Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

Jahresbericht der Leychellen für 1897.“) 
Die Einnahmen betrugen 296 171 Rupien gegen 
243 802 Rupien im vorhergehenden Jahre. Die 
Ausgaben beliefen sich auf 259 056 Ruvpien. 
Die Einfuhr betrug 1 122 411 Rupien, die Aus- 
fuhr 1 503 701 Rupien. Diese hohen Summen 
sind auf die reichen Vanilleernten der letzten zwei 
Jahre zurückzuführen. Im Jahre 1697 wurden 
61 382 Pfund Vanille in einem Werthe von 
921 065 Rupien exportirt. 
Die Bevölkerungszahl des Archipels wird auf 
18 639 Köpfe geschätzt, hierunter, der Konfession 
nach geschieden, 2636 Protestanten und 12 608 Ka- 
tholiken. 28 Schulen wurden von 2332 Kindern 
besucht. 
Die Gesammtzahl der im Spital von Mahé 
behandelten Kranken betrug 183, hiervon starben 14. 
Von der im Februar 1897 eröffneten Armen- 
apotheke wurde seitens der Bevölkerung ausgiebiger 
Gebrauch gemacht. 
Der Viktoriahafen wurde von 61 Schiffen und 
zwar von 25 Kauffahrteischiffen, 26 Postdampfern 
und 10 Kriegsschiffen angelaufen. Hiervon waren 
englischer Nationalität 56, deutscher 2, französischer, 
portugiesischer und norwegischer je 1. 
Das Kronland wurde vermehrt durch Erwerbung 
des „Terrain Audibert“, eines Gebietes von 120 Acres, 
ferner durch Ankauf eines Theiles des Coco de Mer- 
Thales bei Praslin; letztere Erwerbung geschah 
lediglich im Interesse der Erhaltung einer Palmen- 
art, der Coco de Mer-Palme oder Laodicea 
Sechellarum, die allein an diesem Platze gedeiht. 
Zwecks Erbauung und Verbesserung von Straßen 
wurde eine Anleihe von 20 000 Pf. Sterl. auf- 
genommen. 
Perschiedene Mittheilungen. 
Ueber ärztliche Misstion 
schreibt der deutsche Verein für ärztliche Mission 
(Geschäftsführer: Missionsarzt Dr. Lieben dörfer 
zu Stuttgart) Folgendes: 
Im Jahre 1841 hat der amerikanische Missionar 
Dr. Parker, der in Südchina lange Jahre in reichem 
Segen wirkte, durch seine herzbeweglichen Schilde- 
rungen der Krankheitsnoth in der Heidenwelt eine 
tiegehende Bewegung in England hervorgerufen. 
Erschütternde Berichte über unmenschliche Kranken- 
behandlung sind durch ihn und seither durch viele 
andere Zeugen bekannt geworden, und tiefes Mitleid 
muß uns erfassen, wenn wir hören, wie durch heid- 
nische Bräuche, Aberglauben, Rohheit und Unwissenheit 
der unter den schwarzen Fittigen des Götzendienstes 
schmachtenden Völker die Kranken einem oft entsetzlichen 
Schicksal verfallen. Da wird durch Einreiben scharfer 
  
  
*) Nach dem brit. Blaubuch. 
95 
  
Gewürze (Pfeffer und dergl.) in Nase und Augen, 
durch Einbohren glühender Nadeln oder Herbeiführung 
schwerer Brandwunden versucht, den vermeintlich im 
Körper des Kranken hausenden Dämon zu vertreiben. 
Beschwörer und Zauberer üben ihre Kunst durch 
Aufführung von Tänzen, Trommeln, Klappern, durch 
Auflegen glühender Kohlen, durch Bearbeitung des 
Kranken mit Stöcken und andere Torturen. Das 
Bekanntwerden dieser traurigen Zustände hat in 
England den Anlaß zur Gründung zweier großen 
Vereine für ärztliche Mission gegeben, und zur Zeit 
stehen aus England und Amerika über 500 Aerzte 
und Aerztinnen in den zahlreichen Missionsgebieten 
beider Länder über die ganze Erde in der Arbeit. 
Auch Deutschland ist in neuerer Zeit in die Reihe 
der Kolonialmächte eingetreten und in unseren Kolo- 
nien in Afrika, in Asien, in der Südsee sind die 
Zustände nicht besser als anderwärts. Gleichwohl 
sind bis jetzt kaum 12 Aerzte von allen deutschen 
Missionsgesellschaften ausgesandt, weil es an Mitteln 
für diesen Zweig der Thätigkeit noch überall gebricht. 
Und doch ist gerade die Thätigkeit des Missions- 
arztes nicht allein in religiöser, sondern auch in 
kultureller Beziehung von allergrößter Wichtigkeit. 
Kein anderes Machtmittel vermag so sehr den Ein- 
geborenen zu imponiren und einen so nachhaltigen 
Einfluß auszuüben als die barmherzige Liebesthätig- 
keit des Arztes, der mit seiner überlegenen Wissen- 
schaft und Kunst die finstere Macht der heidnischen 
Priester bricht, Krankheiten und Siechthum bannt 
und bei den Eingeborenen Respekt, Vertrauen und 
Dankbarkeit gegen die weiße Rasse weckt. Es muß 
daher mit Freuden begrüßt werden, daß nun endlich 
auch in Deutschland ein deutscher Verein für ärztliche 
Mission sich gebildet hat, dessen Geschäftsführung der 
durch 21 jährige Praxis in Indien mit den Verhält- 
nissen wohlvertraute Missionsarzt Dr. med. Lieben- 
dörfer in Stuttgart übernommen hat. In aller- 
erster Linie will dieser Verein das Interesse für 
unser deutsches Schutzgebiet Kamerun wecken, wo seit 
längerer Zeit schon ein dringendes Bedürfniß nach 
ärztlicher Versorgung sowohl für die Missionars- 
familien als für die Eingeborenen besteht. Erstrebt 
wird die Errichtung eines Hauses für den Arzt in 
Bonaku, dem Centrum der Mission, in der Nähe der 
Regierung, mit einem Kostenaufwand von 20 000 
bis 25000 Mk. Die Ausrüstung und Aussendung 
des Arztes erfordert etwa 2000 Mk., und des Wei- 
teren muß die Errichtung eines kleinen Spitals mit 
etwa 12 000 Mk. in Aussicht genommen werden, 
also sind rund 40 000 Mk. für diesen Zweck aufzu- 
bringen. Aehnliche Aufgaben harren des Vereins in 
anderen Missionsgebieten. Von allgemeinen Bestre- 
bungen, die er verfolgt, seien genannt: Die Sammlung 
der neuesten Erfahrungen auf dem Gebiete der Tropen- 
medizin und Tropenhygiene und deren Bekanntgabe 
an alle deutschen Missionsärzte; die Unterstützung 
von Studenten der Medizin, welche sich dem Berufe 
des Missionsarztes widmen wollen; die Ausrüstung
	        
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