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denjenigen Schnecken, welche ihre Schalen mit einem
hornigen oder kalkigen Deckel verschließen, steche
man mit einer spitzen dünnen Nadel vorsichtig
zwischen Deckel und Mündungsrand ein; der Deckel
bleibt beim Herausziehen an den Weichtheilen (dem
Fuße) sitzen; man löse ihn ab, ohne ihn zu zer-
brechen, und bringe ihn in die Mündung zurück, wo#
er mit Baumwolle oder Papier festgemacht wird.
Zweischalige Muscheln öffnen sich in der Regel beim
Absterben, und die Weichtheile sind dann leicht zu
entfernen, nur die Schließmuskeln haften fester an
der Innenfläche der Schale, sind aber auch oft schon
mit dem Daumennagel, sonst mit dem Messer abzu-
lösen. Beim Trocknen bleiben die Muscheln von
selbst geöffnet, wodurch sie mehr Naum einnehmen
und leichter zerbrechen; man schneidet daher das
beide Hälften verbindende Band durch oder man
bindet sie, so lange dieses noch feucht ist, mit einem
Faden fest zusammen. Die aus acht Schalenstücken
bestehenden Käferschnecken (Chiton) legen sich lebend
flach an fremde Gegenstände an, rollen sich aber
beim Absterben wie Kellerasseln zusammen; es ist
daher gut, sie lebend auf glatte Stückchen Holz,
Steinchen, Pappstücke oder dergleichen kriechen zu
lassen, sie so mit einem Faden festzubinden und dann
erst in kochendes Wasser oder Spiritus zu werfen,
um sie in natürlicher Stellung zu erhalten. Land-
schnecken, die man in der trockenen Jahreszeit
sammelt und von denen man nicht weiß, ob sie noch
leben oder nicht, kann man wie trockene Schalen
ohne weitere Behandlung verpacken, ebenso gedeckelte
Süßwasserschnecken aus eingetrockneten Sümpfen oder
lleinere gedeckelte Meerschnecken; sie kriechen nur bei
Befeuchtung wieder hervor, sterben entweder und
trocknen ein, oder halten sich unter Umständen selbst
mehrere Jahre eingezogen lebendig, so daß im Aus-
land gesammelte Schnecken in Europa wieder kriechen,
wenn sie in Wasser gebracht werden. Alle in Salz-
wasser gesammelten Conchylien müssen, ehe sie trocken
verpackt werden, einige Stunden in süßem Wasser
liegen, damit das anhängende Salz später nicht
Feuchtigkeit anzieht. Wenn man viele Exemplare
von einer Art bekommen kann, so bewahre man einen
Theil mit den Thieren in Spiritus, die von den
Thieren gereinigten Schalen trocken auf. In gutem
Spiritus ausbewahrte Exemplare, deren Weichtheile
noch zergliederungsfähig sind, haben größeren wissen-
schaftlichen Werth als trockene, dagegen leidet die
Oberfläche der Schale stets bei längerem Verweilen
in Spiritus, namentlich bei glänzenden Conchylien.
Die gute Erhaltung der Weichtheile größerer Schnecken
kann man dadurch befördern, daß man die Schale
mit einem Schraubstock oder Hammer sprengt, ehe
man sie in Spiritus setzt. Sehr große Weichthiere
trennt man möglichst schonend von ihren Schalen, um
sie in Spiritusgläsern besonders konserviren zu können.
Kleine Conchylien versendet man in kleinen Röhren-
gläsern oder Zündholzschachteln mit Angaben über
Fundorte, Farbe und Lebensweise.
9. Brachiopoden
von E. v. Martens.
Brachiopoden oder Armfüßler finden sich im
Meere meist nur in größeren Tiefen, so daß sie nur
durch das Schleppnetz zu erhalten sind, doch einzelne
Arten in der südlichen gemäßigten Zone (Australien,
Chile) auch in der Nähe der Küste an Steinen fest-
geheftet. Wenn die eine Schale an einem Steine
festsitzt (Crania, Discina), nimmt man den Stein
mit; wenn sie durch einen kurzen Stiel befestigt ist
(Terebratula). so löst man diesen vorsichtig von dem
Ansatzkörper ab. Nur die grüne Lingula mit wurm-
förmigem langen Stiel lebt frei auf Sand= und
Schlammboden, wo sie sich wie ein Wurm einbohrt.
Alle Brachiopoden sind in Spiritus aufzubewahren.
Vor dem Einsetzen sind die Schalen womöglich vor-
sichtig zu öffnen und durch ein zwischengestecktes
Holz= oder Korkstückchen offen zu erhalten, um dem
Spiritus Zutritt in den Innenraum zu gestatten, wo
auch das zarte, leicht verletzliche aber für die Syste-
matik wichtige Armgerüst sich befindet.
(Schluß folgt.)
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Zammlung der Reiseberichte des Geh. Medizinalraths
Drofessor Dr. Roch.
Im Verlage von Julius Springer ist eine
Sammlung der Reiseberichte des Geh. Medizinal-
raths Professor Dr. R. Koch über Rinderpest,
Bubonenpest in Indien und Afrika, Tsetse= oder
Surrakrankheit, Texasfieber, tropische Malaria,
Schwarzwasserfieber, erschienen.
Von besonderem wirthschaftlichen Interesse sind
die Berichte über Tsetse= oder Surrakrankheit, Texas-
fieber und Rinderpest. Welchen Erfolg die von
Professor Koch entdeckte Gallenimpfung auch in
Südafrika gehabt hat, geht aus dem Nachtrag zu
den Berichten über Rinderpest, welcher folgenden
Wortlaut hat, hervor:
Ueber die weitere Entwickelung der von mir
entdeckten beiden Immunisirungsverfahren gegen
Rinderpest habe ich noch Folgendes mitzutheilen.
In Bezug auf die Immunisirung mit Galle hat
sich später herausgestellt, daß der Impfschutz nur
drei bis fünf Monate dauert. Für eine planmäßige
Bekämpfung der Rinderpest würde dies vollkommen
ausreichend sein, da der Infektionsstoff der Rinderpest
sehr schnell abstirbt, wie die Austrocknungsversuche
gezeigt haben. Eine Dauerform des Rinderpestvirus
giebt es nicht. Wo aber die Gallenimpfung zeitlich
und örtlich ungleichmäßig ausgeführt wird, da kann
es nicht ausbleiben, daß die geimpften Thiere theil-
weise wieder iufizirt werden, nachdem der Impfschutz
erloschen ist. Letzterer verschwindet aber nicht plöt-
lich, sondern nur allmählich, und so kommt es, daß
die mit Galle vorgeimpften und später infizirten
Thiere mehr oder weniger leicht erkranken und
meistens mit dem Leben davon kommen, dann aber
auch däuernd geschützt sind.