Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

station Kilindini durch einen schmalen Schienenweg 
verbunden. Bei der Haltestelle am portugiesischen 
Fort stiegen wir in einen Wagen, den zwei kräftige 
Jungen in sehr schnellem Tempo vor sich hertrieben. 
Dicht neben dem Fort liegt das Regierungsspital. 
Es ist das ein wahrer Prachtbau. 
Weiter, auch unmittelbar am Schienenwege, liegen 
die neuen, aber in bescheidenem Stile ausgeführten 
protestantischen und katholischen Kirchen. Dann folgen 
die schönen Tropenhäuser der europäischen Ober- 
beamten der Stadt. Weiter im Schatten großer 
Mangobäume liegen die Kasernen indischer Truppen. 
Dieses ganze Stadtviertel heißt Kilindini und wird 
in einigen Jahren die europäische Stadt bilden. — 
Gegen 7 Uhr bestiegen wir den Zug, der uns nach 
Vol bringen sollte. Bald waren wir am anderen 
Ende der Insel angelangt, und langsam passirte der 
Zug auf einer provisorischen Holzbrücke den ziemlich 
breiten Meeresarm, welcher Mombassa von dem 
Festlande trennt. Noch eine Zeit lang reihen sich 
an den Schienenweg die Felder der Eingeborenen, 
dann aber ändert sich allmählich das Landschafts- 
bild. Auf das saftige Grün folgt zuerst ein Dunkel- 
grau und dann ein Hellgrau. Es ist die charakte- 
ristische Farbe der Steppe, des Pori. Auf der 
Schwelle der weiten, wasserlosen Tarusteppe befindet 
sich noch eine Haltestelle. Hier hält der Zug an. 
Doch bald ertönt das Pfeifen der Lokomotive, und 
mit rasender Eile stürmt der Zug in die weite öde 
Steppe hinein. 
Die Strecke Taru— Maungu war den früheren 
Karawanen die gefürchtetste, auf der man während 
mehr als sechs Tagen kein Wasser und keine Nah- 
rung finden konnte. 
Bei Maungu und mitten im schnellsten Fahren 
ertönte auf einmal aus einem Wagen ein ungewöhn- 
liches Schreien. Ich stürzte auf das Fenster los 
und sah mehrere englische Offiziere, die wic ver- 
zweifelt nach der Maschine blickten, heftig die Taschen- 
tücher schwangen und dem Zugführer „Stoppt! 
Stopp! Halt! Halt!“ zuriefen. Alsbald kreischten 
auch die Bremsen, ein hefuger Ruck, und der Zug 
stand still. Ich ahnte ein Unglück. Als ich jedoch 
die Offiziere mit dem Gewehr aus dem Wagen 
stürzen und auf einen nahen Busch losrennen sah, 
wurde mir die Sache bald klar. Einer der Herren 
hatte hinter einem Busch drei Rhinocerosse gesehen. 
Wie Jagdhunde liefen die guten Engländer den 
großen Dickhäutern nach. Doch die Thiere hielten 
nicht Stand, und bald kamen die beutegierigen Söhne 
Albions schweißtriefend und keuchend in ihren Wagen 
zurück, wo ihnen ein kräftiger Schluck Whisky herz- 
lich mundete. 
Wir hatten bereits eine gute Strecke zurück- 
gelegt, da ändert sich plötzlich das Landschaftsbild. 
Vor uns erheben sich malerisch die blauen, mit 
lichtem Wald gekrönten Ndaraberge. Rechis in der 
grauen Steppe entdeckt das Auge einen schmalen 
grünen Streifen. Es ist der Vorfluß. Bald werden 
  
auch die großen Zeltlager der indischen Arbeiter und 
Händler sichtbar. Der Zug hält an, wir sind in 
der Vol-Station. 
Am Ufer des Flusses, im Schatten eines großen 
Baumes, schlagen wir unser Lager auf. Die Vojl- 
Station ist die bedeutendste zwischen Isavo und 
Mombassa. Von hier aus kann die ganze Bahn- 
strecke immer mit Wasser versehen werden. Es be- 
steht hier auch schon ein Dorf, wo die bekannten 
indischen Kleinhändler wuchern und die unwissenden 
Eingeborenen betrügen. Ich glaube aber, daß die 
Nachbarstation Ndi#i bald Vol übertreffen wird. 
Von Ndii sind es nur noch zwei Tagereisen bis 
Taveta, drei bis zur deutschen Militärstation Moschi. 
Von Tanga aus braucht der Kilimandjaroreisende 
mindestens 15 Tage. 
Von Mombassa aus, wo die Dampfer der ost- 
afrikanischen Linie jetzt regelmäßig anlaufen, kann 
der Reisende in vier Tagen das Kilimandjarogebiet 
erreichen. 
Aus der Trappistenmission Köln (Ostafrika) 
kommen bessere Nachrichten. Im Wesentlichen hat 
sich die Lage während der letzten Monate insoweit 
geändert, daß die vier Missionsschwestern, von denen 
anfangs der beschränkten Wohnungsverhältnisse wegen 
zwei in Tanga zurückgeblieben waren, nun sämmtlich 
in „Köln“ sind; außerdem hat die Gemeinde in 
jüngster Zeit durch Sendung eines dritten Priesters 
und zweier Brüder einen kleinen Zuwachs erhalten, 
so daß nun im Ganzen vier Chorreligiosen, sieben 
Brüder und vier Schwestern sich auf der Neu- 
gründung befinden. Vom Fieber haben sie laut den 
letzten Berichten wenig mehr zu fürchten, da sie dem- 
selben jetzt durch geeignete Gegenmittel sofort zu be- 
gegnen wissen. Dagegen klagen Alle über die nass- 
kalte Witterung. I7. A. schreibt hierüber in seinem 
letzten Briese ungefähr Folgendes: 
„Jch war doch in Natal und Grigqualand jahre- 
lang auf Stationen, wo es im Witer Eis und 
Schnee giebt, kann aber versichern, daß es mich dort 
bei Weitem nicht so fror wie hier, auf dem beinahe 
sechstausend Fuß hohen Garagebirge. Trockene 
Kälte, wie wir sie in Natal und Griqualand hatten, 
würden wir viel weniger fürchten, als diese ewigen 
seuchten Nebel, welche uns zuweilen volle 10 bis 14 Tage 
keine Sonne sehen lassen. 
Das Thermometer zeigt morgens gewöhnlich 
8 bis 10° Reaumur über Null und es steigt mit- 
tags bis auf 130, um dann gegen Abend wieder 
auf 10 oder 8° herunterzusinken. Für die Sommer- 
zeit, welche hier Aufang September beginnen soll, 
erwarten wir allerdings etwas Besseres. Uebrigens 
versichern uns die Brüder, welche bereits einen 
Sommer hier verlebten, es sei hier im Gebirge selbsft 
zur höchsten Sommerzeit kaum halb so heiß wie in 
Mariannhill. 
Doch nun auch etwas Rühmliches von unserer 
neuen Heimath. Vor Allem muß ich die außer-
	        
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