Kornkammer für die tausende auf der großen Kara-
wanenstraße verkehrenden Träger. Hier rasten alle
Karawanen, ob sie von der Küste oder zur Küste
gehen, mehrere Tage, um ihren Mundvorrath zu
ergänzen und sich für die bevorstehenden Entbehrungen
im Pori zu stärken. Ich habe das Thal bis ober-
halb Muinisagara #) abgeritten und überall die gleiche
Fruchtbarkeit und auch ziemlich reichlichen Anbau
gefunden. Leider ist noch kein Versuch gemacht, ob
in dem schweren, immer feuchten Thalboden edlere
Produkte, wie z. B. Kakao, gedeihen und lohnen.
Im Garten der Station Kilossa (500 m Höhe)
tragen die hier angepflanzten arabischen Kaffeebäume
sehr reichlich; die europäischen Gemüse versorgen den
Tisch aufs Beste. nur Kartoffeln wollen nicht fort-
kommen. Die hier stattlich wachsenden jungen Kokos-
palmen erweisen die Unrichtigkeit des alten Satzes,
daß diese Palmen nur an der Küste gedeihen.
In der unmittelbaren Umgegend von Kilossa
zeigt sich ein seltsames Völkergemisch. In Kondoa
leben zahlreiche Araber und Inder, die hier durch
die Verpflegung der Karawanen gute Geschäfte
machen. Ganz in der Nähe befinden sich starke
Kolonien von Wanyamwesi und Wassangu, die neben
ihrer Beschäftigung mit Ackerbau und Viehzucht stets
bereit sind, als Träger auszuhelfen. Beide Stämme
geben den weichen Wasagara, der Grundbevölkerung
des Landes, ein gutes Beispiel regsamer Thätigkeit.
Hoffentlich gelingt es, mehr Leute der betriebsamen
Stämme des Innern an der Karawanenstraße an-
zusiedeln.
Sehr erfreulich ist der Anblick des Viehstandes
der Station Kilossa. 150 Stück Großvieh zeigen sich
in bester Beschaffenheit und gutem Gedeihen. Dasselbe
ist von dem Vieh der Eingeborenen in Kondoa, bei
Kingo und an der Mafisifähre zu sagen. Es sticht
sehr vortheilhaft ab gegen das Aussehen des Viehes
in der mit so großer Sorgfalt gepflegten Viehstation
Pugu, wo das Eingehen zahlreicher Thiere ohne
auffallende Krankheitserscheinungen noch immer an
der Tagesordnung ist. Vielleicht ist diese Station
Krankheitseinflüssen der Küste noch zu stark ausgesetzt
und wird weiter ins Innere verlegt werden müssen.
In dem Pori zwischen Mkata und Mukondokwa,
in der Landschaft Matwiga, gedeiht der oben er-
wähnte Eisenholzbaum besonders gut und häufig.
Um diesen für alle Bauten unersetzlichen und werth-
vollen Baum zu erhalten und zu kultiviren, ist die
Einrichtung eines kleinen Forsthauses an der großen
Straße angeordnet. Dort soll ein nach Kilossa ver-
setzter Oberjäger stationirt werden und die Pflege
und Aufforstung jener wichtigen Bestände übernehmen.
Später wird diese Aufsicht über den Forst durch
einen Eingeborenen oder einen Inder ausgeübt
werden können.
*) Die alte Station der Deutsch-Ostafrikanischen Ge-
sellschaft, die längst in Trümmern liegt. Hier wurde
seiner Zeil der Usagara-Vertrag abgeschlossen. D!
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2. Das Ulugurugebirge.
Von Kilossa aus erreichte ich in vier Märschen
in südöstlicher Richtung das Ulugurugebirge auf seiner
Westseite, und zwar in der Gegend, wo der Mkuyu-
und der Mhansabach die Berge verlassen. Ich habe
darauf den Ssongaberg (auf 1100 m Sattelhöhe)
und den Mgetafluß (auf 1060 m) überschritten und
bin das Msingathal aufwärts gegangen. Von hier
wurde mit unglaublich steilem Anstieg das mächtige
Bergmassiv des Lukwangula auf 2400 m Höhe er-
reicht und an der Quelle des Mgeta gelagert. Meine
Absicht, oben auf dem Plateau des Lukwangula dem
Laufe des Mgeta entlang zu marschiren, wurde durch
die niedrige Temperatur und den scharfen Wind ver-
eitelt. Ich stieg deshalb zum Fisigothale (Ningwa)
herab, marschirte dies abwärts und ging über Taua
und Lolo in nördlicher Richtung nach Kinole zum
Jumben Kingaro. Von hier ward der Abstieg zum
Ruvu nach der Missionsstation Tununguo vollzogen.
Die eigentliche Gebirgsreise nahm sechs Tage in
Anspruch. «
Das Ulugurugebirge ist ein Massengebirge mit
aufgesetzten Ketten, das ungefähr dreieckigen Umriß
und einen Flächeninhalt von 340 qkm hat und mit
seinem Wasserreichthum ausschließlich das Flußsystem
des Ruvu-Kingani speist, der selbst hier entspringt
und dessen bedeutende Nebenflüsse, der Ngerengere,
Mgeta, Fisigo, sowie zahllose kleinere Zuflüsse sämmt-
lich hier ihren Ursprung haben. Seine Grundfor-
mation ist Gneis und Glimmer, doch findet sich auch
viel Quarz und thonhaltige Schichten.
Es ist erstaunlich, daß dies schöne, allerdings
sehr schwer ersteigbare Gebirgsland trotz seiner
Küstennähe (etwa 200 km) noch so wenig erschlossen
und bekannt geworden ist. Einem zweimonatlichen
Aufenthalt und fleißigen Forschen Dr. Stuhl-
manns verdanken wir die Karte in 1: 150 000. Im
Uebrigen haben nur wenige Reisende (Ramsay,
Schlobach) die Außenseite des Gebirges berührt.
Das Gebirge ist jedenfalls das schönste und
mannigfaltigste der ostafrikanischen Bergkomplexe, da
es neben seiner bedeutenden Höhe vielgestaltige Gipfel
und zahlreiche Bergketten aufweist, die untereinander
durch tiefeingeschnittene Flußthäler getrennt sind.
Fast auf jedem hohen Punkte hat der Beschauer eine
ganze Anzahl von Bergreihen vor sich, die sich
malcrisch aufbauen und in der Ferne in dunklem
Blau verschwinden. Charakteristisch ist die Steilheit
seiner Hänge, die wohl den Grund für den bisher
so geringen Besuch seiner Höhen bildete.
Vor Usambara voraus hat das Ulugurugebirge
den großen Wasserreichthum. Da die Wolken
hier in ungefährer Höhe von 1500 m streichen, so
sind die darüber liegenden Höhenrücken und Gipfel
beständig in Nebel und Wolken gehüllt und erfreuen
sich reichlicher Befeuchtung. Demzufolge reicht auch
hochstämmiger Wald bis auf die Bergrücken herauf
und hält seinerseits wieder die Niederschläge fest.