Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

mit der Brücke und dem nheuen Wege. Und da 
drüben trat Mbule, dort Ngusi und die eine und 
andere Ortschaft in den Gesichtslreis. Die eingebo- 
renen Begleiter waren davon ganz hingenommen und 
gaben ihrer Verwunderung beredten Ausdruck. « 
Unm eine größere Rundsicht zu genießen, so weit 
dies die Dunstmossen des Harmattans gestatteten, 
versuchten wir die westliche der beiden Kratersuttzen 
zu erreichen, mußten aber bald davon absehen, da 
sich zwischen ihr und uns eine 70 bis 80 m tiefe 
und etwa 4 bis 5m breite Kluft befand, die wir 
nicht hinab= und wieder hinaufklettern wollten. Es 
blieb uns demnach nichts Anderes übrig, als uns 
auf den östlichen Felsenrand zu begeben. Da derselbe 
bis an den äußersten Rand hin mit Bäumen be- 
wachsen war, so konnten wir von da aus ohne Ge- 
fahr in die Tiefe hinabblicken. Auch hier war der 
Eindruck grauenerregend, denn schauerlich gähnte zu 
unseren Füßen der Abgrund. Senkrecht ragen die 
gewaltigen, kahlen Felsenwände aus der Tiefe empor. 
Was den Fernblick betrifft, so steht er dem vorhin 
geschilderten kaum nach. Beherrscht jener die Gegen- 
den von Nordosten bis zum Süden hin, so dieser 
die des Nordens, Westens und Südens. Trotz der 
Dunstmassen konnten wir deutlich sehen, wie im 
Westen und Nordwesten sich hohe Bergrücken von 
Norden nach Süden hinzogen, während die im Norden 
gelegenen Höhenzüge meist die Richtung von Osten 
nach Westen nahmen. Dazwischen aber lag das 
Grasland mit semer gelblichgrünen Färbung einge- 
bettet, durchbrochen von dem Dunkelgrün der Ur- 
wälder. Fürwahr, ein wundervolles Bild! 
Auch der Krater selbst bietet viel Interessantes. 
Er ist dem Hauptgebirgsstock des Kupe wie ein ab- 
geschnntener Zuckerhut nach Süden zu vorgelagert. 
Nach Norden und Nordwesten ist er theils durch 
einen Bach, theils durch einen tiesen Spalt von 
demselben getrennt, während ein tiefes Thal unten 
vom Krater aus im Westen seinen Ausgang nimmt. 
Allem Anschein nach lag die Oeffnung des Kraters 
früher oben, später hat er aber infolge heftger Erup- 
tionen die Nordwandung durchbrochen und sich bis 
zur Thalsohle gesenkt. Jetzt wurde es mir auch 
klar, warum wir nirgends auf der Nordseite auf 
ein eigentliches Lavabett stießen und nur einzelne 
zerstreut herumliegende Lavablöcke antrafen, während 
sich westlich vom Kupe mehrere Stellen voifinden, 
wo man deutlich das Lavabett erkennt. Jedenfalls 
ist dieses große Thal, das in westlicher Richtung vom 
Krater ausläuft, das eigentliche Lavabett des feuer- 
speienden Kupe gewesen. 
Gern hätten wir uns auf dieser Berghöhe bis 
zum nächsien Morgen aufgehalten, um beim Sonnen- 
aufgang, ehe die Nebel aufsteigen, eim deutlicheres 
Bild vom Ganzen zu erhalten; aber wir mußten an 
den Heimweg denken. Es war bereits in der vierten 
Stunde, als wir endlich aufbrachen. Natürlich ging 
es mit dem Abstieg um Vieles schneller als mit dem 
Aufstieg. Rasch eilten wir vorwärts, bald auf allen 
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— 
Vieren kriechend, bald eine Rutschpartie machend, 
bald durch tiefe Schluchten und an steilen Felswänden 
entlang, bald über steile Bergrücken kletternd, dann 
wieder an einem etwa 20 bis 30 m tiefen, aber jetzt 
trockenen Wasserfall vorüber, bis uns die Nacht über- 
holte. Diese nöthigte uns, noch einmal einen Lager- 
platz im Urwalde aufzusuchen. · 
Am folgenden Morgen stießen wir schon nach 
Kurzem auf unseren alten Weg, auf dem wir den 
Aufstieg bewerkstelligt hatten, und langten um 9 Uhr 
vormittags wohlbehalten, wenn auch ermüdet und 
beschmutzt, auf unserer Missionsstation in Nyasoso an. 
Die Kunde von unserer glücklichen Rückkehr verbreitete 
sich bald wie ein Lauffeuer durch den ganzen Ort. 
Biele wollten es gar nicht glauben, daß wir wirklich 
das Unternehmen ausgeführt hätten und auf dem 
Gi#fel des Kupe gewesen seien. Aber die begeisterte 
Schilderung unserer eingeborenen Begleiter sowie die 
Uedereinsiimmung ihrer Aussagen ließen schließlich 
keinen Zweisel mehr ausfkommen. 
In uns aber hat diese erstmalige Besteigung des 
Kupe den lebhaften Wunsch wachgerufen, einen wei- 
teren Aufstieg zu unternehmen und zwar unmnttelbar 
nach der trockenen Jahreszeit, wenn die ersten Ge- 
witterstürme die Luft reinigen und eine klare Fem- 
sicht gestatten. Erst dann wud man ein sicheres 
Bild von der Auedehnung des Nrosigebietes mit 
seinen 59 Dorfschaften erhalten. Bis jetzt wissen wir 
nur, daß diese 59 Dörfer fünf verschiedenen Stämmen 
angehören, die wie semerzeit bei den JIsraeliten nach 
ihrem Stammeshaupt benannt sind. 
„Der Missionsfreund“ (Organ der Mission 
Berlin 1) berichtet aus Deutsch-Ostafrika (Nyasso- 
land), daß die Missionare Gröschel und Priebusch 
am 13. Juli die Station Kidugala ber dem Häuvpt- 
ling Ngela besetzt haben. Diese Station liegt drei 
Tagereisen nordwestlich von Tandala in der Land- 
schaft Ubdena. Drei bis vier Tagereisen östlich von 
8 hat Missionar Bunk die Station Mufindi 
esetzt. 
Den letzten Jahresberichten der deutschen Missions- 
gesellschaften entnehmen wir folgende Zahlen: Im 
Ganzen arbeiten in der Heidenwelt 751 deutsche 
Missionare, von denen 684 im Dienst der sechs 
großen deutschen Missionsgesellschaften steben: Brüder- 
gemeinde, Basel, Barmen, Leipzig, Hermannsburg 
und Berlin I. Diese sechs Gesellschaften hatten zu- 
sammen eine Jahreseinnahme von 2 957 268 Mark 
und ihre Gememden zählten 287 472 Getaufte, so 
daß man die Gesammtzahl der in deutscher Pflege 
stehenden Heidenchrien auf eiwa 330.000 berechnen 
muß. Von den Missionaren der genannten Gesell- 
schaften sind im Jahre 1897 zusammen 11374 Heiden 
getauft worden, unter ihnen etwa 8000 erwachsene 
Heiden. Die größte Zahl, nämlich 3321, haben die 
Hermannsburger Musionare taufen können. Die 
Schulen der genannten Gesellschafen wurden von
	        
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