Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

schaften, leidenschaftlich dem Alkoholgenuß (in Gestalt 
von Pombe) und narlotischen Genüssen (Tabak) er- 
geben. Tabak erhalten sie von den Karawanen und 
machen daraus durch Beimengung von feingeriebenen 
Mtamastengeln und Schensisalz auch einen beißenden 
Schnupftabak. Seine kunstvoll aus Holz geschnitzte 
Schnupftabaksdose trägt fast ein Jeder an einer Schnur 
um den Hals, die Tabakpfeife geht am Lagerfeuer 
im Kreise herum und wird, trotzdem ihr Qualm 
furchtbar auf der Zunge und in die Augen beizt, mit 
sichtlichem Wohlbehagen geraucht. Bei den Wagogo 
möchte ich noch erwähnen, daß, wie sie überhaupt 
manche von den übrigen Wilden verschmähte Fleisch- 
sorten essen, sie vor Allem Ratten, die es hier zahllos 
giebt, für einen großen Leckerbissen halten und sie in 
kunstvoll geflochtenen, langen engen Röhren, an deren 
Ende Hirse gestreut ist, fangen. Im Flechten sind 
sie überhaupt Meister; ihre verschiedenartigen, schön 
gemusterten geflochtenen Körbe und Gefäße verdienen 
alle Anerkennung. Auch sonst zeigen sie in diesen 
wohlhabenderen Gegenden Kunstsinn, bemalen ihre 
Zimmerwände mit Figuren (Menschen, Leoparden, 
Vögeln 2c.) und schnitzen in Holz auch ganz kunst- 
volle Fignren und Arabesken und auch die bekannten 
niedrigen Holzschemel. 
Meine Bewunderung aber erregten die ausge- 
zeichneten Waffen, die die hiesigen Wagogo in der 
Gegend von Konghonda verfertigen. Dieses besitzt, 
wie viele andere große Orte dieser Gegend, einen 
eigenen Schmiedfundi, und ihre Speere stehen an 
Größe und Schönheit kaum den berühmten Massai- 
speeren nach, sie haben jedoch gewöhnlich ein kürzeres 
und breiteres Blatt, während die Massailanzen 
eine lange schmale Klinge haben; ihre Pfeile be- 
siten eine Durchschlagskraft, daß sie noch durch 
mein Zelt hindurch einen Menschen tödlich verwunden 
können, und haben eiserne, sorgfältig und kunstvoll 
gearbeitete Eisenspitzen mit vielartigen scharfen 
und spitzigen Widerhaken, welche ganz unangenehme 
Wunden erzeugen müssen, sie werden in schönen 
ledernen Köchern über der Schulter getragen. Nicht 
wenig verwundert war ich, als meine schönen, baum- 
langen Massaikrieger, die ich auf meinem Zuge mit 
hatte, in ihrem ganzen, stolzen Kriegsschmuck — dem 
riesigen Speer, Büffelschild und hochwehender weißer 
Pfauenfeder auf dem Haupte — in Matambulu vor 
den Wagogo Reißaus nahmen und sich zu mir hin 
flüchteten; ich drückte ihnen meinen Spott auch ziemlich 
deutlich aus, was sie aber weder sichtlich beschämte, noch 
zur Umkehr bewog. Als ich am Abend in Matambulu 
mir eine Ngoma mit Kriegstänzen vorführen ließ, 
verfiel der eine Massaihäuptling, wie es oft zu ge- 
schehen pflegt und was als besonderes Zeichen von 
Tapferkeit bewundert wird, in Raserei, so daß ihm 
der Schaum vor dem Munde stand, er wie ein 
wildes Thier brüllte und von seinen Genossen nur 
mit Mühe gehalten werden konnte. Als ich herantrat, 
warnten mich die Askari und sagten „anataka vita“ 
(er verlangt nach Krieg), worauf ich spottend meinte: 
  
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„Heute morgen war ja Krieg, da ist er aber aus- 
gerissen!“ Und jetzt kam auch ihnen das Komödien- 
hafte der Scene zum Bewußtsein, und sie lachten über 
die Raserei, während sonst solche Dinge auf alle 
Schwarzen großen Eindruck machen, worauf sie ja 
auch berechnet sind. Aehnlich schien mir auch eine 
andere Scene in Tschikombo, wo beim Schlachten 
eines Ochsen die Massai mich baten, das Blut trinken 
zu dürfen, und sich dann der Länge nach auf den 
Boden legten und das frische dampfende Blut in 
langen Zügen aus dem Leibe des Thieres tranken 
oder es in beiden hohlen Händen herausschöpften, 
mehr darauf berechnet, den Eindruck der Wildheit 
und dadurch Entsetzen und Furcht bei den Zuschauern 
hervorzurufen, als selbst ein wirkliches Zeichen der- 
selben zu sein. Einen größeren Gegensatz wie zwischen 
Massai und Wagogo kann man sich kaum denken, 
erstere sind baumlang, hoch aufgeschossen und schmal 
in Schulter und Gesicht und mit schmaler, oft fast 
jüdisch gebogener Nase, letztere sind untersetzt, mus- 
kulös und breitschulterig, fast stiernackig, auch haben 
sie meist eine platte Nase. Nach den hier vorliegen- 
den Erfahrungen sind die Wagogo im langsamen 
stetigen Vordringen gegen das Land der Massai begriffen 
und verdrängen sie, da sie feste Temben vorschieben, 
während die Massai ohne feste Wohnsitze auch keinen 
sesten Widerstand leisten können. In den Grenz- 
gebieten findet auch eine Vermischung beider Stämme 
statt, man sieht schon viele Wahumba-Massai, die viel 
untersetzter und breitschultriger sind als ihre nörd- 
lichen langen Vettern. Im Allgemeinen vertragen 
sich beide Stämme trotz ihrer Verschiedenartigkeit 
auffallend gut, und Kämpfe und Streitigkeiten kommen 
kaum vor, vielleicht ist es gegenseitige Angst. 
Wissenschaftliche Lammlungen. 
Dem Königlichen Museum für Naturkunde in 
Berlin hat der Premierlieutenant v. der Marwitz 
am 16. Mai d. Is. eine von ihm an den Pangani- 
sällen zusammengebrachte Sammlung zgoologischer 
Objekte überwiesen. Die Sammlung enthielt: 
4 Säugethiere in Alkohol, 
5 Schlangen, 
8 Fische, 4 Krebse und 
Bandwürmer aus einer Ziege. 
Die Konservirung der Thiere ist durchweg gut, 
ihr wissenschaftlicher Werth bedeutend. Namentlich 
war das Vorkommen einiger Säugethiere, Epomo- 
phorus minor in einem männlichen Exemplar mit 
Schultertaschen, noch nicht bekannt und sein Vor- 
kommen in Uhehe überraschend; ebenso ist Hipposi- 
deros commersoni Geoffr. in Ostafrika so weit 
südlich noch nicht nachgewiesen worden. 
Die Krebse bildeten gleichfalls eine willkommene 
Bereicherung unserer Sammlung, weil aus Ostafrika 
bisher nur wenig Stücke von Pagurus und Palaemon 
vorhanden sind. 
 
	        
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