhalten zu
können. Weiter landeinwärts folgen dann die alte
protestantische Holzkirche, die Schule, die katholische
Kirche mit Kloster, ferner ein Hospital, das etwa
die Mitte der Thalmulde einnimmt. Auf der öst-
lichen Seite giebt es dann eine Reihe Privathäuser
von Europäern auf den Höhen zerstreut, und wieder
etwas niedriger und näher der Hafenstadt die Büreaus
der vornehmeren europäischen Kaufleute und Schiffs-
agenturen, das Regierungsgebäude, der Tennisklub,
das „Museum“ und das Gerichtshaus. Das Ge-
fängniß steht noch ein Stück östlich von der Hafen-
stadt, wo auch ein sogenanntes „Fort“, d. h. ein
ebener, aber sandiger Platz, auf einem Hügel am
Meere sich befindet. Dort halten die Polizeisoldaten
zuweilen Uebungen ab, und einige kleine Geschütze
sind aufgestellt. Auf der westlichen Seite, jenseits
des Government House am Strande, befindet sich in
einiger Entfernung von der Stadt, aber durch eine
Reihe von Häusern Eingeborener verbunden, eine
Cutch-Fabrik und eine Sägemühle. Die Fabrikation
von Cutch (einem Farb= und Gerbstoff aus Man-
grovenrinde) scheint sehr zuzunehmen und guten Vor-
theil abzuwerfen.
Die Gesammtzahl der Einwohner von Sandakan
wird auf etwa 5000 angegeben, von denen etwa 70
Europäer sind, darunter 20 Damen. Die asiatische
Bevölkerung besteht zum weitaus größten Theil aus
Chinesen, im Uebrigen aus Eingeborenen von Borneo
(Dayaks, Dusuns, Bajaus 2c.) und der Insel Sulu.
Die Chinesen befassen sich mit Handel in größerem
und kleinerem Maßstab, Handwerk und Ackerbau, die
Eingeborenen in geringem Umfange auch mit dem
Anbau von Gemüse, sonst mit Fischerei und nament-
lich mit Sammeln und Herbeischaffen von Produkten
der Wälder, von Vogelnestern, mit dem Fällen von
Holz und dergleichen. Die Straßen in Sandakan
sind gut, was um so mehr anzuerkennen ist, als sie
bei dem hügeligen Charakter des Geländes und der
Menge des Regenfalles natürlich der Zerstörung in
hohem Grade ausgesetzt sind. Das Straßennetz ge-
nügt auch dem Bedürfniß, und an seiner Erweiterung
wird beständig gearbeitet. Lerider reichen aber die
für Straßenbau ausgesetzten Mittel nicht aus, um das
Innere des Landes den größeren Hafenorten näher
zu bringen. Nur eie größere Straße ist von San-
dakan aus bis jetzt angelegt aber noch nicht durch-
geführt. Sie soll zu der an dem einige Mellen
nördlich von der Sandakan-Bucht ins Meer fließenden
Byte Fluß gelegenen Regierungspflanzung führen.
Außerdem ist mit großen Kosten quer durch Nord-
Borneo von Sandakan nach Labnan eine Tele-
graphenleitung gelegt, welche Sandakan mit London
in Verbindung setzen soll, da Labuan seit einiger
Zeit durch Kabel mit Singapore und Hongkong ver-
bunden ist. Leider ist die Leitung eine oberirdische
und daher im Urwalde vielen Zufällen ausgesetzt,
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wie dem Umstürzen hoher Bäume, Zerstörung durch
Thiere und wohl auch gelegentlich dem Muthwillen
der Eingeborenen. Die Thätigkeit des Telegraphen
ist deshalb sehr häufig unterbrochen. Eine kleinere
Linie geht noch nach Lamag, einer etwa 80 eng-
lische Meilen von Sandakan entfernten Pflanzung
am Oberlauf des Kinabatangan-Flusses, in deren
Nähe sich auch ein Regierungsposten (Sitz eines
„Magistrate“) befindet und von dort weiter bis
nach Darvelbai. Der Verkehr zwischen dem Regie-
rungssitz in Sandakan und den übrigen Stationen
im Staate ist wesentlich auf die Verbindung zu
Wasser angewiesen.
Von Sandakan aus beschloß ich, einige in diesem
Bezirk belegene Pflanzungen zu besuchen, und zwar
insbesondere die von einem deutschen Pflanzer, Herrn
Breitag, geleitete „Batu Putch (weißer Stein)
Estate“ an dem großen Kinabatangan-Flusse, und
die Regierungsplantage am Byte-Fluß. Am 5. Sep-
tember bestieg ich den kleinen Dampfer „Sabah“,
einen kleinen Flußdampfer, auf dessen Verdeck im
Vorderraum ein Platz von etwa 20 Fuß im Quadrat
für Europäer reservirt war. Wir waren deren
nur 4; der Maschinist und Führer des Schiffes,
Mitbegründer der Sabas-Gesellschaft, welcher das
Schiff gehörte, dazu ein Advokat aus Singapore,
der um einer Prozeßsache willen hergekommen war,
und der junge Wilhelm Schück, der einen Bruder
auf einer der Plantagen besuchen wollte, zu denen
wir fuhren. Auf dem hinteren Raume des Verdecks
drängten sich eine Menge von Chinesen und Ein-
geborenen, und auf dem Unterdeck wimmelte es von
lebender und todter Ladung, wovon namentlich einige
Kühe mit einem Kalbe, Schweine, Ziegen, Gänse
und Hühner sich recht bemerklich machten. Unter
dem Verdeck befanden sich vier kleine Kabinen für
die Europäer. Wir fuhren aus der Bucht hinaus
nach Südosten bis zur Mündung des Kinabatangan-
Flusses. Der Fluß hat mehrere Mündungen, von
denen wir die nächste wählten, die wir nach 1½ stün-
diger Fahrt erreichten. Der Fluß ist breit und,
nachdem die Barre überschritten ist, tief und hat
sandig gelbes Wasser. Die Ufer sind zu beiden
Seiten dicht von Mangrovewaldungen eingefaßt, die
nach einiger Zeit hier und da von Nirapalmen
unterbrochen werden. Später werden die Nipa-
palmen häufiger, und die Mangrovebäume verschwinden
allmählich. Weiter flußaufwärts kommen dann auch
andere Bäume dazwischen, bis man endlich in den
eigentlichen Urwald kommt. Wir fuhren am ersten
Abend bis Dunkelwerden — 6¼⅛ Uhr — und
gingen dann vor Anker, weil in der Nacht die
Weiterfahrt zu gefährlich wäre, namentlich weil
häufig große Baumstämme im Flusse schwmmen.
Es läßt sich denken, daß es unter den seltsamen
Umständen nicht ganz leicht war, Schlaf zu finden,
besonders das Gethier an Bord störte die Ruhe
vielsach. Da es aber gegen Morgen recht kühl
wurde, fühlte man sich doch gestärkt, als um 5¼ Uhr