Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

Kornkammer für die tausende auf der großen Kara- 
wanenstraße verkehrenden Träger. Hier rasten alle 
Karawanen, ob sie von der Küste oder zur Küste 
gehen, mehrere Tage, um ihren Mundvorrath zu 
ergänzen und sich für die bevorstehenden Entbehrungen 
im Pori zu stärken. Ich habe das Thal bis ober- 
halb Muinisagara #) abgeritten und überall die gleiche 
Fruchtbarkeit und auch ziemlich reichlichen Anbau 
gefunden. Leider ist noch kein Versuch gemacht, ob 
in dem schweren, immer feuchten Thalboden edlere 
Produkte, wie z. B. Kakao, gedeihen und lohnen. 
Im Garten der Station Kilossa (500 m Höhe) 
tragen die hier angepflanzten arabischen Kaffeebäume 
sehr reichlich; die europäischen Gemüse versorgen den 
Tisch aufs Beste. nur Kartoffeln wollen nicht fort- 
kommen. Die hier stattlich wachsenden jungen Kokos- 
palmen erweisen die Unrichtigkeit des alten Satzes, 
daß diese Palmen nur an der Küste gedeihen. 
In der unmittelbaren Umgegend von Kilossa 
zeigt sich ein seltsames Völkergemisch. In Kondoa 
leben zahlreiche Araber und Inder, die hier durch 
die Verpflegung der Karawanen gute Geschäfte 
machen. Ganz in der Nähe befinden sich starke 
Kolonien von Wanyamwesi und Wassangu, die neben 
ihrer Beschäftigung mit Ackerbau und Viehzucht stets 
bereit sind, als Träger auszuhelfen. Beide Stämme 
geben den weichen Wasagara, der Grundbevölkerung 
des Landes, ein gutes Beispiel regsamer Thätigkeit. 
Hoffentlich gelingt es, mehr Leute der betriebsamen 
Stämme des Innern an der Karawanenstraße an- 
zusiedeln. 
Sehr erfreulich ist der Anblick des Viehstandes 
der Station Kilossa. 150 Stück Großvieh zeigen sich 
in bester Beschaffenheit und gutem Gedeihen. Dasselbe 
ist von dem Vieh der Eingeborenen in Kondoa, bei 
Kingo und an der Mafisifähre zu sagen. Es sticht 
sehr vortheilhaft ab gegen das Aussehen des Viehes 
in der mit so großer Sorgfalt gepflegten Viehstation 
Pugu, wo das Eingehen zahlreicher Thiere ohne 
auffallende Krankheitserscheinungen noch immer an 
der Tagesordnung ist. Vielleicht ist diese Station 
Krankheitseinflüssen der Küste noch zu stark ausgesetzt 
und wird weiter ins Innere verlegt werden müssen. 
In dem Pori zwischen Mkata und Mukondokwa, 
in der Landschaft Matwiga, gedeiht der oben er- 
wähnte Eisenholzbaum besonders gut und häufig. 
Um diesen für alle Bauten unersetzlichen und werth- 
vollen Baum zu erhalten und zu kultiviren, ist die 
Einrichtung eines kleinen Forsthauses an der großen 
Straße angeordnet. Dort soll ein nach Kilossa ver- 
setzter Oberjäger stationirt werden und die Pflege 
und Aufforstung jener wichtigen Bestände übernehmen. 
Später wird diese Aufsicht über den Forst durch 
einen Eingeborenen oder einen Inder ausgeübt 
werden können. 
*) Die alte Station der Deutsch-Ostafrikanischen Ge- 
sellschaft, die längst in Trümmern liegt. Hier wurde 
seiner Zeil der Usagara-Vertrag abgeschlossen. D! 
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2. Das Ulugurugebirge. 
Von Kilossa aus erreichte ich in vier Märschen 
in südöstlicher Richtung das Ulugurugebirge auf seiner 
Westseite, und zwar in der Gegend, wo der Mkuyu- 
und der Mhansabach die Berge verlassen. Ich habe 
darauf den Ssongaberg (auf 1100 m Sattelhöhe) 
und den Mgetafluß (auf 1060 m) überschritten und 
bin das Msingathal aufwärts gegangen. Von hier 
wurde mit unglaublich steilem Anstieg das mächtige 
Bergmassiv des Lukwangula auf 2400 m Höhe er- 
reicht und an der Quelle des Mgeta gelagert. Meine 
Absicht, oben auf dem Plateau des Lukwangula dem 
Laufe des Mgeta entlang zu marschiren, wurde durch 
die niedrige Temperatur und den scharfen Wind ver- 
eitelt. Ich stieg deshalb zum Fisigothale (Ningwa) 
herab, marschirte dies abwärts und ging über Taua 
und Lolo in nördlicher Richtung nach Kinole zum 
Jumben Kingaro. Von hier ward der Abstieg zum 
Ruvu nach der Missionsstation Tununguo vollzogen. 
Die eigentliche Gebirgsreise nahm sechs Tage in 
Anspruch. « 
Das Ulugurugebirge ist ein Massengebirge mit 
aufgesetzten Ketten, das ungefähr dreieckigen Umriß 
und einen Flächeninhalt von 340 qkm hat und mit 
seinem Wasserreichthum ausschließlich das Flußsystem 
des Ruvu-Kingani speist, der selbst hier entspringt 
und dessen bedeutende Nebenflüsse, der Ngerengere, 
Mgeta, Fisigo, sowie zahllose kleinere Zuflüsse sämmt- 
lich hier ihren Ursprung haben. Seine Grundfor- 
mation ist Gneis und Glimmer, doch findet sich auch 
viel Quarz und thonhaltige Schichten. 
Es ist erstaunlich, daß dies schöne, allerdings 
sehr schwer ersteigbare Gebirgsland trotz seiner 
Küstennähe (etwa 200 km) noch so wenig erschlossen 
und bekannt geworden ist. Einem zweimonatlichen 
Aufenthalt und fleißigen Forschen Dr. Stuhl- 
manns verdanken wir die Karte in 1: 150 000. Im 
Uebrigen haben nur wenige Reisende (Ramsay, 
Schlobach) die Außenseite des Gebirges berührt. 
Das Gebirge ist jedenfalls das schönste und 
mannigfaltigste der ostafrikanischen Bergkomplexe, da 
es neben seiner bedeutenden Höhe vielgestaltige Gipfel 
und zahlreiche Bergketten aufweist, die untereinander 
durch tiefeingeschnittene Flußthäler getrennt sind. 
Fast auf jedem hohen Punkte hat der Beschauer eine 
ganze Anzahl von Bergreihen vor sich, die sich 
malcrisch aufbauen und in der Ferne in dunklem 
Blau verschwinden. Charakteristisch ist die Steilheit 
seiner Hänge, die wohl den Grund für den bisher 
so geringen Besuch seiner Höhen bildete. 
Vor Usambara voraus hat das Ulugurugebirge 
den großen Wasserreichthum. Da die Wolken 
hier in ungefährer Höhe von 1500 m streichen, so 
sind die darüber liegenden Höhenrücken und Gipfel 
beständig in Nebel und Wolken gehüllt und erfreuen 
sich reichlicher Befeuchtung. Demzufolge reicht auch 
hochstämmiger Wald bis auf die Bergrücken herauf 
und hält seinerseits wieder die Niederschläge fest.
	        
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