Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

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ausklingend in ein Hoch auf den Fürsten Reichs- 
kanzler, folgen solle. 
Der Uebungsmarsch wie die Feier verliefen plan- 
gemäß. 
Am 10. 6 Uhr morgens setzte sich das Landungs- 
korps unter Führung des I. Offiziers in Marsch. 
Tags zuvor war ein Theil des Proviants, wollene 
Decken und wasserdichte Unterlagen u. s. w. auf Ochsen- 
wagen unter Eskortirung einer militärischen Abthei- 
lung vorausgesandt. Der zurückzulegende Weg betrug 
rund 18 km. Während die Ochsenwagen seitens der 
Neu--Guinea-Kompagnie zur Verfügung gestellt waren, 
wurden durch den Kaiserlichen Richter Dr. Hahl 
eingeborene Träger beordert. Den Eingeborenen, 
besonders den weiter im Land wohnenden, schien 
die friedliche Absicht des Marsches, obgleich es ihnen 
mehrere Tage vorher bekannt gegeben war, doch nicht 
sicher. Während des ganzen ersten Tages zeigten 
sie sich zurückhaltend und kamen erst nach und nach 
hülfsbereit heran. 
Nach einer Ruhepause von 9 bis 9½ Uhr wurde 
der Ort des zu errichtenden Lagers um 11 Uhr 
erreicht. Die Truppe hatte mithin den rund 18 km 
laugen Weg in 4½⅛ Stunden zurückgelegt. Aller- 
dings war der Weg zum allergrößten Theil sehr gut. 
Jeder der Archipel-Leute war des Lobes voll ob der 
Thätigkeit des Kaiserlichen Richters Dr. Hahl, dessen 
Umsicht und Eifer es in erster Linie zu danken war, 
daß eine so bequeme Passage nach dem noch vor 
nicht so langer Zeit gänzlich unwirthlichen Varzin 
errichtet war. Dr. Hahl läßt die Wege zumeist von 
den Eingeborenen der anliegenden Distrikte bauen 
und sendet zur Beaufsichtigung Leute seiner Polizei= 
truppe. Die Entschädigung, welche den Arbeitern zu 
Theil wird, besteht häufig nur in der Ueberlassung 
der Geräthe, wie Spaten und Hacken und in einem 
geringen Quantum Tabak. Ein billigerer Wegebau 
dürfte schwerlich existiren, ist aber auch nur möglich, 
falls, wie vorliegend durch andauernde Verhandlungen 
bezw. Kämpfe mit den Eingeborenen, diesen der Vor- 
theil einer guten Verbindung zu den Marktplätzen 
und die durch die Wege erlangte Sicherheit gegen 
Uebergriffe ihrer Feinde klar gemacht wird. 
Ehe an ein Abkochen zu denken war, mußten 
Hütten gebaut werden, die anfangs nur Schutz gegen 
die Sonne zu gewähren brauchten und erst später 
mit eintretender Abendkühle möglichst wasserdicht her- 
gerichtet wurden. Leider war die früher am Ort 
vorhandene Quelle nahezu versiegt, so daß das Wasser 
eine halbe Stunde Wegs herbeigeschafft werden mußte. 
Die Stimmung im Lager war trotz anstrengender 
Arbeit nach dem Marsch sehr günstig. 
Am nächsten Vormittag wurde der Platz zur 
Feier hergerichtet. Um 10½ Uhr nahm die Truppe 
Paradeaufstellung und 10/ Uhr war die Feier 
beendet. Außer den vorgenannten Ansprachen u. s. w. 
brachte Herr Thiel, indem er den Dank der Kolonie 
für die gewordene Unterstützung aussprach, noch ein 
Hoch auf mich, die Offiziere und die Mannschaft 
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S. M. S. „Falke“ aus. Von den Europäern des 
Archipels waren 18 Personen, darunter vier Damen, 
welch letztere erst am Morgen des 11. eintrafen, 
anwesend. Die Truppe marschirte sofort zu dem 
1¼ Stunden entfernten Rastplatz. 
Von 12 Uhr bis 2½ Uhr nachmittags wurde 
abgekocht, und um 5 Uhr schiffte sich die Landungs- 
truppe in die bereit liegenden Boote ein. 
Seitens des Kaiserlichen Richters wurde mir 
bereits nach zwei Tagen mitgetheilt, daß er Nach- 
richt von Varzin habe, daß die Ortschaften, welche 
bisher vom Wegebau nichts hatten wissen wollen, 
bereits hierin thätig seien, und daß etwa 500 Meter 
neuen Weges fertiggestellt sei. So scheint denn die 
Hoffnung, welche Herr Dr. Hahl an die friedliche 
Demonstration knüpfte, in Erfüllung gehen zu wollen. 
Die am 16. August eingetroffene Nachricht vom 
Ableben des Altreichskanzlers zeigte zwar, daß die 
Feier bereits nach seinem Ende stattgefunden, wird 
aber nichts an der anfänglichen Opferwilligkeit zur 
Errichtung eines Denkmals ändern." 
Kus dem Pereiche der Missonen und 
der Antisklaverei-Bewegung. 
In Neu-Bethel (Usambara) ist der Missionar 
Ruccius (mit Frau) eingetroffen. 
Die Schulthätigkeit in Risserawe. 
Die „Nachrichten aus der ostafrikanischen Mission“ 
schreiben: „Wir haben jetzt in Kisserawe neun ver- 
schiedene Klassen, nämlich: 
I. Die Lehrer und die, die es werden wollen; 
Lehrer Br. Holst und ich. 
  
II. 1. Knabenklasse auf der Station; Lehrer 
Johanna. 
III. 2. Knabenklasse auf der Station; Lehrer 
Barnaba. 
IV. Mädchenklasse auf der Station; Lehrer 
Augustino. 
V. Männerklasse auf der Station; Lehrer Anton. 
VI. Schule bei Pasisumia; Lehrer Matthayo. 
VII. 
— 
— 
in Minaki; Lehrer Petro. 
VIII. - -(Gogo; Lehrer Martin. 
IX - -Sungwi; Lehrer Stefano. 
Die Zeit des Unterrichtes ist nur bei 1I und IX 
am Vormittage, bei allen andern am Nachmittag um 
2 Uhr bezw. etwas später je nach der Entfernung. 
Nur die 1. Klasse hat auch Sonnabends Schule. 
9 verschiedene Klassen für noch nicht 150 Schüler 
ist gewiß viel, aber einmal liegen die Schulen VI. 
IX weit auseinander, und dann sind diese Lehrer, 
die selbst noch Schüler sind, noch nicht im Stande, 
eine größere Schülerzahl in verschiedenen Abthei- 
lungen zugleich zu unterrichten. Später werden sich 
wenigstens die Klassen II, III, IV vereinigen lassen. 
Freilich müssen wir dann erst einen genügend großen 
Naum zum Unterrichten herstellen. 
 
	        
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