Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

73 209 Schülern besucht. Die meisten Schüler zähl- 
ten die Schulen der ältesten deutschen Mission, der 
Brüdergemeinde; sie hatten 24 425 Schüler und 
Schülerinnen. 
RAus fremden Uvlonien. 
Die Eisenbahnen in Südafrika. 
Einem in dem britischen Kolonialinstitute in 
London über die Eisenbahnverhältnisse in Südafrika 
gehaltenen Vortrage entnehmen wir Folgendes: 
Bis zum Jahre 1859 wurde in der englischen 
Kapkolonie der Waarenverkehr von Kapstadt nach 
dem Innern und umgekehrt hauptsächlich durch 
Ochsenwagen vermittelt; große Schwierigkeiten bot 
diesen Wagenzügen lange Zeit — bis etwa 1844 — 
die Durchquerung eines Kapstadt vom Festlande 
trennenden breiten Sandgürtels. Um die Fahrzeuge 
durch den tiefen und fortwährend in Bewegung be- 
findlichen Dünensand führen zu können, war fast die 
doppelte Zahl der sonst gebräuchlichen Bespannung 
nothwendig. Schon im Jahre 1844 war jedoch 
diese Verkehrserschwerung durch mit unendlicher Mühe 
ermöglichte Bepflanzung jener Strecke und dadurch 
geschaffene Befestigung des Bodens zum größten Theil 
besengt. In demselben Jahre wurde auch mit der 
Anlage von Hauptstraßen durch die Kolonien be- 
gonnen und heierdurch eine beträchtliche Verkehrs- 
erleichterung geschaffen. 
Im Jahre 1859 wurde der Bau der ersten 
Bahnlmie in Angriff genommen. Eine von der Re- 
gierung unterstüßte englische Gesellschaft baute eine 
Eisenbahn von Kapstadt nach Wellington, das ist 
eine Strecke von 58 englischen Meilen. 
Nachdem hiermit der Anfang mit Einführung 
dieses so wichtigen Verkehrsmittels gemacht war, 
folgte in verhälmißwäßig kurzer Zeit der Auebau 
eines Eisenbahnnetzes, das nunmehr zum Vortheil 
von Handel und Verkehr die ganze Kapkolonie um- 
saßt. Im Jahre 1861 wurde durch die Wynbery 
Railway Co. eine Bahnverbindung von Kapstadt mit 
der ersten Bahnlime bei Salt Niver hergestellt. 
Anfang der siebiger Jahre, Hand in Hand mit dem 
durch die Entdeckung der Diamantfelder in West- 
Griqualand verursachten allgemeinen Aufschwung der 
Kolonie ging der Bahnbau in raschen Schritten 
vorwärts, und es entstanden die Linien nach Querns- 
town, Worcester, Braufort West, nach Croadok, 
Grahamstowm, Malmesbury und Graaf Remet. 
Diese Bahnen stellten die Verbindung mit den wich- 
tigen Serhäfen Kapstadt, Port Elizabeth und New- 
London her und bildeten drei Hauptlinien, die in 
der Richtung nach Kmmberley und nach dem Orange- 
Frristaat zusammenführten. 
1881 folgte die Ausdehnung des Bahnnetzes nach 
Colcsberg, Kallbay. Aliwal North, nach Hovetown 
am Orangefluß. Im Jahre 1885 war die Verbin- 
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dung mit Kimberley hergestellt, 1890 mit Vryburg 
nach Abschluß eines Uebereinkommens mit der Char- 
tered British South Africa Co.; gleichzeltig war 
auch der Bau einer Bahn durch den Freistaat in 
Angriff genommen worden. Außer den bisher er- 
wähnten, vom Staate unternommenen Bahnbauten 
entstanden seit dem Jahre 1881 die von Privat- 
gesellschaften gebauten Linien: Grahamstown—Port 
Alfred, die Port Nolloth-Linie an der Südwestküste 
der Kolonie, die Cape Central-Bahn, eine Zweiglinie 
von Worcester nach Nontayu. Weitere Bahnen 
wurden von Sea Point und Green Point nach Kap- 
stadt, von Kalkbay nach Simonstown gebaut. Die 
letztgenannte Eisenbahn führt durch felsiges, sehr 
schwieriges Terrain, die Kosten der nur sechs engl. 
Meilen langen Strecke beliesen sich auf 102 600 . 
Es waren allein strategische Rücksichten für den Bau 
dieser Bahn maßgebend, deren Kosten in keinem Ver- 
hälmiß zum Handelsverkehr stehen. .·- 
Die durch die Entwickelung der Goldfelder in 
Transvaal geschaffenen, glänzenden Aussichten für 
Handelsunternehmungen hatten im Jahre 1890 den 
Bau der Orange-Freistaatbahn gesichert, gleichzeitig 
hatte die Entwickelung des Nordens der Kapkolonie, 
verbunden mit dem Emporblühen des Handels die 
Ausdehnung des Eisenbahnnetzes nach Vryburg und 
Maseking zur Folge gehabt. Von Mafeking ging 
der Bahnbau mit raschen Schritten vorwärts durch 
Rdodesia bis Bulawayo, und es besteht die Ansicht, 
daß in Bälde die Interessen des Handels die Weiter- 
führung der Bahn nach Norden bis zum Zambesi 
zur Nothwendigkeit machen werden. 
Zur Zeit stehen drei Hauptlinien in Betrieb: die 
Westvahn, von Kapstadt über Vryburg nach Mafe- 
king, die Binnenlandbahn, von Port Elzzabeth nach 
Orange River Bridge, endlich die Ostbahn, von East 
London nach Aliwal-North. Sämmtliche Eisenbahnen 
haben eme Spurweite von 3,6 engl. Fuß und sind 
mit Ausnahme der Kapstadt — Wellington= Linie und 
eines Theiles der Port Elizabeth-Lmie eingeleisig. 
Eme Vermehrung der Doppelgeleise steht jedoch in 
Aussicht. Meisterwerke der Ingenteurkunst sind die 
Brücken über den Orangefluß, die zahlreichen Vaa- 
dukte und Tunnels. « ·«j 
.Wenn auch südafrikanische Kohle reichlich zum 
Betrieb der Bahnen benußt wird, so müssen dennoch 
zwei Fünftel des gesammten Bedarfs jahrlich aus 
Wales eingeführt werden. Die-beiden südafrikanischen 
Republiken dagegen beziehen fast den ganzen Kohlen- 
bedarf aus ihren eigenen Bergwerken. "- . 
Großartig ist die Ausdehnung des Telegraphen= 
netzes, die Einkünfte hieraus betrugen 1896 über 
4 Millionen Mark. 
Von großer Bedeutung ist der bereits durch die 
Regierung genehmigte Plan, eine Bahn durch das 
Eingeborenen-Territorum Pondoland zu bauen und 
dadurch eventuell eine Verbindung der Kapkolonie 
mit Natal zu schaffen. .
	        
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